Große oder kleine Unterlegscheibe? Wissen vs. Gefühl.

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Re: Große oder kleine Unterlegscheibe? Wissen vs. Gefühl.

Beitragvon Jonas » Do 09 Jan, 2020 22:30

Edelstahlbolzen sind diverse montiert. :omg: Allerdings nicht am Getriebe, sondern an den Motorhalteblechen. Nette Mischung aus Originalteilen und Edelstahlbolzen.

lallemang hat geschrieben: An englischen Pre-Units ist ein "Dual Anchor Gearbox Mount" die Edellösung.

Ah, das Problem ist also nicht ganz unbekannt! Nuja, bei der Enfield ist ein "high compression"-Kolben verbaut, da zerrt es schon ordentlich am Getriebe! :rofl:
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Jonas
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Re: Große oder kleine Unterlegscheibe? Wissen vs. Gefühl.

Beitragvon LeMansII » Fr 10 Jan, 2020 08:19

Jonas hat geschrieben:
sejerlänner jong hat geschrieben: Mit der großen Scheibe hast du mehr Reibfläche die ein verschieben verhindert.

Grüß dich, Karsten! "Reibfläche" also, merci! :smt023 (Passende Scheiben habe ich bzw. pass sie mir an.)


Um genau zu sein: ein Mehr an "Reibflaeche" bringt direkt erst mal gar nichts, da die erzeugte Reibkraft nicht von der Flaeche abhaengt sondern nur vom Reibkoeffizient zwischen den Materialpartnern und der aufgebrachten Normalkraft, in dem Fall hier der Vorspannkraft der Schraubverbindung.

Interessant fuer Dein Problem ist aber die Flaechenpressung welche die U-Scheibe auf das unterliegende Material erzeugt. Wird diese zu hoch, dann arbeitet sich die U-Scheibe in die Schwinge ein. Der daraus resultierende Verlust der Vorspannkraft kann zum Lockern der Schraubverbindung fuehren. Diesen "Schwund" auszugleichen war urspruenglich die Idee hinter dem Federring DIN127.

Allerdings kann die Vorspannkraft auch nur in begrenztem Radius um die Schraubenachse wirken, weshalb eine uebergrosse Scheibe wiederum wenig Sinn macht, da dort ja dann auch keine Flaechenpressung mehr erfolgt.

Ich hoffe das war verstaendlich erklaert und nicht zu sehr Klugschiss... :opa: :oberlehrer: :omg:
Gruß,
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Re: Große oder kleine Unterlegscheibe? Wissen vs. Gefühl.

Beitragvon Christoph » Fr 10 Jan, 2020 08:35

High,
reibungsmässig ists von der Theorie her wurscht, ob kleine oder grosse Scheibe. Die Reibungskraft hängt lediglich von der Dimensionslosen Materialabhängigen Reibungszahl und der Kraft senkrecht zur Fläche ab.
Eine grössere Scheibe hat zwar mer Reibfläche, die durch die Schraube aufgebrachte Kraft pro Fläche wird aber entsprechend kleiner, die Fläche kürzt sich also raus (Fläche /Fläche=1)
Das Problem ist eher, dass bei der kleinen Scheibe die Flächenpressung so gross wird (um ausreichende Reibung zu erhalten), dass sich das Material plastisch verformt, und damit die Kraft weg ist. Das gleiche Problem gibts bei zu dünnen Scheiben: die Biegen sich, tragen nur noch an der Kante und wieder ist die Flächenpressung zu hoch.
Also: grosse dicke Scheibe. Es gibt zB. Scheiben, ähnlich gross wie Karosseriescheiben, aber 3mm dick, da sollte dann nichts mehr passieren.
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Re: Große oder kleine Unterlegscheibe? Wissen vs. Gefühl.

