Glattbach, 1. August
Tina, Julian und ich wollen heuer gemeinsam Sommerurlaub machen. Julian ist auf dem Weg von Bridgend in Wales nach Glattbach, wird bei uns schlafen, und dann geht es gemütlich los. Wir erwarten ihn gegen Nachmittag bei uns. ich habe Kalbfleisch gekauft. Julian mag Schnitzel ...
Irgendwann am Nachmittag klingelt das Telefon. Julian steht neben der Autobahn und sein Motor läuft nicht mehr. Ich lasse alles stehen und liegen, schnappe mir den reisefertig (nicht für mich selbst) vorbereiteten AiA-Logistik-Bus, den gespanntauglichen Anhänger und fahre Julian einsammeln. Bei mir zu Hause lässt es sich sicher bequemer schrauben ...
Nach Abbau des Tanks haben wir schnell ermittelt, dass ein satter Zündfunken vorhanden ist. Die Triumph Tiger 955i von Julian hat eine K-Jetronic-artige Einspritzpumpe. Da keiner der drei Zylinder anläuft, vermuten wir schnell einen Fehler in der Kraftstoffzuführung. Benzinpumpe? Benzinfilter? CPC-Anschlüsse am Kunststofftank?
Wir bauen den Tank aus und entleeren ihn weitgehend, so daß wir die Platte für die innenliegende Pumpe und den Filter abbauen können, um die beiden Teile zu prüfen. Die CPC-Anschlüsse sind bereits durch eloxierte Aluteile ersetzt worden, also erstmal unverdächtig.
Die Benzinpumpe reagiert normal, sobald sie an 12 Volt angeschlossen wird. Auch ein Pumptest aus dem Kanister in einen Messbecher verläuft zufriedenstellend. Als ich den Benzinfilter mit Atemluft freiblasen möchte spüre ich zuerst einen deutlichen Widerstand, dann gibt es ein "Plopp" und anschliessend kann man ihn mit immer noch starkem Widerstand durchblasen. Der Übeltäter ist entlarvt: der Spritfilter ist dicht!
Wir klappern die üblichen Verdächtigen ab, die nach 18:00 Uhr noch in Aschaffenburg erreichbar sind, und mit etwas Glück einen solchen Filter haben könnten.
Bei Polo:
"Moin, habt ihr so einen Benzinfilter?"
"Für was issn der?"
"Für eine Triumph Tiger 955i Baujahr 2002"
"Ne, aber wir haben welche, die sind zerlegbar, also zum Wiederverwenden"
"Zeig Mal
...
...
Nee, der sitzt im Tank, da kann ich mit Deinem chromfunkelden und verglasten Teil nix anfangen"
"Ja, aber der wird gern genommen"
"Dankeschön"
Bei Detlev Louis:
"Moin, habt ihr so einen Benzinfilter?"
"Für was issn der?"
"Für eine Triumph Tiger 955i Baujahr 2002"
"Ne, aber wir haben welche, die sind zerlegbar, also zum Wiederverwenden"
"Zeig Mal
...
...
Nee, der sitzt im Tank, da kann ich mit Deinem chromfunkelden und verglasten Teil nix anfangen"
Eine junge Verkäuferin mischt sich in das Gespräch zwischen dem Detlev-Louis-Werkstattfachman und mir ein:
"Kann ich den Filter mal sehen?"
Ich zeige ihn ihr. Der Werkstattfachmann fühlt sich augenscheinlich dupiert:
"So was haben wir hier sowieso nicht, und wenn dann auf Bestellung."
"Nee, wir brauchen den jetzt. Morgen früh kann ich nach Großostheim zu Triumph fahren"
"Ja, wo denkst Du da hin? Weisst Du eigentlich, wie viele Motorräder es gibt? Wenn wir da jedes Ersatzteil für jedes Motorrad vorrätig haben sollten, dann bräuchten wir ein Lager so groß wie Aschaffenburg"
"M-Hm."
Ich will mich grade abwenden und Julian vorschlagen, dass wir eben morgen früh nach Großostheim fahren, eh nur 15 km entfernt, aber das Blatt wendet sich unverhofft:
Die junge unwissende Verkäuferin hat während unseres "Beratungsgespräches" einfach Mal "Benzinfilter" in die Suchmaske ihres Warenwirtschaftssystems eingegeben, und ermittelt, dass vier solche Knecht KL145 Filter, baugleich mit dem Mahle-Filter der Triumph, lagernd sind.
