Nach dem Treffen ist vor dem Treffen und so beseitige ich nach dem Tauerntreffen einige kleinere Unschärfen am Taxi (die Kupplung hat mir versprochen, dass sie noch 500 km mitmacht und darf deswegen noch drin bleiben ) um es fit für die Bonnets Givrés ( das „gefrorene-Mützen-Treffen) im Ardèche im Süden Frankreichs zu machen. Als ich das Taxi am Donnerstag Abend verlade, sehe ich noch die Schneeketten vom TT hängen, aber der Wetterbericht sagt bewölktes und relativ mildes Wetter für mein Reiseziel voraus, so lasse ich sie hängen.
Schwerer Fehler!
Am Freitag früh geht es los, leider wieder das grösste Stück mit dem Anhänger, zur Zwischenetappe bei Benjamin, dem Sohn meines langjährigen französischen Freundes, der über die Jahre fast mein Neffe geworden ist.
Er lebt mit seiner Familie in einem kleinen Häuschen in der Nähe von Chambery und hat genug Platz, um Auto und Hänger ein Wochenende stehen zu lassen.
Samstag früh mache ich das Taxi startklar, verabschiede mich von Benjamin und seinem kleinen Sohn und mach mich auf den 250 km weiten Weg ins Ardèche.
Schon 5 Minuten nach dem Start stehe ich im schönsten Samstagmorgen-Skifahrer-Stau, der sich gefühlt quer durch die Alpen zieht. Also flugs das Navi umprogrammiert und schon bin ich auf einem wunderschönen Abkürzer durch den Regionalpark Chartreuse, der allein schon ein paar Motorradtage wert wäre.
Nach 50 km Passstrassen mit teilweise Schneefahrbahn finde ich mich auf der Westseite der Chartreuse im Tal der Isère und dann geht es zügig und ohne Verkehr auf schnurgeraden Strassen durch Nussbaumhaine und kleine Orte bei traumhaften Vorfrühlingswetter bis nach Valence, wo ich die Rhone überquere.
Hier werde ich das erste Mal Opfer der seit einigen Jahren fortschreitenden Politik der französischen Unternehmen, an allen möglichen Kassen das Personal durch Automaten zu ersetzen.
Ich muss vier Mal eine Tankstelle anfahren, bis endlich so eine Schxxx-Kiste meine ec-Karte akzeptiert.
In Privas habe ich endlich Glück und mit vollem Tank und 20 Liter im Kanister mache ich mich auf in die Berge des östlichen Zentralmassivs.
Wenn ich im Isère-und Rhonetal noch bedauert habe, mich im A4-Anzug auf die Fahrt gemacht zu haben, erweist sich diese Wahl jetzt als Glücksgriff.
Es wird zumehmend kühler, es fängt an zu regnen und plötzlich geht der Regen in Schnee über.
Auf der Abfahrt vom ersten Pass mache ich noch schnell ein Foto bevor der Schnee wieder weg ist, weil es mir ja sonst eh keiner glaubt, und dann geht es richtig los!
Nach einer nicht ganz freiwillig quer gefahrenen Kurve steht mir plötzlich ein Schneepflug gegenüber. Gottseidank hat er mich früher gesehen als ich ihn und ist schon dabei, seinen Seitenpflug einzuklappen. Die Burschen haben nämlich einen seitlich am LKW montierten zusätzlichen Räumschild ähnlich des Autobahn-Räumdienstes bei uns, nur haben die Kerle den links angespaxt und räumen so die ganze Strassenbreite.
Als ich nach der Begegnung den Adrenalinspiegel langsam wieder herunterfahren kann, wird der Nebel immer dichter, der Sturm immer stärker und damit einher geht starker Schneefall.
Im Tal hatte ich im Geiste noch den georgd. beschimpft, weil er mir noch immer kein Pinlock-Visier geschickt hat, jetzt sage ich nur „Danke, Georg, für Deine Umsicht!“ und stöpsle die Stromversorgung für das Heizvisier an.
Und so geht es weiter quer durch die Montagne de lArdèche ohne Fotos, weil ich bei Sichtweiten unter 20 Metern und starken Schneeverwehungen ständig damit beschäftigt bin, die Fuhre am Rollen zu halten und mir keine Fotopause erlauben will. Für die nächsten 40 km brauche ich 2 Stunden!
Ich bin in den knapp 40 Jahren, in denen ich den Führerschein habe, geschätzte 1,5 Mio km mit verschiedensten Fahrzeugen gefahren, aber an Verhältnisse wie hier kann ich mich nicht erinnern.
Wie auch immer, zum Treffen muss ich von den Bergen wieder ein bisschen herunter, der Treffenplatz liegt auf ca. 1100 m Meereshöhe und hier sind die Verhältnisse etwas besser.
Es herscht zwar starker Wind, der das Zeltaufstellen zur Herausforderung macht, aber es hat aufgehört zu schneien.
neugieriger Franzose
Dann das Übliche, Begrüssung der bekannten Gesichter, das erste Getränk eine kleine Platzrunde mit Bewunderung der üblichen Exoten, dann steht man beieinander, ratscht, blödelt und plötzlich ist es Mitternacht und Zeit, in den Schlafsack zu kriechen.
Am Morgen dann einpacken, am benachbarten Bauernhof wird Frühstück gereicht, ich sitze noch zusammen mit Fab, den einige vom TT und vom Hänsitreffen kennen. Er lässt dem Hänsi noch schöne Grüße und Entschuldigung für sein Nichterscheinen ausrichten, aber die Goldwing ist diesmal nach 30 km schon verreckt und so hat er das 3K-Wochende auf der Jagd nach dem Elektrolurch verbracht, anstatt im Schwarzwald in der Kälte zu hocken.
Wie auch immer, die Zeit vergeht, um 10 Uhr sitz ich wieder auf dem Taxi und es geht zurück Richtung Chambery. Das Ẃetter hat sich entspannt, die Strassen sind geräumt, aber nicht schneefrei, und so gibt es noch einmal 40 km „Mautstrasse“, aber diesmal deutlich entspannter als gestern und dann fahre ich hinunter ins Rhonetal in den Frühling.
Also, eines muss man den Franzosen lassen: Winter können sie! Und oft schaffen sie es auf den Punkt!
Die üblichen Verdächtigen sind natürlich auch da:
Ja, und die Kupplung hat jetzt auch genug und möchte dringend getauscht werden.
Grysse Bernhard