Kleine Ölgeschichte

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Kleine Ölgeschichte

Beitragvon motorang » Do 21 Nov, 2019 18:17

Freu mich grad.
Habe meine Lektionen gelernt.

Wir haben in der Küche einen Tisch mit Naturholzoberfläche. Geölt mit Auro Hartöl. Immer wieder. Jahrelang.
Irgendwann neulich war es so weit, der alte Belag muss (samt Dreck, Kindergekritzel, Flecken und Kratzern) runter bis aufs Holz, dann neu ölen, wurde noch nie gemacht.

Schleifen? Nada. Das ist ähnlich lustig wie Spachtelmasse oder Lack schleifen, das Schleifpapier setzt sich schnell zu. Egal welche Körnung. Egal ob Schwing, Exzenter, Band oder Hand. Das gleiche mit Schleifvlies oder Schleifschwamm.
Irgendwann wollt ich nimmer Schleifpapier putzen oder ersetzen und bin mit der Klinge dran. Hei, da ging es dahin! Eine einfache Abbrechklinge aus einem Cuttermesser, lotrecht zur Fläche, und mit langen Zügen schaben ... Klinge umdrehen, schärfen oder gegen neue tauschen verbessert das Ergebnis.
Da war zum Schluss auch kein Feinschleifen mehr nötig so glatt war das. Faszinierend.

Dann ölen. Auro Hartöl. Vor dem Schlafen gehen dünn eingeölt und so lange gerieben bis nix mehr glänzte (Baumwolltuch).
Am nächsten Morgen: praktisch trocken. Hurra!

Drei Tage später: Am Wochenende kommt Besuch. Mit Kleinkind. Also gestern Abend eine zweite Ölung. Etwas Öl auf den Lappen, über den ganzen Tisch verteilt, gewischt, gerieben, schlafen gegangen. So wie beim ersten Mal.
20 Stunden später (also vorhin): der Tisch pickt. Aber richtig. War wohl doch zu viel.

Panikgegoogle. Mit Orangenschalenöl den Überstand aufweichen? Mit Terpentin das Öl entfernen? Oder schleifen und wieder von vorn? Die meisten Tipps waren sowieso für Parkett gedacht ... Keine Zeit für Fehlversuche und die nötigen Mittel eh nicht im Haus ...

Ich hab mich dann für das Naheliegende entschieden: WD-40. Geht für nix gscheit und doch für alles gut genug. Warum nicht auch hier?

Ein Haucherl aufgesprüht, ein wenig verteilt, dann gewischt. Besser. Nach einer Viertelstunde ist der Tisch wunderbar samtglänzend, riecht immer noch zu 90% nach Orange und Zitrone (wie Auro-Öl halt so riecht) und pickt nicht mehr.

Uff.

Gryße!
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Re: Kleine Ölgeschichte

Beitragvon Michiklatti » Do 21 Nov, 2019 18:24

Warum muss man dafür hartoel nehmen?
Ich kenne das nur mit leinoelfirnes.
LG Michi
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Re: Kleine Ölgeschichte

Beitragvon motorang » Do 21 Nov, 2019 18:56

Empfehlung vom Tischlerfreund Markus.
https://www.auro-naturfarben.at/index.php?a=70

Wir haben damit sehr gute Erfahrungen gemacht.

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Re: Kleine Ölgeschichte

Beitragvon Christoph » Do 21 Nov, 2019 20:30

High Andreas,
da hast Du ja quasi die Ziehklinge neu erfunden ;-)
Mehrmaliges Oelen: am besten nass in nass (je nach Oel und Temperatur können da durchaus bis zu 24 Stunden zwischen liegen)
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Re: Kleine Ölgeschichte

Beitragvon oskarklaus » Do 21 Nov, 2019 21:49

Also ich oel Tische und die Küchenarbeitsplatte immer nur mit Olivenoel, weil da schneid ich auch drauf. Muß man dann halt manchmal al halb Jahr machen.
Grüße Klaus
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Re: Kleine Ölgeschichte

Beitragvon nattes » Do 21 Nov, 2019 21:59

da hast Du ja quasi die Ziehklinge neu erfunden ;-)


...und ich hab´s mir extra verkniffen. :-D
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Re: Kleine Ölgeschichte

Beitragvon lut63 » Do 21 Nov, 2019 23:18

Ziehklinge ist ein feines Werkzeug! :smt023
Nehme für solche Anwendungen ein Tungöl
mit Orangenöl verdünnt. Dann wird es nicht
klebrig und zieht rascher ein.
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Re: Kleine Ölgeschichte

Beitragvon motorang » Fr 22 Nov, 2019 07:35

Ist mir schon klar das mit der Klinge :D
Hab ich auch im Modellbau ziemlich intensiv verwendet als ich noch in der Architektur unterwegs war (weiße Kunststoffmodelle, ätherverklebt).
Und (schlechte Erinnerungen) zum Tusche radieren auf Transparentpapier mit der Rasierklinge.