Wir schenken dem Mädel unser dankbarstes Lächeln und erwerben einen der vier Filter.
Während ich ein Abendessen zubereite, baut Julian sein Motorrad wieder zusammen. Bei der ersten zarten Berührung des Starterknöpfchens läuft das Motorrad. Unter Anderem in Folge Dessen wird der Abend ab diesem Zeitpunkt genußvoll und lustig.
Glattbach - Merlebach, 2. August
Wir frühstücken in aller Ruhe bei Kaiserwetter und bereiten uns geruhsam auf die Abfahrt vor. Da Tina und ich ursprünglich und bevor Julian beschlossen hatte, uns zu begleiten, diesen Tag nutzen wollten, um "einfach schon mal los zu fahren", weil wir annahmen, dass Tina bis zum frühen Nachmittag arbeiten müsse. Es ist also nur eine Etappe von etwa 180 km geplant, gerade so über die Grenze ins französische Departement Moselle, noch dazu mit einer Pause bei einem lieben befreundeten Ehepaar außerhalb unserer Motorradwelt.
Wir wählen kleine entspannte Landstraßen und die Rheinfähre in Gernsheim.
Alle drei Motorräder sind ordentlich vorbereitet und serviciert, Ersatzteile im Rahmen des Vernünftigen und ausreichend Werkzeuge sind an Bord.
Tina fährt mit ihrem Reisehuhn, einer BMW R100 RT, Baujahr 1981
Julian hat eine Triumph Tiger 955i, Baujahr 2002 mit Hedingham ETH Seitenwagen
ich selbst bin mit "Lukas" unterwegs, der in diesen Kreisen sattsam bekannten Fälschung eines Russenmotorrades, ebenfalls mit Seitenwagen
Bis zur Fähre lief alles einwandfrei. Motorrad anlassen, abstellen, wieder anlassen, alles kein Problem. Als wir die Fähre verlassen wollen, springt Julians Motorrad nicht an. Die selben Probleme, wie Tags zuvor.
Merde ...
Wir rufen bei einigen AiA Mitgliedern an, um möglicherweise ein Werkstattplätzchen zum neuerlichen Ausbau der nunmehr hauptverdächtigen Benzinpumpe zu finden. Roger bietet seine Hilfe an, obwohl er familiäre Verpflichtungen hat, würde er eigens noch herkommen, um uns samt Tank in seine Werkstatt zu begleiten. Aynchel telefoniert rum, ob er jemanden findet, was aber in der Urlaubshochsaison nicht ganz einfach ist. Wie wir es drehen und wenden, das halb zerlegte aber voll aufgepackte Gespann von Julian müsste an der Rheinfähre gut sichtbar im öffentlichen Raum zurück bleiben, während auf der gegenüberliegenden Rheinseite eine Kirmes aufgebaut wird, die allerlei Volk anzieht. Wir haben dabei kein gutes Gefühl und lehnen das ab. Aber wie weiter?
Julian hatte das Motorrad von der Fähre hinunter und auf die steile Rampe der Westseite geschoben. Wir sassen am oberen Ende der Rampe im Schatten einiger Sonnenschirme eines kleinen Wirtshauses und diskutierten Optionen. Erst Mal abkühlen lassen und versuchen, ob sie dann vielleicht in Folge wundersamer Selbstheilung doch noch anspringt? Wir brauchten eh erstmal kalte Getränke.
Julian und ich gingen für einen neuerlichen Startversuch zu seinem Gespann, Tina blieb im Schatten bei unseren Moppeds. Die Fähre hatte grade erneut auf der westlichen Rheinseite angelegt. Ein etwa 19 jähriges Pickelgesicht läuft die Rampe hoch, geht auf unsere Motorräder zu und pflaumt Tina als einzigen Gast mit Motorradkleidung an:
"Das Motorrad da unten, das muss da weg."
"Kein Problem, die beiden Jungs sind grade auf dem Weg runter, um es weg zu holen."
"Ja, nee, aber das muss da jetzt weg!"
"Ja, deshalb gehen die ja grade hin, damit sie es wegholen können."
"Ja, nee, ich kann da nämlich mit der Fähre nicht anlegen, weil das da im Weg ist, das geht so nicht, das muss da sofort weg, sonst passiert was!"
"Das Motorrad wurde von der angelegten Fähre runter geschoben, nachdem diese maximal auf die Rampe aufgelaufen war, deshalb ist es unwahrscheinlich, dass es Sie wirklich so nachhaltig blockiert. Dennoch sind gerade zwei Männer unterwegs, es dort wegzuschaffen!"
