Ganoven im Internet

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Ganoven im Internet

Beitragvon fleisspelz » Do 12 Apr, 2018 08:40

Auf eine mobile.de Verkaufsanzeige meldet sich ein Mensch aus Madrid. Er würde sich überlegen, mein Motorrad zu kaufen, brauche aber noch einige detaillierte Informationen. Der Erstkontakt geschieht über eine deutsche Mobilfunknummer per SMS. Danach geht es weiter über eine gmx.net eMail-Adresse. In einigen eMails hin und her versucht er Vertrauen aufzubauen und stellt ein paar belanglose Detailfragen zum Krad. Ich erkläre ihm von Anfang an, dass ich nur Cash direkt am Motorrad akzeptiere, oder Vorkasse blind und eine Organisation der abholenden Spedition durch den Käufer, wobei ich gerne den Abholprozess unterstützen werde.
Er schickt mir unaufgefordert eine Ablichtung eines deutschen Reisepasses, ausgestellt von der Botschaft in Madrid, ein Urlaubsphoto von sich und einem Kumpel auf zwei Motorrädern und so weiter.
Dann erklärt er mir, er werde das Motorrad kaufen, aber wegen seines hohen Alters die beschwerliche Reise nach Deutschland nicht selbst unternehmen, sondern eine Treuhandfirma beauftragen.

Die Regeln dieser "Treuhandfirma" wiederum besagen, dass es nur einen Weg für das Prozedere geben kann: Der Verkäufer bezahlt den Transport, der Käufer das Motorrad. Daher wollte mir der Käufer 600 Euro mehr Überweisen, als den geforderten Kaufpreis, und ich sollte die 550 Euro Transportkosten eben direkt an die Treuhandfirma bezahlen. Danach würde die Treuhandfirma den Kaufpreis bei Übernahme des Motorrades an mich entrichten.

Ich habe dem "Käufer" angeboten, ihm das Motorrad für 500 Euro persönlich nach Madrid zu transportieren. Er müsste dann die Katze nicht im Sack kaufen und würde zudem nochmal 100 Euro sparen. Seit er das abgelehnt hat, bin ich mir sicher, dass die oben verlinkte "Treuhandfirma" nicht existiert, zumal ich in keiner Suchmaschine Erfahrungen mit ihr ermitteln kann, und es auch über die Firma selbst keine Einträge gibt. Die angegebene Londoner Adresse ist die einer Markthalle. Eine Spedition mit der gleichen Buchstabenfolge gibt es zwar in New York, aber in Europa finde ich keine Referenzen. Die Identität des "Käufers" ist vermutlich sonstwie ergaunert, denn auch über den Herrn selbst finde ich nicht wirklich was im Netz ...

Ich vermute es soll so laufen:
Ich erhalte eine eMail von einem fingierten Treuhandunternehmen, dass eine Zahlung in Höhe von Kaufpreis plus Transportkosten eingegangen ist.
Dann überweise ich 550 echte Euro an dieses fiktive Unternehmen.
Und danach höre ich nie wieder was davon.

Der betriebene Aufwand um Geld zu ergaunern wird dabei immer raffinierter und ausgeklügelter.
Zuletzt geändert von fleisspelz am Do 12 Apr, 2018 09:12, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Ganoven im Internet

Beitragvon Färt » Do 12 Apr, 2018 09:10

...ist aber auch nicht neu. Man muss halt aufpassen und nicht allzu vertrauensselig sein, was mir aber manchmal schwerfällt....

Gryße
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Ich danke jedem, der zur Sache nichts zu sagen hatte und trotzdem geschwiegen hat
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Re: Ganoven im Internet

Beitragvon Therion » Do 12 Apr, 2018 09:12

Jep, alter Schmäh.
Manchmal ist auch noch das Moped plus der Überzahlungsbetrag weg.
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Re: Ganoven im Internet

Beitragvon AIAndy » Do 12 Apr, 2018 09:13

Völlig richtige Einschätzung Justus! Die Sache gibt's auch verkehrt rum..... Fahrzeug steht z.B. in Dänemark - Geld überweisen auf dubiose Verbindungen..... Kein Fahrzeug, Geld futsch....

Hast recht - nur Bares ist Wahres!

Uffpasse!
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Re: Ganoven im Internet

Beitragvon fleisspelz » Do 12 Apr, 2018 09:16

Die Methode ist eh alt. Mich hat der betriebene Aufwand überrascht:
Eine komplette Person mit Passdaten und Urlaubsbildern fingieren, eine professionelle Homepage und vermutlich ebenso professionelle Banktransfers ...
Und das dranbleiben. Das ganze läuft jetzt seit kurz vor Ostern mit ein bis zwei Mails pro Tag ...
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Re: Ganoven im Internet

Beitragvon AIAndy » Do 12 Apr, 2018 09:17

Hast halt sicher ein "lecker" Moped! :wink:
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Re: Ganoven im Internet

Beitragvon mibi » Do 12 Apr, 2018 09:21

Ähnliches habe ich andersrum erlebt. Ich sollte für ein Krad vorab die Versandkosten irgendwo hin schicken, damit mir das Fahrzeug aus Dänemark geliefert wird. So ungefähr war es wohl. Der Trigger war hier auch "Treuhandfirma".

