Winterreifenpflicht in Deutschland

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Winterreifenpflicht in Deutschland

Beitragvon fleisspelz » Mo 22 Nov, 2010 22:32

Ich hab da einen spannenden Artikel gefunden. Der ADAC übt sich wieder in Lobbyarbeit, schon klar, aber wie ist denn die genaue Gesetzeslage?

Der Gesetzgeber hat motorisierte Zweiradfahrzeuge nicht außen vor gelassen, als er die Straßenverkehrsordnung im Jahr 2006 entsprechend modifiziert hat:

StVO § 2 Absatz 3a Satz 1:

“Bei Kraftfahrzeugen ist die Ausrüstung an die Wetterverhältnisse anzupassen. Hierzu gehören insbesondere eine geeignete Bereifung und Frostschutzmittel in der Scheibenwaschanlage.”

Motorräder sind nicht explizit ausgenommen.

Nun fahren die wenigsten von uns Reifen, die die Kennzeichnung “M+S” tragen. Praktisch habe ich zwar noch von keinem Fall gehört, nach Recht und Gesetz kann jedoch ein Motorradfahrer, der mit normalen Reifen auf Schnee-oder eisglatter Fahrbahn angetroffen wird, mit einem Verwarnungsgeld von 20 € belegt werden; im Falle einer Verkehrsbehinderung sogar mit einem Bußgeld von 40 € und einem Punkt in Flensburg.

Folgende Fragen:
Nützt mir das Aufziehen von Schneeketten auf nicht M+S gekennzeichnete Reifen in dem Fall was?
Ich glaube ich lese das Gesetz auf jeden Fall richtig, dass mir ein Sturz auf eisglatter Fahrbahn immer als Gesetzwidrigkeit ausgelegt werden wird. Was ist aber, wenn ich M+S Reifen habe und es mich querstellt?
Was eventuell ein ganzes Wochenende platzen lässt: kann ein Polizist womöglich ein Verbot aussprechen, weiter zu fahren?
..........................
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Beitragvon ölfinger » Mo 22 Nov, 2010 22:39

Servus!
Ich glaube, das das mit den Winterreifen so ist, wie meistens: Solange nix passiert, interessiert es (fast) keinen. Im Schadensfalle wird sich zumindest die Versicherung daran erinnern. Ich habe auf der MZ Heidenau K41 M+S montiert. Mit denen habe ich erfolgreich am TT teilgenommen.
http://www.reifenwerk-heidenau.de/modul ... a3cf8&sv=1

LG
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Re: Winterreifenpflicht

Beitragvon Blechroller » Mo 22 Nov, 2010 22:45

fleisspelz hat geschrieben:

Folgende Fragen:
Nützt mir das Aufziehen von Schneeketten auf nicht M+S gekennzeichnete Reifen in dem Fall was?


Ja, denn mit den Ketten hast du das maximal Mögliche gemacht und in meinen Augen die fehlenden Winterreifen ersetzt.

Ich glaube ich lese das Gesetz auf jeden Fall richtig, dass mir ein Sturz auf eisglatter Fahrbahn immer als Gesetzwidrigkeit ausgelegt werden wird.

Nein, nicht wenn du Winterreifen hattest. Die Frage, die bleibt, ist ob Zweiradeln bei Schnee und Eis im Falle des Falles mit Drittschädigung unabhängig von dem sicher gegeben Mitverschulden nicht auch an sich ordnungswidrig ist, auch wenn man M&S Reifen drauf hat. Auf diese Sache bin ich gespannt, denn der Gesetzgeber hat mit der "Winterreifenpflicht" nur normiert, dass bei Schnee und Eis Sonderbedingungen gegeben sind, die der Treiber eines KfZ auch ausrüstungsmäßig zu beachten hat. Und bei Schnee und Eis Kradieren wird in den Augen eines Richters nicht zwingend als ordnungsgemäß unter Sonderbedingungen angesehen werden. Da wird sicher noch was auf die wenigen 2Radler im Winter zukommen. Versicherungs-/schadensersatztechnisch bist im Winter m. E. eh immer der Arsch auf 2 Rädern.