"Das geht so nicht, das muss SOFORT da weg!"
Tina wendet sich ab, worauf der jugendliche Dampfschiffkapitän schnurstracks auf Julian zuläuft:
"SOFORT! Aber SOFORT muss das da weg! Das kann da nicht parken!"
"Excuse me?"
"Ich kann auch noch ganz anders! Das muss jetzt da weg!"
"Oh, yeah, I'm about to transport it away"
"Nee, auf der Stelle muss das da weg!"
Da unser kurzer Startversuch Minuten zuvor erfolglos blieb, hatte ich Lukas geholt und griff jetzt in das "Gespräch" ein:
"Alles OK, wir schleppen das Motorrad jetzt da weg."
"Nee, das muss da sofort weg, sonst hole ich die Polizei!"
Der Typ erinnert mich an einen kleinen, ohne Unterlass kläffenden Straßenköter. Den ertrag ich jetzt nicht auch noch, und auf einen groben Klotz gehört ein grober Keil:
"Mach doch Mal den Kopf zu, ich schlepp das jetzt da weg."
"Mach doch selber zu, ich kann auch die Polizei holen!"
"Ja bitte!"
"Das darf da nämlich nicht stehen, das muss hier immer frei bleiben, damit die Fähre anlegen kann!"
"Holst Du bitte jetzt endlich die Polizei? Ich hab zu tun."
Der Picklige sondiert die Lage und kommt nach einem Ausfallschritt in meine Richtung augenscheinlich zu dem Ergebnis, dass Julian und ich, wenn wir zusammen helfen, womöglich stärker sein könnten, als er und zögert.
"Junger Mann, ich möchte Ihnen, falls sie daran Bedarf haben, gerne anbieten, unseren kleinen akademischen Diskurs manuell zu klären, ich ziehe aber für meinen Fall eine Betreuung unseres Abschleppvorganges durch die Polizei vor, weil ich das für ergebnisorientierter halte, und jetzt mach endlich den Kopf zu."
"Mach doch selber das Maul zu." sagt er und vertrollt sich auf sein stolzes Schiff.
Dann hänge ich das Gespann von Julian an mein grünes Allzweck-Seil und ziehe es die Rampe hoch.
Ein Harleypilot aus der verchromte-Fransen-Schublade erklärt uns, das gerade Mal 12 km weiter in Mörstadt die "Triumph-Welt-Rheinhessen" beheimatet sei. Die hätten bestimmt einen Anhänger, mit dem sie uns holen könnten. Nähere Recherche ergab eine tatsächliche Entfernung von 26 km. Ein Anruf wurde von einer Dame mit hilfsbereiter und kompetenter Anmutung beantwortet. 'Wir sollten uns vom ADAC nach Mörstadt schleppen lassen, dann könne man uns sicher helfen, indem man zuerst Mal den Pumpendruck ermittle und dann weiter schaue.'
Ich frage Julian, ob er Mitglied eines Automotive Clubs sei, oder über einen Schutzbrief verfüge. Er sagt, dass er grundsätzlich einen Schutzbrief habe, es aber versäumt hätte, diesen Auslandsaufenthalt vorher anzumelden, weshalb er ihn nicht in Anspruch nehmen könne. Die Option Fremdtransport scheidet schon alleine aus diesem Grund aus. Zudem haben wir uns zum Kaffeetrinken bei dem befreundeten Ehepaar angekündigt, was wir telefonisch verschieben und wollen gerne noch bis nach Frankreich weiter, wo ich für die erste Nacht ein Hotel eine Absteige gebucht habe. (Ich war noch nie in einem F1 Hotel, und wollte das einmal erleben. Der Preis von 21 Euro für drei Personen war einfach zu verlockend ...) Alles Zusammen lässt mich daran zweifeln, dass die Option "Warten auf den Pannendienst" die Situation wesentlich verbessern würde.
Der Harley Pilot ist völlig entrüstet über den fehlenden Service bei den Triumph-Händlern. Die könnten uns ruhig da wegholen. Ich knote das Seil wieder an Julians Gespann fest, und wir ziehen es eben schnell nach Mörstadt. Knappe dreissig Minuten später sind wir in der "Triumph-Welt", wo man uns bereits erwartet.
