von Maybach » Sa 07 Dez, 2019 20:59
Es ist wie so häufig eben nicht so einfach. Ich versuche das mal als bekennender Jäger möglichst verständlich aufzudröseln.
1. Die genannte "Sicherung von Pfründen" ist es nicht, sondern in der Tat geht es um Sicherung des Waldes als a) Holzlieferant und b) Bannwald. Letzteres ist in der Tat wichtig und vielen Leuten eher nicht geläufig. Ein von Schälschäden geschwächter Wald kann dies nicht auf Dauer leisten. Dann gehen auch im Gebirge Siedlungsflächen im Tal verloren. Das mag in vielen Fällen verschermzbar erscheinen, in Regionen mit großem Populationszuwachs wie etwa in Tirol ist es das eben nicht. Richtig ist hingegen, dass das Heranzüchten von möglichst opulenten Wildbeständen auch nicht hilfreich ist. Aber das ist - zumindest in Tirol - Vergangenheit.
2. Um Schälschäden zu verringern (ganz ausschließen kann man das nie!), muss eben auch Wild geschossen werden. Dies geschieht im Rahmen eine Abschußplans, den Forst und Jagd gemeinsam aufstellen und der dann von der Behörde verbindlich erlassen wird. Es mag einem Wanderer, Radfahrer oder Downhiller nicht geläufig sein, aber die vermehrte Nutzung des Waldes als Freizeitplattform führt nun mal dazu, dass sich das Wild zurückzieht und eher nachtaktiv oder zumindest sehr "heimlich" ist. Das wiederum führt dazu, dass wir gar nicht mehr schießen dürfen, weil die Schußzeiten von "eine Stunde vor Sonnenaufgang bis eine Stunden nach Sonnenuntergang" laufen. Das macht auch Sinn, weil wir in der Dunkelheit Wild gar nicht mehr genau ansprechen können - aber eben genau dies ist wichtig, damit wir den Altersaufbau nicht zerstören oder aber kranke oder schwache Tiere herausfiltern können. Und ich bin der festen Überzeugung, dass wir nicht wie eine Sondereinsatzformation mit Nachsichtgeräten oder Wärmenbildgeräten auf die Jagd gehen sollten. Ich weiß wohl, dass das Erlegen von Wild in vielen Menschen negative Assoziationen hervorruft. Und ich kenne auch keinen Jäger, dem dieses Töten a priori Freude macht (Hegeabschüsse ausgenommen). Aber es ist eben notwendig. Was mir dabei sauer aufstößt ist die Tatsache, dass viele Kritiker der Jagd problemlos eingeschweißtes Fleisch aus dem Schlachthof und aus Massentierhaltung an der Supermarkttheke einkaufen, gerne auch nach dem Prinzip "je billiger je besser". Waren die mal in einem Schlachthof? Meist nicht! Ich habe mir das ganz bewußt mal angesehen - und es war abschreckend.
3. Die Präpotenz mancher Nutzer des Waldes, gerne auch auf Mountainbikes, ist auch recht "beeindruckend". Ich habe es erlebt, wie ein Aufsichtsjäger, der auf einer gesperrten Straße Radler darauf hingewiesen hat, dass dies hier nicht statthaft sei, die Antwort erhielt, dass es ja auch ganz leicht sein könne, dass er in einem Auto über die Böschung herunterkugeln könne.
Die Liste ließe sich fortsetzen.
Ich sehe mich als Jäger SEHR der Natur und der Kreatur verbunden, auch wenn ich in wenigenn Fällen pro Jahr Tiere bewußt schieße, sie also töte. Diese Tiere hören den Schußknall gar nicht mehr, hatten bis zu diesem Zeitpunkt ein chemiefreies und schönes, artgerechtes Leben und werden komplett verwertet, sprich aufgegessen. Einige der Foristi haben davon auch schon - hoffentlich vom Geschmack angetan - genossen. Ich spreche auch mit Menschen, die mir zum Teil Abschüsse durch ihr Verhalten wenige Minuten zuvor unmöglich gemacht haben und mache immer wieder die Erfahrung, dass es in der Regel vollkommenes Unwissen ist, was mir da entgegenkommt. Erst vor kurzem zum Beispiel habe ich einer jungen Frau, die ihre beiden Hunde frei laufen ließ, einfach mal die Bilder von einem Hunderiss gezeigt, den ich rund 10 Tage zuvor im Revier gemacht habe. Das sieht nicht schön aus und bei ihr glaube ich auch Verständnis eerzeugt zu haben. Oder die Oma mit Enkel aus dem Sauerland, die mich im Anblick eines geschossenen Murmels als "den bösen Mann, der die Katze totgemacht hat" vor ihrem Enkel bezeichnete, die ich dann fragte, ob es ihr lieber wäre, wenn wir Jungrinder einen Gnadenschuss geben müssen, weil sie sich die Vorderläufe beim Durchbruch in einen Murmelgang gebrochen haben, hat sie glaube ich verstanden, warum eben auch diese putzigen Tiere reduziert werden müssen auf ein vernünftiges Maß. Oder der Mountainbiker, der - sportlich sehr beeindruckend! - auf 2500 m eine Bremsspur von 30 m hinterließ bis auf den Felsen, wo Humusbildung rund 100 Jahre länger dauert als im Tal, wenn denn nach dem nächsten Regen überhaupt noch etwas davon übrig ist. Und meist finde ich erstaunte Gesichter, wenn ich den Menschen mitteilen muss, dass wir Jäger, wenn wir unseren Abschussplan nicht erfüllen, für die nicht geschossenen Tiere auch noch Strafe zahlen.
Also: die Nutzung im Wald ist einfach ein wenig komplexer als die schlichte Feststellung, dass man da ja machen könne was man wolle und dass einem da alles "wurscht" sein könne. Diese Haltung ist ebenso wenig hilfreich wie diejenige von Grünkitteln, die sich die Mühe nicht machen, zu erklären, warum ihr Tun für den Wald halt auch wichtig ist.
So, das ist jetzt länger geworden, aber es scheint notwendig.
Maybach