Geschichten aus der Technik

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Re: Geschichten aus der Technik

Beitragvon Wauschi » So 14 Mai, 2023 10:31

Ich glaub das Ende der Technikgeschichte endet bei E-Mobilität und KI... selbstfahrend natürlich...
Mich Interessieren kuriose, geniale aspekte der Technik, die, obwohl sie die Welt verändert haben, niemand kennt.

Im Bezug auf E-Mobilität finde ich nur das Press-Release von Ford erwähnenswert:
Über die NY-Times lies Ford verkünden, dass ab nächstes Jahr nur noch E-Autos gebaut werden!

.... das war 1914 ....

Aber du hast recht, über E-Mobilität habe ich auch mal was notiert.
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Re: Geschichten aus der Technik

Beitragvon Zimmi » So 14 Mai, 2023 10:35

Wauschi hat geschrieben:Hier ein ziemlich cooles Video.
https://youtu.be/C3p55J-VA5k
Die Kanone hat der nur, damit das Gefährt nicht vorne überfällt.


Krasses Gefährt. Sehr nebulöses Fahren... ;)
Einen Kommentar zu dem Video fand ich genial: "Cugnot used to deliver whiskey.  After he built this, people discovered how good mature whiskey is." :smt005
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Re: Geschichten aus der Technik

Beitragvon Wauschi » So 14 Mai, 2023 10:39

Cugnot used to deliver whiskey.
Super Geschichte, bin aber ziemlich sicher das vom Militär finanzierte Fahrzeug in den 1700ern in Frankreich, hat nie Whisky gesehen.
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Re: Geschichten aus der Technik

Beitragvon Wauschi » So 14 Mai, 2023 10:42

Bei Recherchen zum "Der Red Flag Act" bin ich über folgende Kuriosität gestolpert: Der Merchandise Marks Act
“Made in Germany” musste als Warnung für Fake und schlechte Qualität aufgedruckt werden!

https://en.wikipedia.org/wiki/Merchandise_Marks_Act_1887
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Re: Geschichten aus der Technik

Beitragvon Zimmi » So 14 Mai, 2023 12:25

Wauschi hat geschrieben:hat nie Whisky gesehen.

Eh kloar. :D
"...und ist's nicht wahr, so ist's doch schön erfunden." ;)
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Re: Geschichten aus der Technik

Beitragvon Aynchel » So 14 Mai, 2023 15:23

Wauschi hat geschrieben:Bei Recherchen zum "Der Red Flag Act" bin ich über folgende Kuriosität gestolpert: Der Merchandise Marks Act
“Made in Germany” musste als Warnung für Fake und schlechte Qualität aufgedruckt werden!

https://en.wikipedia.org/wiki/Merchandise_Marks_Act_1887


https://de.wikipedia.org/wiki/Made_in_G ... Geschichte
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ich könnte die BIG auch mit 5,5l daher fahren, aber das wäre Spritverschwendung ;-)
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Re: Geschichten aus der Technik

Beitragvon Wauschi » Mo 15 Mai, 2023 10:19

Nachdem ich die Geschichte vom Reithmann-Motor recherchiert hatte, wollte ich auch mehr über den Diesel wissen und habe mir folgendes notiert.

Im Ärmelkanal herrscht am 10. Oktober 1913 raue See, als die Besatzung des niederländischen Lotsenbootes Coertsen eine Leiche eines Mannes aus dem Wasser zieht - und aufgrund der starken Verwesung wieder über Bord wirft. Einige der Leiche abgenommene Gegenstände können eindeutig Rudolf Christian Karl Diesel, der fast zwei Wochen zuvor nach einer Überfahrt nach England vermisst gemeldet wurde, zugeschrieben werden.

Nur wenige Menschen zuvor haben die Welt durch seine Erfindungen so verändert wie Rudolf Diesel, der schon 1893 ein Patent für „Arbeitsverfahren und Ausführungsart für Verbrennungskraftmaschinen“ erhielt. Dieses erste Patent beschreibt aber nicht das heutige Dieselprinzip, sondern Diesels Ausgangsidee. Diese bestand in einer „idealen Wärmekraftmaschine“ nach der Theorie des idealen Kreisprozesses von Sadi Carnot. Vor dem Hintergrund des damals herrschenden Standes der Technik wurde die Machbarkeit aus praktischer Sicht angezweifelt. Insbesondere die von Diesel zuerst berechneten hohen Drücke galten als nicht beherrschbar.

Nach dem Patent veröffentlichte Diesel eifrig seine Idee “Theorie und Konstruktion eines rationellen Wärmemotors", welches ihm die Türen zur Maschinenfabrik Augsburg (aus der 1908 die Firma MAN AG hervorging) öffnete. Mit der finanziellen Spritze von Friedrich Krupp und der Maschinenfabrik gelang es ihm 1894 den ersten Diesel zum Laufen zu bringen. Sein Wirkungsgrad von 26,2 Prozent war noch bescheiden und die Industrialisierung dauerte statt einem halben Jahr vier Jahre. Die Gründung der Dieselmotorenfabrik Augsburg 1998 versetzte der Dampfmaschine den endgültigen Todesstoß.