Der Mechaniker schliesst sein Pumpendruck Messgerät an. Im gleichen Augenblick läuft das Motorrad wieder und das Messgerät zeigt zufriedenstellende Werte an. Verdammt. Die beherrschen irgendeinen Voodoo hier. Zauberei vielleicht.
Um den Anschein des Wissenden zu wahren ersetzt der Triumph Mann die beiden ORinge an den CPC Anschlüssen und erklärt, ein undichter ORing müsse die Ursache gewesen sein, das habe er schon einmal an einer nach Afrika verkauften Tiger erlebt. Wir bekommen grosszügiger Weise 10 Euro berechnet und ziehen weiter.
Wir rufen bei Arno und Christa an, dass wir unsere Selbsteinladung von Kaffee und Kuchen auf Abendessen umbuchen würden, falls unser Besuch noch genehm sei und brechen nach Meisenheim auf. Die Triumph läuft ruhig und zuverlässig. Vor dem Haus unserer Meisenheimer Freunde stellt Julian das Motorrad ab. Er probiert noch Mal, aber anspringen will sie nicht mehr ...
Julian und ich versuchen an der Triumph einen Fehler zu finden, während Tina einen Kaffee schlürft. Ich stecke aus purer Ratlosigkeit die beiden CPC Anschlüsse einfach Mal um und siehe da, das Mopped springt sofort an. Zwar ist sich Julian sicher, dass das andersrum gehört, aber seit dem hat das Motorrad nicht ein einziges Mal mehr gezuckt ...
Ob der Fehler behoben ist, oder nur schmollt muss Julian dann in Ruhe zu Hause ermitteln.
Wir essen in einem nahe gelegenen Biergarten gemeinsam mit Arno und Christa zu Abend und steigen mit der Dämmerung auf die Motorräder und fahren die letzten knapp 100 km bis Merlebach in das F1 "Hotel". Gut, dass es spät und wir alle Müde sind. Für eine Nacht geht das irgendwie, auch wenn keine Freude aufkommt. Ich werde in so einem Hotel nicht mehr schlafen, da ziehe ich den Biwaksack neben dem Motorrad vor.
Bild stark geschönt
Merlebach - La-Celle-en-Morvan, 3. August
Wir wachen auf, verlassen fluchtartig unser Nachtquartier und suchen uns eine Boulangerie, um einen Kaffee und einen Croissant zu erwerben. Tina bekommt ihr heiss geliebtes Pain Chocolat und strahlt wie üblich beim Erhalt über das ganze Gesicht. Gut so.
Heute wollen wir über Metz und das Plateau de Langres durch die Bourgogne in den Naturpark Morvan fahren, wo ich uns einen Stellplatz auf einem idyllisch gelegenen Campingplatz an einer Mündung eines Bächleins in einen Bach reserviert habe. Wir haben eine Tagesetappe von etwa 460 km vor uns und brechen zeitig auf, da wir unsere Zelte am Abend bei Tageslicht aufbauen wollen, und uns auf der Reise Zeit lassen, um in Ruhe einzukaufen, Kaffee zu trinken und rumzutrödeln.
Bis Metz ist das Wetter unerwartet kühl und immer Mal wieder fallen ein paar Tröpflein Sprühregen. Danach klart es langsam auf. Wir fahren über Pont-à-Mousson in den Nationalpark Lothringen, durch den beeindruckenden Aquädukt von Chaumont und weiter über die weichen Hügel der Bourgogne Richtung Naturpark Movan.
Wie meistens auf dieser Tour fahre ich voraus, dann folgt Tina und Julian macht das Schlusslicht. Irgenwo überland fehlen mir Tina und Julian im Rückspiegel. Auch nach drastischer Geschwindigkeits-Reduzierung tauchen sie nicht auf. Verdammt. Ich halte an, drehe um und finde Tina etwa einen Kilometer weiter am Straßenrand parkend. Sie sagt, Julian sei seit der letzten Kuppe nicht mehr aufgetaucht. Ich bitte Tina, kurz zu warten und fahre weiter zurück. Julian steht mit einem platten Seitenwagenrad etwas weiter und ich hole erstmal Tina zu uns. Julian fährt unterdessen langsam etwa 300 Meter zu einer "Haltebucht" gegenüber eines einsam gelegenen Bauernhauses. Ich sehe schwarz für eine Schlauch-Reparatur. Die Sonne brennt, kein Schatten weit und breit.