Was ist aber, wenn ich M+S Reifen habe und es mich querstellt?
Was eventuell ein ganzes Wochenende platzen lässt: kann ein Polizist womöglich ein Verbot aussprechen, weiter zu fahren?


Genau da wird es spannend auf 2 Rädern ob mit oder ohne M&S Reifen. Die Sache mit der Untersagung lassen wir mal raus; das wird mir zu komplex, aber lass mal einen Kradisten mit M&S-Reifen in einen Fußgänger reindybeln, weil es ihn auf Eis gelegt hat... :roll:


Viel Rechtsprechung wird es aber nicht geben. Wer fährt schon bei solchen Bedingungen? Wenige.

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Beitragvon Blechroller » Mo 22 Nov, 2010 22:49

ölfinger hat geschrieben:Ich habe auf der MZ Heidenau K41 M+S montiert. Mit denen habe ich erfolgreich am TT teilgenommen.
http://www.reifenwerk-heidenau.de/modul ... a3cf8&sv=1


Die hab ich jetzt als K 65 (?) den 3. Winter auf dem DD. Nicht schlecht, aber sicher kein Winterreifen im eigentlichen Sinne. Der Reifen hält komischerweise auf dem DD genau so lange, wie der Nicht-M&S-K65.

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Beitragvon ölfinger » Mo 22 Nov, 2010 22:49

Gerade habe ich gesehen, das es den K41, laut Katalog, nicht mehr in 3.00-18 gibt :(
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Beitragvon Lindi » Mo 22 Nov, 2010 23:15

Justus, das Angebot an Reifen mit M+S Kennung ist nicht besonders groß, zumindest nicht für meine SRs, da suche ich grade noch was passendes für´s Gespann. Und mit Ketten bei Eisglätte zu fahren, ist eh keine gute Idee. Die Bremswege sind erstaunlich lang, Lenken ist sch... und die Laufketten hinten überdurchschnittlich schnell durch.

Ich denke gerade drüber nach, Trial-Reifen mit wenig Luft einzusetzen, aber die haben teilweise auch keine Straßenzulassung. Aber schön weich und griffig wären sie schon. Und teuer und schnell perdú.

Angenommen, Du rutschst bei Glätte jemandem rein und hast Reifen mit M+S-Eignung oder -Kennung drauf, dürfte Dir aber nach meinem Verständnis keiner nen Strick draus drehen können. Höchstens vielleicht mit der Behauptung "nicht angepaster Geschwindigkeit". Abgesehen davon, dass sie Dir sowieso (innerlich) nen Vogel zeigen werden, bei solchen Bedingungen mit dem Möpp zu fahren :-D

Gryße

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Viele Grüße

Dirk
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Beitragvon Michael » Mo 22 Nov, 2010 23:22

Wozu die Aufregung?
Wenn ich morgen ganz früh den SOWJET starte, und es tatsächlich ein wenig Schnee haben sollte, zähle ich wie jedes Jahr die zahlreichen, winterbereiften, auf dem Dach in der Wiese liegenden Autos, deren Fahrer es nicht begriffen haben, das zwar das Auto des langsameren Vordermann, aber die Physik nicht besiegt werden kann!
Und die vielen Geisteskranken, die am Wochenende zum Skifahren aufbrechen werden, viel zu kalt sowas................ :roll: :?

Gryße, Michael :-D
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Beitragvon fleisspelz » Mo 22 Nov, 2010 23:29

Welche Aufregung Michael?
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Beitragvon motorang » Di 23 Nov, 2010 05:33

Wenns hilft:

In Österreich gibt es ja Winterreifenpflicht, da muss bei "winterlichen Straßenbedingungen" entweder mit Winterreifen oder (bei Schneefahrbahn) mit Schneeketten gefahren werden. Im Klartext: hierzulande sind Schneeketten auf Sommerreifen ein vollwertiger Ersatz für Winterreifen, rechtsmäßig.

In Österreich gibt es übrigens Winterreifenpflicht nur für 4-Räder - für diese gelten auch die jeweiligen Schilder wie "Kettenpflicht" und "Winterreifenpflicht".

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Beitragvon Beste Bohne » Di 23 Nov, 2010 07:34

motorang hat geschrieben:hierzulande sind Schneeketten auf Sommerreifen ein vollwertiger Ersatz für Winterreifen, rechtsmäßig.