Im Zuge seines Werbefeldzug für seinen Motor erklärte Diesel im Monatsblatt Technik und Wirtschaft:

Dieselschiffe besitzen eine wesentlich größere Reichweite bei gleichem Gewicht des jeweils eingesetzten Brennstoffes:

… Der Verbrauch an Brennstoff im Dieselmotor ist so gering, dass die gleiche Maschinenleistung mit dem 15. Teil des Gewichtes wie bei Verfeuerung von Holz in Dampfmaschinen erreicht wird; wenn also ein heutiges Kongo-Dampfschiff mit 15 t Holz 10 Stunden weit fahren kann, so kann es als Dieselschiff mit ebenfalls 15 t Brennstoff 150 Stunden oder 15 mal so weit fahren…

Rudolf Diesel arbeitete 1896/97 vorübergehend auch in der Leobersdorfer Maschinenfabrik, um den Dieselmotor in Österreich-Ungarn einzuführen. Die GRAZ genannte Grazer Waggonfabrik erwarb schon 1899 eine Lizenz von Diesel und begann als erste Fabrik Österreichs Dieselmotore herzustellen. In dieser Grazer Waggonfabrik arbeitete später auch der junge Ingenieur Hans List an der “Regulierung von Dieselmotoren”. Basierend auf dem sich angeeigneten Wissen über Dieselmotoren gründete 1948 Hans List in Graz ein Ingenieurbüro aus dem später die "Anstalt für Verbrennungsmotoren Prof. Dr. h.c. H. List", kurz AVL hervorging. Die AVL entwickelte sich zum größten auf privatwirtschaftlicher Basis betriebenen Motorenforschungs- und Entwicklungsinstitut seiner Art.

Warum ist der Diesel jetzt so super?
Zum einen hat Dieseltreibstoff eine höhere Dichte und dementsprechend höheres Gewicht, einfacher gesagt mehr Kohlenwasserstoff-Moleküle pro Liter als Benzin. (Benzin 8,9 kWh/l und Diesel 9,8 kWh/l) Unter dem Strich steckt in einem Liter Diesel etwa 20 Prozent mehr Energie als in einem Liter Benzin. Ein anderer Grund für die Sparsamkeit ist der unterschiedlich hohe Wirkungsgrad der beiden Motorenarten. Benziner haben mit etwa 35 bis 37 Prozent einen deutlich geringeren Wirkungsgrad als die Selbstzünder-Variante, die es auf rund 45 Prozent bringt. Der Diesel strahlt weniger Wärme ab als ein Benziner. Ein weiterer Vorteil des Diesels ist der enorme Verdichtungsdruck von 30 bis 60 bar und den damit verbundene Expansionsdruck, der im Gegensatz zu 12 bis 19 bar beim Benziner klar die Nase vorn hat.

Im Februar 1936 – rund 50 Jahre nach der Erfindung des Automobils – stellte Mercedes-Benz den ersten serienmäßig produzierten Diesel-Personenwagen auf der Internationalen Motorrad- und Automobilausstellung in Berlin vor. Der Mercedes-Benz 260 D ist revolutionär. Sein 2,6-Liter-Vierzylindermotor leistet 45 PS und verbraucht statt 13 Liter Benzin nur 9 Liter Diesel.
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Re: Geschichten aus der Technik

Beitragvon Wauschi » Mi 17 Mai, 2023 14:16

Natürlich habe ich mir auch mal Notizen zum E-Auto gemacht und auch dort Kuriositäten entdeckt.

Das Synonym 9/11 ist jedem ein Begriff. Am 11. September veröffentlicht Ford bisher geheime, interne Pläne in der New York Times:
„Innerhalb eines Jahres werden wir mit der Herstellung eines Elektroautos beginnen!”
Ford führt im Artikel weiter aus: „Tatsache ist, wir arbeiten seit einigen Jahren an einem Elektroauto, das billig und praktikabel ist.”

Die Aussage kommt nicht von Elon Musk, der versucht das Establishment zu stören, die Aussage kommt am 11. September 1914 direkt vom Establishment, der mächtigsten Person der Automobilindustrie, Henry Ford. Mit den Worten: „Wir sind jetzt zufrieden, dass der Weg zum Erfolg frei ist.'', schließt er den Artikel ab. Mit “Wir” hatte Henry Ford seinen Freund Thomas A. Edison gemeint, von dem er für sein Elektroauto Projekt gleich 100.000 Batterien kaufte.

Das war vor mehr als einem Jahrhundert. Was hat hundert Jahre bis zur wirklichen Einführung von Elektroautos gedauert? Warum scheiterte die brillante Idee von den mächtigsten Leuten der damaligen Zeit? Zu Beginn des 20. Jahrhunderts begannen sich Automobile einen Namen zu machen, ich meine “pferdelose Kutschen” begannen sich durchzusetzen. Wie auch heute, liefen schon damals emotionale Debatten über die Wahl des richtigen Antriebs. Wasserstoff stand damals zwar noch nicht zur Diskussion, dafür jedoch Wasserdampf.

