Geschichten aus der Technik

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Re: Geschichten aus der Technik

Beitragvon Laternenschrauber » Mi 05 Jul, 2023 14:42

Ich kenn die auch nur so. Selbst bei meinen 73er Kadettilac war die Kontrolleuchte blau.

Gruß Stefan
Erfahrung verhält sich proportional zur Masse des zerstörten Materials. Bild
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Re: Geschichten aus der Technik

Beitragvon fleisspelz » Mi 05 Jul, 2023 15:30

Bei VW und Audi waren eine Zeit lang gelbe Kontollleuchten verbaut. Dafür gab es eine, jeweils in der Zulassungsbescheinigung Teil 1 (vulgo "Fahrzeugschein) vermerkte Ausnahmegenehmigung des KBA. Von dieser Bescheinigung könnte VW noch heute Gebrauch machen, jedoch haben die Kunden gegen das gelbe Warnleuchtlein so häufig rebelliert, dass VW dem Kundenwunsch folgend wieder zu blau zurückgekehrt ist.
..........................
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Re: Geschichten aus der Technik

Beitragvon Dreckbratze » Mi 05 Jul, 2023 15:42

Es ist ja auch sinnvoll. Egal, in welches Auto du steigst, du weißt sofort was das blaue Lämple zu bedeuten hat.
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Re: Geschichten aus der Technik

Beitragvon Wauschi » Do 06 Jul, 2023 08:52

Da es viel Missverständnis zum Thema Treibstoff gibt, hier einige Notizen zu Oktan und Cetan:

Wie schon erwähnt, war das Cadillac-Modell 30 das erste kurbellose Auto der Welt. Das Modell 30 war viel leistungsstärker als alle anderen Autos zuvor. Der Cadillac hatte mit 40 PS doppelt so viel wie das Ford Model T und schaffte eine Höchstgeschwindigkeit von rund 70 km/h. Das Modell 30 war für Cadillac ein großer Erfolg und verdoppelte damals den Jahresumsatz des Unternehmens. Um die gewaltige Leistung zu erreichen, wurde bei der Konstruktion des Motors die Verdichtung des Kraftstoff-Luft-Gemisch erhöht. Das führte im Motor zu einem grundlegenden Problem, das bisher noch nicht aufgetreten war. Der Motor zündete unkontrolliert. Das wahrgenommene Motorgeräusch wurde als „Klopfen“ bezeichnet und war so stark, das Klopfen zerstörte sogar den Motor. Zunächst wurde das Problem der neu erfundenen batteriebetriebenen Zündanlagen zugeschrieben. Bei genaueren Untersuchungen stellte sich heraus, dass das Klopfen mit der Höhe der Verdichtung zusammenhing.

Die Verdichtung war so hoch, das Kraftstoff-Luft-Gemisch entzündete sich spontan von selbst. Statt der zeitlich korrekt abgestimmten, kontrollierten Zündung kam es zur vorzeitigen, unkontrollierten Explosion des Gemisches im Brennraum schon während der Kompression. Die daraus resultierenden Druckwellen konnte man als “Klopfen” deutlich hören. Das Motor-Klopfen war nicht nur unangenehm für die Ohren, bei dem Motorlärm wäre das noch verkraftbar gewesen, doch die unkontrollierten Schläge reduzierte die Leistung, beschädigten Kolben und Zylinderwände und verkürzten somit die Lebenszeit des Motors.

Die gute Nachricht war, das Klopfen des Motors konnte durch einen Wechsel des Kraftstoffs behoben werden. Verschiedene Kraftstoffe können unterschiedlich stark komprimiert werden, bevor sie sich spontan selbst entzünden. Der Treibstoff n-Heptan zum Beispiel entzündet sich schon bei geringer Kompression spontan. Iso-Oktan hingegen kann ein viel höheres Verdichtungsverhältnis vertragen, bevor es sich entzündet. Motor-Klopfen ist daher bei Iso-Oktan viel unwahrscheinlicher. Um festzulegen, wie viel Kompression ein Kraftstoff verträgt, wie klopffest er also ist, führte man die Oktanzahl ein. Der Treibstoff Iso-Oktan wurde in dieser Bewertung willkürlich auf den Wert 100 gelegt. Dem leicht entzündlichen n-Heptan wurde Null zugeteilt. Das ein Kraftstoff mit 95 Oktan kann daher aus beliebigen Stoffen, wie Bio-Ethanol, zusammengestellt werden. Bei der Kompression wird er sich wie ein Gemisch aus 95 % reinen Iso-Oktan und 5 % reinen n-Heptan verhalten. Die Oktanzahl wird also als Bewertungsskala für die Klopffestigkeit von Ottokraftstoffen verwendet. Die Oktanzahl bezieht sich nicht direkt auf die Leistung oder den Energieinhalt des Kraftstoffs.

