ein seltsames Wochenende, aber immerhin eine unterhaltsame Geschichte.
Freitag Abend liegt der Sepp, unser Metzger und mein Schützenvereinskamerad, bei uns auf dem Anrufbeantworter, ob ich morgen Lust auf eine Timmelsjoch-Runde hätte. Er hätt sich bei seiner Frau frei genommen und sei schon bei seinem Wohnwagen auf dem 60km südlich bei Lenggries gelegenen Campingplatz, wo wir uns dann treffen sollten.
Kurzes Nachdenken, wir habens schon so oft verschoben, es muss endlich mal klappen. Abtschecken bei Pezi, die muss arbeiten, dann telefonische Zusage für den nächsten Frühvormittag. Schnell noch die Vermieter informiert dass ich am nächsten Tag mit dem Moped aus der Garage muss, und sie mir Bescheid sagen sollen bevor sie das Loch für die Versitzgrube vor der Garage anfangen auszubaggern.
Samstag Früh halb acht, der Minibagger tobt ums Haus. Naja, die werden ja erst mal herrichten, also zunächst den Espresso anheizen. Halbschlaf, gestern wars spät beim Basteln. Geräuschanalyse. Hmmm, das klingt nicht nach Rangieren, mehr nach Baggern. Hmm. Aus schlechter Erfahrung heraus überfällt mich leichte Morgenpanik, ich rase runter, reisse die Garage auf und schiebe die RD durch die bereits einen Meter tiefe flache Kiesgrube, zum Beschimpfen der ****** bin ich noch zu müde, das heb ich mir für nach dem Kaffe auf. Vermieters liebevoll gemeinten Hilfsversuche, die Sitzbank am Heck abzureissen, unterbinde ich durch einen Schrei.
Dann Kaffee, dann etwas besser.
Solchermaßen mit Koffein und Adrenalin befüllt, starte ich bei leichter Bewölkung, weicher und herbstlich kühler Luft, eingehüllt in weiches Leder gen Süden, wo die Wolken immer mehr verschwinden und die Sonne rauskommen lassen. Die RD schnurrt und faucht wie ein Katzerl, je nach Drehzahl. Ein feines Möpp. Es geht durchs hügelig bewaldete Alpenvorland bis zu den ersten Vorbergen, der Campingplatz ist klein, schön gelegen, sehr nett und familiär, ohne Schranke, ein paar km südlich von Bad Tölz gelegen, der nächste Presso wartet dort bereits auf mich.
[Kurze Zwischenerklärung: Der Sepp, ein paar Jahre älter als ich, hat seinerzeit wegen eines fast tödlichen Unfalls seines Cousins keinen Motorradführerschein gemacht und dürfte deshalb mit seinem Autoführerschein nur Motorräder bis 125ccm und 15PS fahren. Da ihm das zu fad ist, hat er sich sowas hier mit 400ccm geleistet, was man nach kleinen Modifikationen als Trike zulassen, und damit mit dem Autoführerschein fahren darf, obwohl es sich wie ein Motorrad fährt.]
Weiter geht die gemeinsame Fahrt duch kleine, kleinste und vor Allem völlig leere Landstraßen, parallel zur Isar ins Gebirge. Die grosse Bundesstraße, auf der sich bereits die Samstagsausflügler stapeln, verläuft läuft auf der anderen Seite des Flusses.
Ab in die Jachenau, drei Euro kostet die Maut, gilt aber den ganzen Tag und noch für andere Mautstraßen. Was wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen: Wir werden die Tageskarte noch gut ausnutzen...
Um den Walchensee herum in Richtung Mittenwald. In Krün wird umgeleitet, die haben Viehscheid, das Dorf ist dicht. Wirre Umleitungsschilder, nach der zweiten Runde im Kreis herum entscheiden wir uns für die Fahrt weiter in Richtung Garmisch, und schon passiert es: Ich stehe an einer Einmündung auf die Bundesstrasse, der Sepp sollte eigentlich hinter mir sein, plötzlich schiebt es mir mit einem Kracher die RD unter dem Hintern weg, sie fällt um, Scherben fliegen. Der Sepp hat gemeint ich wär schon losgefahren und hat Gas gegeben. Schei**. Naja, Moped aufgehoben, Schadensbilanz: Ein abgebrochener Blinker, Rücklichtglasl fehlt zur Hälfte, Scheinwerferhalter verbogen, Handbremshebel verbogen. Sepp ärgert sich tierisch, ich beruhigen ihn, denn sowas kann passieren. Technisch also kein Problem, die Tour kann weitergehen. "Aber jetzt fahrst DU voraus, geji Sepp". Er versucht es, aber seinem MP3 hat es die Spur verzogen, die Vorderradl schiegeln nach aussen. An Fahren ist nicht zu denken. Geradebiegeversuche scheitern, es ist was schlimmeres, der Achsträger ist verwunden...
Jetzt ist der Sepp endgültig grantig, will gleich zurück nach München um mit dem Hänger den Schrott zu holen. Ich kann ihn überzeugen, dass ihm das den Tag endgültig versauen würde, und wir jetzt gefälligst mit der Zwiebacksäge zu zweit eine verkürzte Tour fahren, weil das Wetter so schön ist, und überhaupt. Nach leichtem Murren besteigt er also den Sozius der RD und wir probieren es. Mit seinen gut 90kg im Rücken fällt mir das Anfahren mit dem giftigen Zweitakter noch schwerer wie allein. Entweder kommt das Vorderrad hoch, oder es rührt sich nicht besonders viel. Wenn sie aber mal auf Drehzahl ist, dann rennt sie.
Um die Geschichte abzukürzen jetzt nur noch Stichpunkte:
Weiterfahrt über Garmisch, Fernpass (viel Verkehr, unsägliches Gestopsel, zwischendurch läufts aber super) Telfs,(Bergauf zu zweit 100km/h bei 7500/min im (dritten oder) vierten Gang
) über Seefeld hintenrum (seehr schön) nach Mittenwald, Hinterriss(Mautstrasse die Zweite), Bad Tölz, Holzkirchen, heim. Den Metzgerhänger zum Mopedtransporter umbauen, Brotzeit machen, es ist 16:30.
Abfahrt nach Mittenwald, Mautstraße die dritte. Moped aufladen und verzurren, fahrt zum Campingplatz, (Mautstraße die vierte) um den Wohnwagen noch dicht zu machen, ab nach Neubiberg. Moped gleich beim Händler abkippen, Hänger daheim wieder rückbauen, Verabschiedung und Heimfahrt mit der RD. Es ist 21:00 als ich mich aus dem Leder schäle.
Fazit: RD250 luftgekühlt Baujahr '79 ist ein Schatzi. Fahrwerk besticht durch Handlichkeit, Motor durch erstaunlich hohe Leistung, Zuverlässigkeit und Vollgasfestigkeit. Und Durst: Ø7,5 Liter.
Gesamtkilometer: ca.550, davon mit dem Moped 350km.
Da das MP3 als "dreirädriges Fahrzeug" versicherungstechnisch mit einem Auto gleichgestellt ist, ist eine Vollkaskoversicherung erschwinglich, und deshalb auch abgeschlossen worden. Die Reparatur wird sicherlich nicht ganz billig werden...
Gruß
Hans