Die Geschichte des Elektroautos begann nicht erst mit der kurzen Anekdote von Henry Ford, sie begann schon Mitte des 19. Jahrhunderts, vermutlich zwischen 1832 und 1839. Damals entwickelte der schottische Erfinder Robert Anderson in Aberdeen, das erste Elektrofahrzeug. Etwas nach dem Schotten, im Jahre 1866, brütete der Amerikaner Francis Curtis über eine ähnlich interessante Idee, nur mit einem komplett anderen Ansatz. Sein Freund, der Feuerwehrhauptmann, transportierte das Wasser im Löschwagen damals mit Pferden. Für Curtis lag es nahe, Wasser mit einer Dampfmaschine zu transportieren. Im Daily Harald wurde das Fahrzeug als "selbstständig und unabhängig, als wäre es ein Lebewesen" beschrieben.

Als Curtis mit seiner Erfindung durch die Nachbarschaft fuhr, riefen diese wegen Lärmbelästigung die Polizei. Als die Polizei anrückte, drückt Curtis den den Gashebel nach vorne, schon ist die erste Verfolgungsjagd der Geschichte im Gange. Die Polizei zu Fuß und Curtis im Feuerwehr-Fluchtwagen. Der Bau und Betrieb des dampfbetriebenen Vehikel wurde Cutis daraufhin verboten.

Dampfbetriebene Automobile setzten sich damals nicht durch, da das Aufheizen sehr lange dauerte und die Reichweite durch das mitgeführte Wasser begrenzt war. Somit standen Benzinbetriebene und elektrisch betriebene Fahrzeuge Anfang des 20. Jahrhunderts auf gleich. Vor allem in Städten wurden Autos nun immer häufiger gesehen. Während des ersten Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts waren die Verkäufe von Elektroautos und Benzinautos ziemlich gleichauf.

Das erste bekannte deutsche Elektroauto erschien erst 1888, der Flocken Elektrowagen. In Österreich erschien der erste elektrische Wagen erst 1898, der Geburtsstunde des Porsche. Der vom talentierte Erfinder Ferdinand Porsche entwickelte Elektrowagen leistete bis zu 5 PS, konnte mittels zwölf Fahrstufen bis zu 35 km/h schnell fahren und hatte eine sensationelle Reichweite von 80 km.

Benzinautos hatten damals einen wesentlichen Nachteil, sie mussten mit einer Handkurbel gestartet werden. Wie damals oft in den schwarz-weiss Filmen zu sehen, musste der Fahrer zum Starten des Fahrzeugs zuerst das Gas und den Joke einstellen, die Zündung einschalten, nach vorne gehen und mit einer schweren Kurbel den Motor so stark als möglich drehen um ihn in Gang zu setzen. Das Starten war nicht nur umständlich, bedurfte einiges an Know-how, sondern kostete auch viel Kraft und war auch gefährlich. Oft startete der Motor in die falsche Richtung, schlug zurück und brach einem den Arm oder noch schlimmer.

All diese Nachteile hatten damals elektrische Autos nicht. Sie mussten nicht gestartet werden, stanken nicht und waren lautlos. Das verschaffte Elektroautos die frühe Führung im Rennen gegen Benziner. Tatsächlich waren die Elektroautos so leise, dass sich die Leute darüber beschwerten. 1908 wurde jemand sogar von einem dieser lautlosen Elektrofahrzeugen angefahren und getötet.

In der Bedienungsanleitungen eines Elektroautos hieß es: „Beim leisen Elektroauto sei besondere Vorsicht geboten, um Fußgänger nicht zu überfahren.“ Einige Städte begannen, Bestimmungen für die Lautstärke von Fahrzeugen zu verabschieden. Genauer betrachtet waren diese Anforderung nichts besonderes, Glocken auf Pferdeschlitten waren vielerorts bereits Pflicht.

Für den Erfinder Thomas Edison, war die Zukunft des Autos klar: Strom ist die Zukunft. Kein Dröhnen des Verbrennungsmotors, keine verwirrenden Hebel, kein Rattern der Zahnräder und kein Gestank von Benzin und Abgasen. Die Sterne für das Elektroauto standen also gut, zumindest bis zum 10. Dezember 1914. An diesem Abend brach im Labor von Edison aus unerfindlichen Gründen ein Feuer aus, fegte durch das Bürogebäude und bedrohte das Labor zu vernichten. Edison und seine Leute begannen hektisch die wertvolle Arbeit zu sichern und alles Explosive aus den Flammen zu entfernen. Am nächsten Tag lag ein Großteil des Komplexes in Trümmern, viele wertvolle Arbeiten waren zerstört. Dazu kamen noch Probleme mit den an Ford gelieferten Batterien.

Die von Henry Ford bereits gekauften Nickel-Eisen-Batterien für die angekündigte Einführung des Elektroautos erbrachten aufgrund des hohen Innenwiderstandes nicht die erhoffte Leistung und Reichweite. Hält man sich auch vor Augen, dass Ford zwischen 1913 und 1927 rund 15 Millionen seiner Model T Wagen verkaufte und Henry Ford mit umgerechnet 200 Milliarden Dollar Vermögen ein angenehm wohlhabender Mann war, kann man sich vorstellen, dass seine Motivation für Innovationen in diesem Bezug eher verhalten war. Als Ford-Ingenieure in den Prototypen die schlechten Batterien von Edison durch Blei-Säure Batterien ersetzen, beendet Ford das Projekt.