Wir stellen schnell fest, dass uns eine dünnwandige 33er Nuss fehlt, um die Zentralmutter des Seitenwagenrades zu lösen. Ich kann die tief in der Radnabe sitzende Mutter zwar mit meiner Knipex-Verstellzange anfassen, aber richtig ansetzen, um ausreichend Kraft aus zu üben kann man an dieser Stelle nur mit einem Steckschlüssel. Verdammt. Nach kurzer Beratung klopfen Tina und ich höflich bei dem Hofgut auf der anderen Straßenseite an, schliesslich ist nicht ausgeschlossen, dass wir einmal Glück haben. Madame ist zu Hause und bittet uns, nachdem ich mein Begehr vorgetragen habe, in die Werkstatt. Ist doch klar, dass am einzigen Haus weit und breit in the Middle-Of-Nowhere-Bourgogne ein LKW Radkreuz mit einem 33er Schlüsselende rumsteht, oder? Ich hab sowas in meiner Werkstatt jedenfalls nicht ...
Wir bitten Madame darum, dass Tina im Schatten sitzen bleiben darf. Sie bekommt Wasser und ein paar Kekse aus unserem Vorrat, und wir bauen das Rad ab.
Julian begleitet mich auf Tinas BMW, ich binde sein Seitenwagenrad auf meinen Seitenwagen und wir fahren sieben Kilometer zurück nach Chateauvillain, einen verschlafenen 1600-Seelen-Ort, in dem es eine Werkstatt mit Reifenservice geben soll, von der niemand weiss, ob sie offen hat, es ist ja schliesslich Anfang August. Wir haben Glück, die Werkstatt hat geöffnet. Als der Schlauch das Tageslicht erblickt ist schnell klar, dass der nicht zu flicken geht.
Eine rechte Ursache für diese finale Zerstörung finden wir nicht, ausser einem gelösten Gewebefaden von der inneren Karkasse des, vor der Reise frisch montierten, Chinareifens. Kann das die Ursache für den geplatzten Schlauch sein?
Der hilfsbereite Werkstattbesitzer, der halt eine Autowerkstatt betreibt, findet einen einzigen gebrauchten Motorradschlauch, zwar in 17 Zoll, was vielleicht noch gegangen wäre, aber bereits mit einigen geflickten und mindestens einem ungeflickten Loch versehen. Er telefoniert mit einem Motorradladen im etwa 25 km entfernten Chaumont. Dort liegt ein 3.50 X 18 Schlauch. Nix wie hin.
Der Schlauch wird geholt, das Rad repariert, und etwa eineinhalb Stunden nach Beginn der Panne geht es weiter Richtung Morvan. Aufgrund der Tatsache, dass wir Zeit verloren haben, wählen wir etwas größere Straßen, um flotter voran zu kommen.
Gegen 18:30 Uhr treffen wir auf dem Campingplatz "Les Deux Rivières" in La-Celle-en-Morvan ein. Wir werden erwartet und finden einen großzügigen Stellplatz direkt am Bach inmitten einer Niederländischen Urlauberkolonie mit zahlreichen Kindern, für die unsere Motorräder die Attraktion des Abends sind. Ein leckeres Abendessen mit Patè en Croute, Sauccisson Sec, Tomme des Pyrenees und frischem Baguette am Bächlein wartet auf uns. Life is good ...
La-Celle-en-Morvan - Saint-Antonin-Noble-Val, 4. August
Heute soll es, westlich an Vichy und Clermont-Ferrand durch die Auvergne gehen, dann über Aurillac und Figeac ins Noble-Val, den westlichsten Punkt der geplanten Reise. Die Tagesetappe ist knappe 500 km lang und ich weiss genau, dass ich auf der hübschen aber spartanischen Sitzbank von Lukas etwa 300 bis 350 Kilometer gut aushalte. Julian würde eh lieber Autobahn fahren.
Autschn.
Selbstgewähltes Schicksal und First-World-Problems.
Der Tag gestaltet sich ereignislos, wenngleich lang. Wir erreichen noch bei Tageslicht, dank einiger ausdauernder Pausen bei brüllheissem Wetter unser Nachtquartier, einen einsam gelegenen Bauernhof im Noble Val. Paradiesisch ruhig und von einem äusserst freundlichen, dennoch gewinnorientierten Gastgeber betrieben. Seine Lebensmittelqualitäten und -preise passen nicht in das ansonsten rundum stimmige Idyll.
Unser erster Reisetag ohne jegliche Panne und jeglichen Ausfall! Yeah! das begiessen wir Abends ausführlich!
Fortsetzung folgt