Hallo zusammen!
Viele hier werden wissen, dass meine Tochter und ich eine ziemlich gepimte Victoria KR26 als Gespann treiben, unser einziges "Kraftfahrzeug". Das ist ein 250 cm³-Einzylinder-Zweitakter mit sehr geringem Gewicht. Leider ist die Telegabel da trotzdem völlig überfordert. Kurz, da muss eine Langschwingengabel her.
Ich also anderthalb Jahre geplant und in CAD gezeichnet. Kommt unser Kumpel Volker und meint, dass das mit den Standbeinen der Horex-Resident-Schwingengabel eher einfach wird. Ich blieb skeptisch, bis er uns so'n ziemlich verranztes Teil für lau vorbeigebracht hat, gewissermaßen ein Abfall-Produkt mit ausgeschlabberten Einzelschwingen.
Ich vermesse die Standbeine und stelle fest, dass er Recht hat! Strahler habe ich gefunden, nur die Gabelbrücke zickt. Die Flamme wird's wohl richten.
Meine Herren, ist das ein Pfusch! Die Einzelschwingen gehen 'mal gar nicht und die Halter an den Standrohren müssen unbedingt ausgebuchst werden. Die Schweißnähte hinten am Kotflügelhalter sorgen dafür, dass sich mir die Nackenhaare kräuseln. Immerhin, das Ding wurde auch an Imperator-Twins mit 400 cm³ eingesetzt oder an Reginas mit 170 kg Leergewicht. Unser ganzes Gespann bringt es höchstens auf 185 kg.
Aber, die Basis ist gut! Da braucht es nur zwei aufgeschweißte Adapter oben, denn merkwürdiger Weise sind die Aufnahmen mit Konus oben sogar dünner als bei Victoria. Also zurück an's Reißbrett.
Man ist ja anspruchsvoll, daher will ich eine einteilige, durchgehende Langschwinge aus hochfestem Baustahl. Nach langem Suchen finde ich einen Betrieb, der mir sowas aus nahtlosem S335J2 machen kann.
Das alleine ist es natürlich noch nicht. Ich brauche also noch einen Laserbetrieb, der mir gescheite Teile aus 3 mm-Blech machen kann, hier aus Stahl KGW DC-01/1.0330, etwa wie S235JR1. Super-Arbeit um kleines Geld!
Schrauben, Scheiben, Muttern etc. sind schnell beschafft, ein Fertigungsplan erstellt.
Wer kennt die Antwort? Was fehlt noch? Na klar, die Absprache mit dem TÜV.
Ich erstelle also die üblichen Dokumente und sende sie dahin. Der Mann will's genauer und spricht sich mit der Typprüfungsstelle in Darmstadt ab, genauer, dem Mann, der uns 2014 die eigene Betriebserlaubnis verschafft hat.
Sie sind sich einig - Pfusch haben sie von uns noch nicht gesehen, also go!
Die Nachforderungen sind sehr bescheiden. Ich soll in der Maßzeichnung die noch fehlenden Maße der Materialstärken nachtragen, sie wollen eine Liste der verwendeten Stähle, und ich soll in Standrohre und Schwinge (Eigenbau!) beliebige Nummern einschlagen ("Damit es bei späteren Abnahmen keinen Kummer gibt.").
Und BTW, ein Schweißschein in Kopie sei nett, Inaugenscheinnahme der Nähte reiche in diesem Fall jedoch (das ist nicht offiziell). Also keine Festigkeits- oder Materialprüfung, was schnell teuer werden kann.
Fazit, der unangekündigte "konservative Wustblinker" ist eher nix, sonst geht jedoch fast alles, was gut begründet wird, zum Beispiel mit besserem Material, größeren Materialstärken und besseren Schweißnähten (was 2017 gegenüber 1954 keine Kunst ist).
Cheers, Langer