Anders als erwartet war nicht die unzureichende Zuverlässigkeit, Schmutz und Gestank die dem Verbrennungsmotor am Durchbruch hinderten. Der folgende Vorfall veranschaulicht das damals wirkliche Problem mit dem Verbrennungsmotor. Als im Jahr 1908 eine Frau mitten auf der Belle-Isle-Brücke in Detroit eine Panne hat, bleibt ein hilfsbereiter Herr namens Byron Carter stehen, um Hilfe zu leisten. Carter ist nicht nur sehr autoaffin, er war ein Autopionier und Gründer seiner eigenen Autofirma der Cartercar Company.

Um damals Autos zum Laufen zu bringen, musste man diese mit einer Kurbel starten. Das hört sich einfach an, aber konkret: Zuerst musste man bei gezogenem Choke den Motor mit der Handkurbel (vorne unter dem Kühler) so oft durchdrehen, bis durch den angesaugten Treibstoff der Vergaser überlief. Zum Starten war die Zündung auf Batterie und „spät“ zu stellen, zu frühe Zündung würde den Motor in die falsche Richtung starten und die Knochen verbiegen. Nun konnte der Motor mit der Kurbel durchgedreht werden, bis er ansprang und von selbst lief. Kaum gestartet war die Zündung auf “früh” und “Magnet” zu stellen und Choke und Gas für den jetzt laufenden Motor zu regulieren - fertig, sonst nichts.

Carter nimmt also die Kurbel, kniet sich vor das Fahrzeug, steckt die Kurbel in den Motor und dreht die Kurbel. Der Motor zündet schlagartig, Carter kann nicht schnell genug ausweichen. Die Kurbel schlägt Carter ins Gesicht und zertrümmert ihm das Kiefer. Am 6. August 1908 stirbt er an den Folgen seiner Verletzungen. Byron Carter war in der Autoszene nicht nur gut vernetzt, er war auch enger Freund von Henry Leland, dem Gründer von Cadillac.

Leland war so verzweifelt über den Tod seines Freundes, dass er beschloss, die Handkurbeln aus seinen Fahrzeugen zu verbannen. Leland beauftragt Charles Kettering mit der Entwicklung eines selbststartenden Autos der schon im Sommer 1911 im Patentamt folgende Erfindung einreichte:

An alle, die es betreffen mag:

Es sei bekannt, dass ich, Charles F. Kettering, ein Bürger der Vereinigten Staaten, wohnhaft in Dayton, Grafschaft Montgomery, Bundesstaat Ohio, bestimmte neue und nützliche Verbesserungen bei Motorstartvorrichtungen erfunden habe…

Die Bearbeitung von Ketterings Antrag Patentantrag für einen Elektrostarter dauerte drei Jahre und wurde schließlich am 17. August 1915 erteilt, im derselben Monat in dem Henry Ford sein Elektroautoprogramm eingestellte. Die Erfindung war klein genug, um in die Handfläche zu passen, die Komponenten dafür kosteten nur ein paar Dollar. Der Elektrostarter beseitigte das größte Hindernis für die breite Akzeptanz des Verbrennungsmotors. Er beseitigte das lästige Kurbeln und all die zertrümmerten Knöchel, Arme und Gebisse, die damit einhergingen. Charles Kettering verhalf mit dieser kleinen Erfindung dem Verbrennungsmotor zum Durchbruch.

Das erste kurbellose Auto der Welt war das Cadillac-Modell 30, eines der leistungsstärksten Autos der Welt. Die enorme Leistung des Cadillac stellte die Entwickler vor neue Herausforderungen, die nicht nur zur Einführung der Oktanzahl führte, sondern die gesamte Welt nachhaltig veränderte. Wieder spielt Charles Kettering, der Erfinder des Starters, eine entscheidende Rolle. Kettering engagierte 1916 den schlimmsten Erfinder aller Zeiten, Thomas Midgley, in seinem Labor. Midgley verursacht mit seinen Erfindungen bei Mensch und Natur so viel Schaden, er wird von einigen als schlimmster Mörder der Geschichte noch vor Hitler oder Starling gereiht. Midgley verdient damit in der Automobilgeschichte ein eigenes Kapitel.

Zum Abschluss noch ein kleines Detail am Rande: Katterings Starter war gleichzeitig der Generator für den Strom. Sein Starter-Generator ist eine Erfindung, die 100 Jahre später bei den Hybridfahrzeugen wieder als Innovation eingeführt wurde.
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Re: Geschichten aus der Technik

Beitragvon Wauschi » Do 25 Mai, 2023 08:10

Noch eine kleine Kuriosität über die ich mal gestolpert bin, der Red Flag Act.