Da wäre dann für .de nochmal zu klären ob eine Staudacherkette ohne Freigabe vom Dampfkesselprüfverein oder sonst wem überhaupt erlaubt ist.

KannjagarnichtseindaßdasoohneGutachtengehentut :-D :roll:

Würde mich nicht wundern...
Grüße, Jens

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Beitragvon KNEPTA » Di 23 Nov, 2010 07:56

motorang hat geschrieben:Wenns hilft:

Im Klartext: hierzulande sind Schneeketten auf Sommerreifen ein vollwertiger Ersatz für Winterreifen, rechtsmäßig.



Leider ist versicherungstechnisch die Zone grauer. :roll:
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Beitragvon motorang » Di 23 Nov, 2010 08:18

Wieso? Das ist Gesetz, da kann doch die Versicherung nicht raus?

http://www.winterreifen-pflicht.at/wint ... t_pkw.html

Speziell Motorräder:

http://www.winterreifen-pflicht.at/beso ... .html#2rad

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Beitragvon Blechroller » Di 23 Nov, 2010 08:48

So einfach ist es nicht...

Fangen wir mal (für D) mit der STVO an:

§1 Grundregeln

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, daß kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.



Wenn sonst nix geregelt ist, ist die Basis der Auslegung der Situation § 1 StVO, hier vor allem § 1 Abs. 2 StVO.

Dann kommt ein weiterer Grundsatz ins Spiel:
§3 Geschwindigkeit

(1) Der Fahrzeugführer darf nur so schnell fahren, daß er sein Fahrzeug ständig beherrscht. Er hat seine Geschwindigkeit insbesondere den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen sowie seinen persönlichen Fähigkeiten und den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen.


Das kann auch bedeuten, dass bei Unbeherrschbarkeit der Situation (Schnee- und Eisglätte auf 2 Rädern) überhaupt nicht zu fahren ist. Machen wir uns doch nix vor; auf Eis ist ein 2Rad auch mit Ketten kaum mehr beherrschbar, Bremsen geht doch dann oft genug nur noch über Ablegen der Karre.

Und jetzt kommen wir zu der Versicherungsproblematik, die bei Bewertung eines Schadensersatzanspruchs o. g. Grundsätze der StVO, die ja auch nix anderes sind, als der gesunde Menschenverstand, zu Grunde legen. Spätestens bei

§ 254 BGB
Mitverschulden(1) Hat bei der Entstehung des Schadens ein Verschulden des Beschädigten mitgewirkt, so hängt die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.



hat der Spaß ein Loch, denn das bewußte Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (ist so ungefähr Verschulden) haftet man selbst für seinen und andere Schäden mit (jetzt vereinfacht ausgedrückt). Und wer bei Schnee- und Eis egal ob mit oder ohne Winterreifen auf dem 2Rad sitzt und beim Wegrutschen einen Fußgänger umsäbelt, der wird auch wenn der Auslöser des Unfalls ein drittes Fahrzeug war, ganz interessante Diskussionen mit seiner Versicherung führen.

Anders sieht es wieder für ein 3Rad aus. Da kann man auch bei Schnee- und Eis mit geeigneten Reifen/Schneeketten davon ausgehen, dass die Dinger halbwegs beherrschbar sind.

OllY[/b]
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Beitragvon dirk » Di 23 Nov, 2010 09:10

Blechroller hat geschrieben:
Anders sieht es wieder für ein 3Rad aus. Da kann man auch bei Schnee- und Eis mit geeigneten Reifen/Schneeketten davon ausgehen, dass die Dinger halbwegs beherrschbar sind.

OllY[/b]


Wir wissen das, aber was denken die Leute, die das zu beurteilen haben? Gutachter und Richter.
Heute in drei Jahren ist es endlich wieder soweit.
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Beitragvon Blechroller » Di 23 Nov, 2010 10:22

dirk hat geschrieben:Wir wissen das, aber was denken die Leute, die das zu beurteilen haben? Gutachter und Richter.


Nun ja, auch denen muss klar sein, dass man zumindest kaum damit umfallen kann, theoretisch....

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