Diesel, ein Deonym nach Rudolf Diesel, dem Erfinder des Dieselmotors, hat eine Oktanzahl von 20. Er verhält sich also wie eine Mischung aus 20 % Iso-Oktan und 80 % n-Heptan. Mischt man also etwas Diesel in das Benzin, bekommt man schnell das unerwünschte Klopfen. Genau diese Selbstentzündung ist das Funktionsprinzip des Dieselmotors. Anders als beim Benzinmotor, komprimiert man beim Diesel nur die Luft, die sich ohne Treibstoff dabei nicht entzündet, und spritzt dann den Diesel zum richtigen Zeitpunkt ein. Der Diesel entzündet sich durch den hohen Druck von selbst. Aus diesem Grund ist für einen Dieselmotor das Klopfverhalten des Treibstoffs eher uninteressant. Viel interessanter ist sein Zündverhalten. Um die Zündwilligkeit von Diesel zu beschreiben, wurde die Cetanzahl eingeführt. Die Cetanzahl beschreibt die Zündwilligkeit von Dieselkraftstoff – je höher, desto zündwilliger, desto leichter entzündet er sich selbst. Die Cetanzahl wird also als Bewertung für die Zündwilligkeit von Dieselkraftstoffen verwendet.

Wird ein Dieselmotor mit zu niedriger Cetanzahl betrieben, kann der Zündverzug (die Zeit vom Einspritzen in den Zylinder bis zum Entzünden) zu hoch werden, sodass durch die schlagartige, explosionsartige Verbrennung ein lautes Verbrennungsgeräusch entsteht. Dieses Geräusch wird beim Dieselmotor als „Nageln“ bezeichnet. Das sogenannte „Kaltlaufnageln“, welches nach dem Kaltstart eines Dieselmotors anfänglich auftritt, ist harmlos. Für Dieselmotoren sind Kraftstoffe mit niedrigerer Oktanzahl (aber höherer Cetanzahl) ideal weil. Alte Dieselmotoren können mit Cetanzahlen ab 40 betrieben werden, moderne, schnelllaufende Dieselmotoren benötigen jedoch Cetanzahlen ab 50.

Mehr Oktan = mehr Leistung? Diese Frage kommt öfter auf. Nach den letzten Absätzen sollte die Antwort einfach fallen. Nein. Im Detail ist die Benzinwahl vielschichtiger. Der Energieinhalt bei Super 95 und 98 ist gleich. Es geht um die Klopffestigkeit, daher ist ein Leistungsunterschied nicht merkbar. Wesentlich problematischer als die Oktanzahl ist die Panscherei von Zusätzen. Bei E5/E10 Benzin werden 5% bzw. 10% Ethanol, ein Alkohol, beigemengt. Abgesehen davon, dass Alkohol Aluminium und gewisse Kunststoffe angreift, ist ethanol-basierter Treibstoff nicht beständig und zusätzlich hydrophile - er zersetzt sich und nimmt Wasser auf. Ethanol hat zusätzlich rund 30% weniger Energiedichte als Superbenzin. Das heißt im Klartext: E-basierter Treibstoff reduziert trotz höherer Produktionskosten die Reichweite, verstopft Vergaser und Leitungen und führt zu Rost im Tank. Bei laufendem Betrieb eines neueren Fahrzeuges, wenn immer wieder frisch getankt wird, macht sich das nicht bemerkbar. Einen Oldtimer sollte man zum Einwintern mit Treibstoff ohne E, wie Super 100, betanken, oder bei längerer Einlagerung den Treibstoff ablassen.
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Re: Geschichten aus der Technik

Beitragvon Wauschi » Do 06 Jul, 2023 09:07

Der letzte Absatz bringt mich zur kuriosesten Geschichte der Technik auf die ich je gestoßen bin - der Bestimmung des Erdzeitalters in Verbindung mit klopffesten Treibstoff und Schlägereien am Schulhof der 70er Jahre.
Zu dem Thema habe ich sicher fünfzehn Seiten Notizen. Die muss ich mal in eine lesbare Form bringen...
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Re: Geschichten aus der Technik