Die sich anbahnende, schnelle und effiziente Art Leute und Waren zu transportieren war aber schon lange vor der Erfindung des Motorwagen der englische Post und Bahn-Lobby ein Dorn im Auge. Der Lobby schlotterten die Knie, sie hatten Angst mittelfristig, vom Automobil aus dem Markt gedrängt zu werden und Umsätze zu verlieren. Die erfolgreiche Lobbyarbeit führte im Vereinigten Königreich zu einer Reihe von Gesetzen. Das kurioseste davon war der Locomotive Act von 1865, besser bekannt als "Red Flag Act". Das Gesetz limitierte die Geschwindigkeit der Autos auf rund 6 km/h überland und ungefähr 3 km/h in der Stadt, was langsamer als Schrittgeschwindigkeit ist. Außerdem wurde eine dreiköpfige Besatzung für den Betrieb eines Fahrzeugs vorgeschrieben - ein Fahrer, ein Maschinist und ein Mann, der vorne ging und eine rote Flagge schwenkte. Glücklicherweise wurden die Beschränkungen der Höchstgeschwindigkeit 1896 auf etwa 23 km/h angehoben.

Wie damals die Geschwindigkeit gemessen wurde, kann ich nicht sagen. Erst 1902 entwickelte der Erfinder Otto Schulze den sogenannten Wirbelstrom-Tachometer für Automobile. Noch eine Kuriosität der frühen Tage: Um die Jahrhundert­wende gab es Tachos mit einer zweiten, viel größeren Anzeige außen am Fahrzeug. Das Auge des Gesetzes konnte so die Geschwindigkeit selbst aus der Ferne im Blick behalten.

Auch die Stadt Wien erkannte schon bald die bevorstehende Mobilitätswelle und verabschiedete noch vor dem Red Flag Act 1858 per Gesetz die erste Geschwindigkeitsbeschränkung. Von nun an war im gesamten Stadtgebiet nur noch der „kleine Trab“ erlaubt. Mit welchem Radargerät das gemessen wurde, ist mir nicht bekannt.
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Re: Geschichten aus der Technik

Beitragvon Wauschi » So 02 Jul, 2023 08:32

Da es in der Industrie immer um geringere Kosten, und um sonst nichts geht, gefällt mir diese Geschichte besonders: Die Komponente Mensch.

Auch wenn dir mal jemand sagt, du bist wertlos, stimmt das nicht ganz. Du bist lediglich weniger als $2,44 USD wert! Schauen wir uns das mal genauer an.

Connie und Robert McGee waren 1991 zum Urlaub mit den beiden Kindern Kelly und Shane in Florida unterwegs. Als sie mit ihrem Oldsmobile an einer Mautstation hielten, bemerkte die elfjährige Kelly einen leichten Ruck. Ihr Vater Robert meine, jemand hat wohl nicht richtig angehalten und deren Auto etwas angestupst. Der Anhänger eines nachkommenden LKWs hatte sich gelöst, selbständig gemacht und mit der Anhängekupplung den Tank des Oldsmobile touchiert.

Augenblicklich verwandelte sich das Auto in einen gewaltigen Feuerball, in dem die Familie gefangen war. Der Familie gelang es, sich mit schweren Verbrennungen aus dem brennenden Auto zu retten, nur der dreizehnjährige Shane fehlte. Shane war angegurtet und konnte sich nicht selbst befreien. Trotz ihrer eigenen Verbrennungen befreite die Familie schließlich auch Shane aus dem Inferno. Die Rettung dauerte leider sehr lange. Die Haare, Kleider und sogar die Gesichtszüge von Shane waren bis zur Unkenntlichkeit verkohlt. Shane war nur noch an seiner Zahnspange zu erkennen. Als der Hubschrauber Shane im Krankenhaus einlieferte, fehlten dem Notarzt die Worte. Noch nie hatte er einen derart verbrannten Körper lebendig gesehen. Der Arzt war ehrlich zu Shane. Er beugte sich über den Jungen und erklärte ihm, dass er sterben würde. Shanes Augen und Stimmbänder waren verbrannt, er konnte nicht direkt antworten doch verstand seine Situation und nickte zustimmend. Zwei Stunden später war Shane tot.

Unerwarteterweise verklagte die Familie nicht den LKW Fahrer, sie verklagten General Motors. Nach deren Ansicht würde GM potentiell gefährliche Fahrzeug in den Umlauf bringen. Ein früherer GM Ingenieur, John Marcosky, wurde beauftragt, den Fall zu bewerten. Sein Ergebnis, der Tank war aus besonders dünnem Blech gebaut und seine Position zwischen Stoßstange und Achse war eine klare Fehlkonstruktion. Die Kosten, das Problem zu beheben, würden durchschnittlich $8,59 pro Fahrzeug kosten. Im Verfahren wurde der ebenfalls frühere GM-Mitarbeiter und Sachverständige Ronald Elwell hinzugezogen. Elwell hatte schon in den 1970er Jahren begonnen, Fahrzeugbrände zu untersuchen. Obwohl er nach hunderten Untersuchungen alle Schwachstellen von Tanks belegen konnte, gelang es ihm im Unternehmen nicht, höhere Entwicklungsstandards durchzusetzen, ganz im Gegenteil. Das GM Management wies die Konstrukteure explizit an, keinen Cent mehr als notwendig für sichere Tanks auszugeben.