Nur fürs Tischplatte "abschleifen" war es zumindest mir bisher nicht in den Sinn gekommen.

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Re: Kleine Ölgeschichte

Beitragvon Christoph » Fr 22 Nov, 2019 11:00

High Andreas,
ich wollte Dir damit keinesfalls zu nahetreten :-D
Die Arbeitsproben in der Ausbildung durften wir nicht schleifen, sondern ausschliesslich mit Putzhobel und Ziehklinge glätten. Ne richtige Ziehklinge ist einem Kuttermesser gar noch etwas überlegen, da sie mehr schneidet als schabt (die eigentliche Schneide bei der Ziehklinge ist ja der angeriebene Grat, der rechtwinklig zur Klinge steht)
Nix gegen Schleifpapier, aber für manche Anwendungen ist die Zieklinge halt überlegen und zu Unrecht vielzusehr in Vergessenheit geraten.
Und wie so oft: den einen ists so selbstverständlich, dass sie es gar nicht weiter erwähnen, so dass es allmählich tatsächlich vergessen wird ...
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Re: Kleine Ölgeschichte

Beitragvon nattes » Fr 22 Nov, 2019 11:22

Mit der Ziehklinge kommt man auch besonders gut in Ecken und Winkeln. Deshalb ist sie bei Möbelrestauratoren sehr beliebt. Ich hab auch noch irgendwo eine. :-)
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Re: Kleine Ölgeschichte

Beitragvon motorang » Fr 22 Nov, 2019 11:30

So eine Ausbildung hab ich eh nicht :D
Lerning by doing halt
Aber ich werd mir wohl doch wieder mal Werkzeug kaufen müssen. Die Küchenarbeitsfläche harrt ja auch noch der Renovierung.
Man spürt es schon in den Fingerchen wenn man mit ungeeignetem (zu kleinen) Werkzeug arbeiten muss ...
Da gibt es ja ganz interessante Formen!
https://www.feinewerkzeuge.de/zieh.html

Danke für die sachdienlichen Hinweise an alle! Das mit dem Ziehklinge schleifen krieg ich hin
@lut63 Auch in Richtung Tungöl werde ich mal forschen, weil das Auro-Zeugl ist nicht billig ... welches Mischungsverhältnis ist da empfehlenswert?

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PS wahrscheinlich geht auch ein altes Sägeblatt, wenn man dem Recyclinggedanken folgen mag.
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Re: Kleine Ölgeschichte

Beitragvon lut63 » Sa 23 Nov, 2019 20:43

Verdünne das Tungöl meist mit Orangenöl ( ca. 5 - 10%, nach Gfühl, Holzart,...) damit es rascher und tiefer eindringt.
Dann wird es nicht so klebrig und kann rascher genutzt werden.Und riecht anfangs recht intensiv.
Ist zwar auch nicht billig, aber ergiebig.
Beziehe es vom Vertrauenstischler ( der ist aber sehr viel unterwegs :( "reise-ecke.at" )
oder vom Dictum.

Grüße vom
Holzschuppen
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Re: Kleine Ölgeschichte

Beitragvon heiligekuh79 » Mi 27 Nov, 2019 18:53

die sache mit der ziehklinge fand ich interessant. die kannte ich noch nicht und deshalb habe ich mir im örtlichen handel für recht kleines geld eine besorgt.
in einem holzhaus gibt es immer mal wieder stellen zu glätten.
kater max wetzt sich seine krallen seit 13 jahren an den türzargen und ich wollte das schon immer mal etwas glatt schleifen, habe es aber aus zeitmangel, mangelndem interesse und wegen der rillen, in die ich mit der schleifmaschine sowieso nicht rein komme, gelassen.
einhändig ist das alles etwas schwierig, aber mit schraubstock, schleifstein und feile ließ sich die klinge schärfen und ein grat erzeugen.
die handhabung ist überraschend einfach. den profi würde es zwar grausen, aber eine türzarge ist wieder glatt, wie ein kinderpopo. auch mit der schleifmaschine für die kleinen, 3-eckigen schleif-pads, hätte ich das nicht hin bekommen.
max hat mein tun aufmerksam verfolgt. während ich das werkzeug aufräumte, hat er sich sofort daran gemacht, der ursprünglichen zustand der türzarge wieder herzustellen. die krallen sind jetzt geschärft und meine arbeit war für die katz :omg:
immerhin habe ich wieder etwas gelernt. ich glaube, die ziehklinge und ich, wir werden freunde. :smt023
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Re: Kleine Ölgeschichte

Beitragvon Christoph » Do 28 Nov, 2019 09:12

:smt023
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Re: Kleine Ölgeschichte

Beitragvon T. » Do 28 Nov, 2019 09:22

Es es nie zu spät was dazu lernen.... :-D ....auch wenn's für die Katz is...
T.Bild
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