Die Welt ist schlecht...
--
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Re: Ganoven im Internet

Beitragvon motorang » Do 12 Apr, 2018 09:23

fleisspelz hat geschrieben:Die Methode ist eh alt. Mich hat der betriebene Aufwand überrascht:
Eine komplette Person mit Passdaten und Urlaubsbildern fingieren, eine professionelle Homepage und vermutlich ebenso professionelle Banktransfers ...
Und das dranbleiben. Das ganze läuft jetzt seit kurz vor Ostern mit ein bis zwei Mails pro Tag ...


Aber halt nur einmal, bis man einen Dummen gefunden hat.
Die Person gibt es wahrscheinlich sogar wirklich, und ihr Gepäck wurde im letzten Urlaub gestohlen ...

Gryße!
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Re: Ganoven im Internet

Beitragvon Straßenschrauber » Do 12 Apr, 2018 10:29

Interessante Sache!
Im Nachhinein ist es ja leicht, es besser zu wissen.

Verdachtsmomente:
1. Firmenname auf der "contact us" Seite falsch geschrieben
2. Kein Futter für Suchmaschinen im Quelltext, das würde ein realer Gewerbetreibender wohl nicht vergessen.
3. Kennzeichen der Firmenfahrzeuge auf den Bildern unlesbar gemacht.
3. Die domain gehört laut whois einem Spanier (muß nicht die echte Identität sein, und ist auch per se erstmal nicht verdächtig).
4. Die bei der domain-Registratur angegebene email gehört zu gmx (auch das muß nicht verdächtig sein).

Viel Aufwand braucht es für so eine 08/15 Firmenseite nicht.
Sowas ist ganz schnell erstellt, da gibt' s fix und fertige Vorlagen, oder es wird eine ähnliche Firmenseite kopiert.

"Ganoven" klingt viel zu gut, finde ich.
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Re: Ganoven im Internet

Beitragvon Rei97 » Do 12 Apr, 2018 11:16

Also:
Es geht auch anders.
Ein von mir membranfrei renovierten SR Gaser war in der Bucht.
Ein Kolumbianer bat um die Zusendung , weil ich nur EU Versand anbiete.
Er sagte eine Paypalzahlung zu und tätigte sie auch.
Das Porto hat zwar fast den Wert des Gasers, aber er meinte , dass Gaser in Kolumbien nur zu horrenden Preisen zu haben seien.
So fährt nun ein zufriedener XT Fahrer mit einem membranfreien SR Gaser am anderen Ende der Welt rum.
Bei höheren Beträgen ist mein Misstrauen erheblich größer.
Motore oder ganze Huddels laufen entweder bar oder per Vorkasse oder Paypal.
Deshalb habe ich auch selten mehr als 2 Mails hin und her.
Weitere beantworte ich bei aufscheinendem Verdacht eh nicht mehr.
Regards
Rei97
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Re: Ganoven im Internet

Beitragvon Straßenschrauber » Do 12 Apr, 2018 11:27

Papypal kann auch schiefgehen.
Daher paypal "for friends", da gibt es keinen Käuferschutz, der gerne von Betrügern mißbraucht wird.
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Re: Ganoven im Internet

Beitragvon hiha » Do 12 Apr, 2018 11:45

fleisspelz hat geschrieben:Die Methode ist eh alt. Mich hat der betriebene Aufwand überrascht:
Eine komplette Person mit Passdaten und Urlaubsbildern fingieren, eine professionelle Homepage und vermutlich ebenso professionelle Banktransfers ...
Und das dranbleiben. Das ganze läuft jetzt seit kurz vor Ostern mit ein bis zwei Mails pro Tag ...

Auf die Weise können sie es als "reelle Arbeit" deklarieren und müssen kein schlechtes Gewissen haben, sich Geld ergaunert zu haben... :omg:

Hans
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Re: Ganoven im Internet

Beitragvon Straßenschrauber » Do 12 Apr, 2018 11:54

Früher hab ich ganz gerne die stories der Nigeria-Connection gelesen.
Irgendwann kennt ma's halt und es wird langweilig.
Ein Freund von mir hat damals gerne und langwierig mit solchen Leuten korrespondiert.
Teilweise waren da echte Schenkelklopfer dabei.

Auf der von Justus verlinkten Seite wird unter anderem erklärt
How cash on pickup works :omg: :-D
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Re: Ganoven im Internet

Beitragvon Richy » Do 12 Apr, 2018 12:07

Da bin ich mal auf ein Forum gestoßen, wo sich Leute in ihrer Freizeit damit beschäftigt haben, die Kapazitäten von solchen Ganoven zu binden und die Geschichten online stellten. Einfach auf solche Sachen eingehen und den Fisch am Haken spielen.
Das ging so weit, dass sie sich Bilder von den Ganoven schicken ließen unter irgendwelchen Vorwänden.
War ganz unterhaltsam, zeigte aber auch, dass hinter solchen Betrügereien oftmals ganz arme Gestalten steckten. (Soll jetzt aber nicht bedeuten, dass ich das gutheiße)...
Das beste Werkzeug ist ein Tand in des tumben Toren Hand.
(eigene Erfahrung)
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Re: Ganoven im Internet

Beitragvon ragman » Do 12 Apr, 2018 16:47

Das beste Werkzeug ist ein Tand in eines tumben Toren Hand.
(D. Düsentrieb)
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