Eines Tages lag ein unscheinbarer, brauner Umschlag, ein Memo, von einem anderen GM Ingenieur, dem jungen Edward Ivey, auf Elwells Tisch: "Value Analysis of Auto Fuel Fed Fire Related Fatalities.", frei übersetzt “Wertanalyse für verbrannte Autounfallopfer.”. Elwell war schockiert. Erfolglos hatte er versucht, sichere Tanks im Unternehmen durchzusetzen, stattdessen hatte das Management eine Studie in Auftrag gegeben. Ivey hatte untersucht, wie viel ein verbrannter und vermutlich unzufriedener Kunde dem Unternehmen kosten würde.

In dem Memo verknüpfte Ivey nüchtern und sachlich folgende Fakten:
Durchschnittlich fangen pro Jahr 500 Fahrzeuge Feuer. 500 bis 1000 brennende Fahrzeuge pro Jahr waren keine Schätzung, sondern über Jahre gesammelte Erfahrung.
Der durchschnittlich ausbezahlte Schadenersatz pro verbrannter Person war 200.000.- USD.
Anzahl der GM Fahrzeuge 41.000.000 Stück

Nimmt man den Schadenersatz von 100.000.000 USD und teilt diesen auf die Fahrzeuge auf, kommt man auf 2,44 USD Schadenersatz pro Fahrzeug (41.000.000/500 x $200.000 = 2,44USD). Die Verbesserung des Designs würden 41.000.000 x $8.59.- = 352.190.000.- kosten. Das Unternehmen spart also 252.190.000.- USD, wenn sie 500 Personen pro Jahr verbrennen lassen. Eine ganz einfache Rechnung.

Nach dem verlorenen Prozess bemühte sich GM natürlich, ähnliche Vorfälle zu verhindern - aber nicht durch verbessertes Design. GM beauftragte sechs Anwaltskanzleien, deren Akten nach verfänglichen Dokumenten wie dem Ivey-Memo zu durchforsten. Ein Stab von Anwälten war billiger als eine verbesserte Konstruktion.

Wer denkt, bei dem Vorfall würde es sich um einen Einzelfall handeln, täuscht sich. Der 1971 Ford Pinto war noch schlimmer. Bei einem Heckschaden spritzte das Benzin aus dem Tank auf die Insassen und entzündete sich. GM sparte in den 2010er Jahren einige Cent beim Zündschloss ein, was zum Ausfall der Zündung führte. Ohne Motor und somit ohne Bremsunterstützung und Servolenkung fuhren viele direkt in den Himmel.

Mit diesem Hintergrundwissen siehst du die bekannte Szene in der 1984 Komödie “Top Secret!” in der ein LKW langsam rollend ein Auto berührt und dieses wie eine Bombe detoniert, vermutlich in einem anderen Licht.
Die Automobil-Lobby wollte auch den Airbags verhindern:
General Motors, Ford und Chrysler kritisierten eine Bundesvorschrift, die Airbags oder automatische Sicherheitsgurte 1987 in ihren Autos vorschrieb - aus Kostengründen.
https://www.nytimes.com/1984/07/12/us/a ... %20dropped.
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Re: Geschichten aus der Technik

Beitragvon Wauschi » Di 04 Jul, 2023 22:16

LEDs sind essentielle Komponenten von denen ich irgendwann mehr wissen wollte....

Keine Erfolgsgeschichte zeigt die oft verworrenen Zusammenhänge besser, wie die Geschichte des LED Lichts. Die Entwicklung der LED dauerte mehr als ein Jahrhundert und erntete zwei Nobelpreise. Genauer betrachtet könnte man die Geschichte der für uns selbstverständlichen, weißen LED zurück bis zur Auftrennung der Farben bzw. Entdeckung der Farben des Lichts und der Farbtheorie durch Isaac Newton im 17. Jahrhundert fortsetzen. Wir steigen dort ein, wo es interessant wird.

Radiotechnik war zur Wende zum 20. Jahrhundert das große Ding. Damit ein Radio funktioniert, benötigt es einen Halbleiter, konkret einen Gleichrichter oder eine Diode. Ein Bauteil, welches Strom in eine Richtung durchlässt und in die andere abgeschwächt oder sogar sperrt. Schon 1874 entdeckte der Physiker Ferdinand Braun, dass der Übergang zwischen einem Kristall und einem metallischen Leiter diese halbleitenden Eigenschaften besitzt. Weil der Gleichrichter so ein essentielles Bauteil in der damals neuen Radiotechnik war, beschäftigten sich alle schlauen Köpfe mit dem Thema. Die Bezeichnung “Di-ode” entstand erst 1919 aus der Ableitung des griechischen Wortes “di” für zwei und “ode”, der Kurzform von Michael Faradays Wortkreation Elektrode.

