Uwe Steinbrecher hat geschrieben:fleisspelz hat geschrieben:Design hat zwingend einen Funktionalen und einen ästhetetischen Aspekt, welcher überwiegt entscheidet in der Regel die Marketingabteilung. Oder im Fall des Einzelstückes (hier Showschrott vulgo Costümbike) der Erbauer.
Ist das wirklich so?
Ich meine immer?
...
Grundsätzlich ja.
Über den ästhetischen Aspekt sind wir uns je einig. Da gibt es bewertbare Kriterien ("Linie", "goldener Schnitt", "Proportionen"...) aber auch Künstler, die so geschickte Blue Notes setzen, und sich über die Kriterien hinwegsetzen, dass z.B. auch scheinbar störende Linien eine harmonische Gesamtästhetik ergeben können. Bei der Funktion ist halt wieder die Frage nach dem Lastenheft des Betrachters.
Ein Beispiel:

Der "Peashooter" genannte Einzylinder-Bahnrenner aus den zwanziger Jahren von Harley Davidson ist in meinen Augen ein äußerst ästhetisches Motorrad. Wenn mein Einsatzzweck der ist, anderen Vorkriegsmoppeds auf einer Steilkurvenstrecke um die Ohren zu fahren und dabei mein Zwerchfell mal wieder so richtig zum Schwingen zu bringen, dann ist so ein Peashooter neben der vergleichbaren Indian erste Wahl. Dass er sich gänzlich ohne Bremsen, ohne Beleuchtung und vorne wie hinten starr dabei nur mässig für eine Tour durtch den Spessart eignet und für die fernreise zu wenig gepäckträger hat würde ich diesen Moppeds nie vorwerfen.
Das Beispiel zeigt, dass die Funktion kein allgemeingültiges Kriterium ist, sondern ein sehr subjektives.
Für Dich ist Funktion etwas anderes als für mich.
Für den Uwe ist Funktion, dass er mit seiner KNEPTA aus eigener Kraft zur Henneburg und zurück gefahren ist. Ein paar Schraubpausen sind halt notwendig gewesen, aber es hat ja funktioniert. Manch anderer hätte da schon sehr lange aufgegeben mit der Begründung: "Das Glump funktioniert nicht". Jedes Mal war das Wort "Funktion" enthalten.
Zurück zum Showschrott: Nicht wenige Costümbikes aus der OCC Ecke entstehen schon lange nicht mehr um gefahren zu werden, sondern um an Shows teilzunehmen und Pokale zu gewinnen. Ein Haargestylter und gefärbter Königspudel ist auch schon lange kein Jagdhund mehr. Die Showstücke dienen dazu, Marotten gelangweilter reicher Leute zu befriedigen, oder aber Werbung für den Hersteller zu machen, Fabrikationsdetails zu veranschaulichen, handwerkliches Können unter Beweis zu stellen, um den Auftrag zum Aufbau eines etwas fahrbareren und weniger teuren Kundenmotorrades zu akquirieren. Die Funktion ist hier nicht fahrbarkeit, sondern Aufsehen erregen bei der potentiellen Zielgruppe. Das bist Du in der Regel nicht.
Es gibt aber durchaus sehr fahrbare Costümbikes. Steve Schneiderbanger z.B. baut seit 30 Jahren Chopper, Bobber und eigenwillige Einzelstücke, die durch die Bank sehr fahrbar sind. Die Motorräder haben geniale Detaillösungen, wie z.B. die Ritzelbremse

Bei Steve steht im "Funktion" Lastenheft unter anderem auch Fahrbarkeit, und da er im Fichtelgebirge zu Hause ist, bedeutet das, dass man seine Eisen auch beherzt um die Ecken prügeln kann obwohl sie auf den ersten Blick nicht unbedingt so aussehen:


Eine ganz andere Klientel wird von Markus Walz z.B. bedient. Bei seiner Klientel geht es viel mehr um Selbstdarstellung, gesehen werden, fette Muskeln, die nicht kräftig sein müssen, solange sie nur so aussehen. Die Funktion ist eher cruisen auf der Leopoldstrasse, der Reeperbahn oder der Kö. Den harten Willie raushängen lassen, dem Macho in sich Futter geben. Zugegeben erfüllen die Testosteronschleudern vom Markus Walz diese Funktion deutlich besser, als die Moppeds vom Steve Schneiderbanger.

Wie gesagt: hier ist die Funktion Auffallen, egal wie unangenehm oder angenehm, darum geht es nicht, das liegt wiederum im Auge des Betrachters.
Wenn z.B. Dein "Funktion"-Kriterium eine optimale Strassenlage ist, dann wird wahrscheinlich eine Art Ducati dabei rauskommen. Mit einem Bertel wirst du das nie schaffen. Wenn Du dennoch mit dem Bertel Fernreisen machst, dann bedeutet der Verzicht auf eine gute Strassenlage aber keinesfalls einen Genussverzicht. Da Abenteuer bekanntlich im Kopf entstehen, hast du mit so einem Bertel in Geschwindigkeitsbereichen, die von anderen als sehr moderat empfunden werden bereits richtige Rennen ausgefahren. Ergo könnte der Wunsch nach einem miserablen Fahrwerk doch Genusssucht sein statt Masochismus. Denk mal drüber nach....