Beitragvon ragman » Do 06 Jul, 2023 09:49


Das Wort „konservativ“ ist heute beinahe schon ein Schimpfwort. Es sollte aber keines sein, denn wir denken wesentlich traditioneller als uns bewusst ist. Konservatives Denken und Handeln geht sogar weit in die Technik hinein. Als Norio Ohga, der legendäre Chef des Elektronikkonzerns Sony, die CD entwickeln ließ, ergab sich die Frage nach der Größe. Ohga war ein Liebhaber klassischer europäischer Musik. Er verlangte, dass auf der Scheibe Beethovens 9. Symphonie Platz haben müsse. Daraus ergab sich der Radius der CD von 6 Zentimetern. DVD und Blu-ray übernahmen später diese Größe.

Die Spurbreite der Eisenbahnen in den USA und in Kanada beträgt 4 Fuß und 8,5 Zoll. Eisenbahnen in England hatten früher diese Spurbreite, sie wurde in Amerika übernommen. Der Grund, warum die Engländer dieses Maß wählten, ist einfach. Sie kopierten die Spur der englischen Straßenbahnen. Die Spurbreite der englischen Straßenbahnen hat ihren Ursprung in den Werkbänken und Werkzeugen, mit denen auch Transportwagen, Karren, Kutschen und andere Transportmittel erzeugt wurden. Es gibt also einen direkten Zusammenhang von Kutschen- und Eisenbahnspuren.

Die Wagenspuren waren den Rillen der englischen Fernstraßen angepasst. Diese Vertiefungen stammen von den Straßen, die auf die Römer zurückgehen. Die Römer waren bekanntlich auch deshalb so erfolgreich, weil sie quer durch ihr großes Reich gut befestigte Straßen gebaut hatten. Die Räderfurchen der römischen Straßen stammten von römischen Streitwagen, deren Spur überall im römischen Reich annähernd gleich war. Die Spurbreite der römischen Wagen stammt – unbestätigten aber glaubwürdigen Berichten zufolge – von zwei Pferdehintern, die nebeneinander die Breite der Räderspur ergaben.

Das amerikanische Space Shuttle hatte an den Seiten des Haupttanks zwei Hilfsraketen. Es handelte sich um Feststoffraketen, so genannte "solid rocket boosters", kurz SRB. Diese beiden SRB produzierten den Hauptanteil des Startschubs des Space Shuttles bis zu einer Höhe von ca. 45.000 Metern, wo sie abgeworfen wurden. Jeder SRB war 45,5 m lang und 3,7 m breit. Die Raketen wurden von der Firma „Thiokol Chemical Corporation“ in Utah hergestellt. Die Ingenieure mussten diese SRB so konzipieren, dass sie auf dem Bahntransport nach Florida in die Tunnels passten, deren Durchmesser natürlich mit der Schienenbreite zusammenhängt.

Die Behauptung, es führe ein gerader Weg von römischen Transportmitteln zu den Abmessungen des amerikanischen Space Shuttles, erscheint etwas übertrieben, aber ein gewisser Zusammenhang von Raketenabmessungen und römischen Pferdeärschen kann nicht bestritten werden. Die Welt tickt erstaunlich oft traditionell.


https://scientific.at/2014/roe_1421.php
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Re: Geschichten aus der Technik

Beitragvon Wauschi » Do 06 Jul, 2023 09:57

Vom Pferdearsch zum SRB - das gefällt mir :-)
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Re: Geschichten aus der Technik

Beitragvon Maybach » Do 06 Jul, 2023 16:44

Die Räderfurchen der römischen Straßen stammten von römischen Streitwagen, deren Spur überall im römischen Reich annähernd gleich war.


Das liest man immer wieder. Nur wird es dadurch nicht richtiger, denn zum einen hatten die Römer keine Streitwagen (die nutzten sie nur für die Rennen im Circus) und zum anderen wären die dort auch nicht sinnvoll gewesen. Die hätten nämlich kaum Lasten aufgenommen ...
Hinzu kommt, dass die Masse der "Schleifspuren" eben von "Schlitten" kommt, auf denen man auch die größeren Lasten besser transportieren konnte. Und für die man die Spuren dann auch befeuchtete, damit das besser rutschte.
Kann man sich auch in Kärnten ansehen, z. B. am Weg von Warmbad Villach Richtung Oberfederaun.

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