Als der Marconi-Ingenieur Henry Joseph Round 1907 seinen Versuchsaufbau einer Siliziumkarbid Diode genauer beobachtet, entdeckt er ein grünes Leuchten an den Kontaktpunkten. Round schenkte seiner Licht-emittierenden-Diode, kurz LED, damals keine weitere Aufmerksamkeit. Der junger Russe, Oleg Losev, in den 1920er Jahren, ist von dem Phänomen “Strom führt zu Licht!” fasziniert. Einige Jahre zuvor hatte Losev von einem damals unbekannten Wissenschaftler namens Albert Einstein über den genau umgekehrten Effekt, den Photoelektrischen-Effekt, bei dem Licht zu Strom führt, gelesen. Losev untersuchte das Licht genauer und veröffentlichte unter dem sprechenden Titel „Luminous carborundum Detector and Detection with Crystals“ einen Artikel.

Einstein erhielt für seine Erklärung zum Photoelektrischen Effekt, bei dem Photonen Elektronen freisetzen, den Nobelpreis. Losev hatte das genau umgekehrte entdeckt. Legt man eine Spannung an, werden Photonen freigesetzt. Begeistert schreibt Losev Einstein einen Brief, in dem er den von ihm entdeckten „inversen photoelektrischen Effekt“ genau beschreibt. Losov bekommt von Albert Einstein nie eine Antwort. Nicht entmutigt, ging Losov sogar noch einen Schritt weiter. Er arbeitete 1941 an einer Weiterentwicklung der Diode mit drei Anschlüssen, wie ein Transistor. Dann kamen die Deutschen und Losev verhungert 1942 im Alter von 38 Jahren in Leningrad.

Im Februar 1963, gerade als die Beatles “Please Please Me” in den Abbey Road Studios aufnahmen, erschien eine Ausgabe von Readers Digest mit einem Artikel über eine erstaunliche Entdeckung. Wie schon Losev beschrieb Nick Holonyak in dem Artikel einen winzigen Kristall, der Elektrizität direkt in Licht umwandeln kann, ohne heiß zu werden. Offenbar kennen damals die Leser von Reader's Digest die Geschichte vom verhungerten Losev nicht. „Nicht aufheizen“ ist ein verräterisches Zeichen dafür, dass sehr wenig Strom aufgewendet wird. Holonyak erkennt nicht nur, wie schön leuchtende Steinchen sind, er versteht, dass es eine erstaunlich effiziente Art ist, Licht zu erzeugen. Damals war seine Erfindung noch rudimentär und machte nur rotes Licht, dennoch prognostizierte er, dass diese Kristalle sehr bald die klassische Glühfaden-Glühbirne, ersetzen würden.

Als 1957 Nick Holonyak dem General Electric Entwicklerteam beitrat, dass fieberhaft an einer Infrarotdiode im unsichtbaren Bereich arbeitet, versteht niemand seine Vision von einer Diode für den sichtbaren Bereich. Nach der Inbetriebnahme seiner roten LED am 09. Oktober 1962 visionierte er: „Die Lampe der Zukunft könnte von der Größe einer Bleistiftspitze sein, die praktisch unzerstörbar ist, niemals durchbrennt und mindestens zehnmal so viel Strom in Licht umwandelt wie die heutigen Glühbirnen.“.

Und was passierte? Nichts ist passierte! Die Reaktion war: „Das ist wirklich cool, aber das braucht niemand.“ Schon 1958 patentierten Rubin Braunstein und Egon Loebner eine grüne LED, die auch niemand brauchen konnte. Damals war Strom im Haus noch ziemlich neu und in den 50er Jahren fühlte es sich an, als wäre die elektrische Energie unbegrenzt verfügbar. Das umfassende Verständnis für elektrische Energie und vor allem von wo sie herkommt, fehlte. In der damaligen Zeit hatte man kein Interesse an hocheffizienten Glühbirnen! Holonyak dachte nach seiner Entdeckung nur noch ein Jahrzehnt vom großen Durchbruch entfernt zu sein.

Mit der 1968 begonnenen Massenproduktion roter LED war der Vormarsch dieser Technik nicht mehr zu stoppen. Anfang der 70er hatte man die Idee, die roten und grünen LED zu einer gelben zu kombinieren. Dem Puzzle fehlte nur noch die blaue LED, die Ende der 80er, vorerst in einer noch unbrauchbaren Form, entwickelt wurden. Jedem war klar, dass zum Durchbruch nur noch eine brauchbare, kosteneffiziente Quelle für blaues Licht fehlte. Die kaum bekannte Firma Nichia hatte den notwendigen Weitblick, steckte Ressourcen in das “blaue LED” Projekt und produzierte 1994 erstmals eine LED die hell genug und damit erstmals brauchbares Licht lieferte. Shuji Nakamura, der verantwortliche Ingenieur bei Nichia, bekam für die Entwicklung gerade mal 200.- USD Lohn.

Man könnte meinen, der Weg zum weißen Licht sei geebnet, alle Bausteine waren zum Ende des letzten Jahrtausends vorhanden. Obwohl das enorme Potential von 90 % Energieeinsparung jedem klar war, kam die weiße LED für die breite Masse trotzdem nicht in die Gänge. Nachdem unzählige Erfinder über hundert Jahre lang ihren Beitrag zur weiße LED geleistet hatten und trotzdem kein Ersatz für die vor 130 Jahre im Thomas Edison-Labor, Menlo Park entwickelte Birne, in Sicht war, übernahm die US Energiebehörde die Zügel. Um der weißen LED auf die Sprünge zu helfen, schreibt die Behörde 2007 den, den “Bright Tomorrow Lightning Prize”, kurz L-Prize, aus. Genau wie damals in den 50er und 60er Jahren bei grüner und roter LED, interessiert jetzt niemanden die weiße LED. Niemand bewirbt sich um den mit 10 Millionen Dollar dotierten Preis! Erst 2009 meldete sie eine einzelne Firma zum L-Prize - Philips. 2011 gewann Philips den Einzelbewerb und bekam zusätzlich einen schönen Regierungsauftrag. Genau zum “Earth Day”, am 22. April 2012, konnte man die erste “standard” 60W-Ersatz LED-Glühbirne im Geschäft kaufen.

Für später angesetzte Ausschreibungen zum L-Preis fanden sich keine Bewerber mehr. Der Preis wurde schließlich aus Mangel an Interesse abgesetzt. Nur weil sich keine Firmen um einen Preis bewerben, heißt es nicht, dass mit weiße-LED kein Geschäft zu machen ist. Die zuvor erwähnte Firma Nichia, der LED-Pionier der 90er, ist Weltmarktführer und macht Milliardenumsätze. Dank des Technologievorsprungs liefert Nichia die Hintergrundbeleuchtung der iPhones. Der Entwickler bei Nichia, Shuji Nakamura, bekam zusätzlich zu seinen 200.- Lohn 2014 den Nobelpreis. Holonyaks wurde vom amerikanischen Präsidenten, der Queen und auch von Vladimir Putin geehrt, bei der Nobelpreisverleihung war er offenbar wieder vergessen.

Heute, mehr als sechzig Jahre nach der Erfindung der klassischen LED, ist diese selbstverständlich und wird milliardenfach eingesetzt. Findet sich die erste Diode in einem Museum oder im Display einer Universität? Nein, sie liegt in Holonyaks Schreibtischschublade, versteckt in einem weißen Umschlag. Am 18. September 2022, fast 60 Jahre nach der Entwicklung des roten Lichtes, geht es für Nick Holonyak, für immer aus.
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Re: Geschichten aus der Technik

Beitragvon Richy » Di 04 Jul, 2023 22:31

Mit der 1968 begonnenen Massenproduktion roter LED war der Vormarsch dieser Technik nicht mehr zu stoppen. Anfang der 70er hatte man die Idee, die roten und grünen LED zu einer gelben zu kombinieren. Dem Puzzle fehlte nur noch die blaue LED, die Ende der 80er, vorerst in einer noch unbrauchbaren Form, entwickelt wurden. Jedem war klar, dass zum Durchbruch nur noch eine brauchbare, kosteneffiziente Quelle für blaues Licht fehlte. Die kaum bekannte Firma Nichia hatte den notwendigen Weitblick, steckte Ressourcen in das “blaue LED” Projekt und produzierte 1994 erstmals eine LED die hell genug und damit erstmals brauchbares Licht lieferte. Shuji Nakamura, der verantwortliche Ingenieur bei Nichia, bekam für die Entwicklung gerade mal 200.- USD Lohn.


Passend dazu ein kleines Kuriosum am Rande:
Mein 2er Polo, Baujahr 1982, hatte bereits LEDs als Kontrollanzeigen im Instrumentenbrett. Da aber die blaue LED noch nicht erfunden war, gab es vom KBA eine Sondergenehmigung, die sogar im Schein eingetragen war, welche das Verwenden einer gelben Kontrollanzeige für das Fernlicht erlaubte.
Offenbar hat das KBA diese bei folgenden Baujahren nicht verlängert, denn später gab es eine winzige Glühlampe in einer blauen Kappe, die die Form der restlichen LEDs hatte.
Da das Fahrzeug nur bis 1994 gebaut wurde, kam es nie in den Genuß einer echten blauen Fernlicht-LED. :smt005
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Re: Geschichten aus der Technik

Beitragvon hiha » Mi 05 Jul, 2023 07:58

Mein 1er Passat war wohl etwas älter, er hatte im Armaturenbrett nur LEDs bis auf die Fernlichtlampe, das war eine Glühbirn mit blauem Filterplastik. Da hatten sie die Ausnahmegenehmigung wohl noch nicht durch. :-)
Gruß
Hans
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Re: Geschichten aus der Technik

Beitragvon Myke » Mi 05 Jul, 2023 08:14

sorry, aber alles deppen. nyx besseres zu tun als die cockpitfarben zu regulieren. :dumm:
angeblich hats ja zuvor tote gegeben ... :gruebel:
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Re: Geschichten aus der Technik

Beitragvon Dreckbratze » Mi 05 Jul, 2023 10:54

welches "vorher", Myke? Aufblendkontrollleuchten waren schon immer blau.
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