Beitragvon motorang » Fr 10 Jan, 2020 09:55

Und noch mein Senf: ich denke der Adjuster hält selber nix, der erleichtert nur die Einstellerei. Halten tut genau die Verschraubung die hier diskutiert wird.
Und grau ist alle Theorie - wenn die Scheibe leicht geriffelt ist, wird sie sich in die Oberfläche des Rahmens ein wenig eindrücken und so einen mikroskopischen Formschluss erzeugen, der die Sache deutlich besser wgegen Wegrutschen hält als eine glatte Scheibe. Wer schon einmal beim ordentlich antreten das Hinterrad seines Fahrrades quergezogen hat weil die Achse auf der Kettenseite nach vorne rutschte, weiß was ich meine. Wenn man sich genau dort die verwendeten Schnellspanner oder Beilagscheiben anschaut, stellt man fest: geriffelt. Seit 150 Jahren bewährt. Dann fester anziehen und es hält. Mit einer versehentlich verkehrtrum eingesetzten Scheibe oder einer glatten Scheibe: keine Chance.
Ich hab am Radl statt der Beilagscheibe einen Schutzbügel für den Umwerfer montiert - absolut chancenlos das so festzuziehen dass es hält. Nachgedacht, geriffelte Scheibe drunter, hält. Die tragende Fläche am Rahmen war in beiden Fällen gleich und recht überschaubar groß.

Anderes Beispiel:
Hatte eine Fahrrad-Sattelstütze die unterwegs immer wieder zur Selbstverstellung der Sattelneigung neigte :D , also so eine Patentsattelstütze wo der Sattel über eine Aluwippe in der Neigung eingestellt und dann festgezogen wird mit einer einzelnen Schraube. Immer wieder festziehen half nix, weil die aufgeprägten Aluriffel schon abgeschliffen waren (verrundet). Dann am Strand kurz angehalten, das Teil zerlegt, etwas Fett und Sand als Reibvermittler aufgebracht, zusammengebaut, festgezogen. Hält bis heute unverändert die Position ...

Ist keine geriffelte Scheibe zur Hand, würde ICH deshalb zur kleineren Beilagscheibe greifen: Heutige Scheiben sind üblicherweise gestanzt, sind daher gewölbt und haben eine runde Seite und eine hohle Seite mit scharfer Kante, die beim Stanzen unten war. Genau diese scharfe Kante würde ich zum Rahmen hin einsetzen.

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Re: Große oder kleine Unterlegscheibe? Wissen vs. Gefühl.

Beitragvon KNEPTA » Fr 10 Jan, 2020 12:46

Selbiges Problem beim Puch Roller.
Die kleine Scheibe hat es immer in die Nut gezogen. Ohrwaschel hoch kwasi. Und locker war die Gschicht. Erst die großen 2mm starken Scheiben kombiniert mit Sprengring haben den büffelstarken Motor bändigen können. Die kleinen Beilagscheiben waren zum Schluß allesamt Bogenscheiberl mit Loch.
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Re: Große oder kleine Unterlegscheibe? Wissen vs. Gefühl.

Beitragvon Jonas » Fr 10 Jan, 2020 12:53

Ich danke für Eure Antworten! Genau solche Erklärungen hatte ich mir erhofft. :smt023

LeMansII hat geschrieben: Ich hoffe das war verstaendlich erklaert und nicht zu sehr Klugschiss... :opa: :oberlehrer: :omg:

Perfekt erklärt und neue Perspektiven mit ins Spiel gebracht (eventueller Verlust der Vorspannung)! Danke!

Christoph hat geschrieben: Also: grosse dicke Scheibe. Es gibt zB. Scheiben, ähnlich gross wie Karosseriescheiben, aber 3mm dick, da sollte dann nichts mehr passieren.

So wird es gemacht!

motorang hat geschrieben: Ist keine geriffelte Scheibe zur Hand, würde ICH deshalb zur kleineren Beilagscheibe greifen: Heutige Scheiben sind üblicherweise gestanzt, sind daher gewölbt und haben eine runde Seite und eine hohle Seite mit scharfer Kante, die beim Stanzen unten war. Genau diese scharfe Kante würde ich zum Rahmen hin einsetzen.

Gute Beispiele aus der Praxis, auch dafür vielen Dank! Falls ich keine geriffelte Scheibe finde, wird es so gemacht.

Ich habe mich nach Euren Antworten nochmal durch den Shop bei Hitchcocks gewühlt. Hätte nicht gedacht, dass da eine "Spezialscheibe" statt einer ordinären, vielleicht halt etwas größeren Scheibe zum Einsatz kommen soll und tatsächlich diese Scheibe gefunden, und sie ist geriffelt, groß und dick! https://accessories.hitchcocksmotorcycl ... ages%2F905

Werde jetzt aber nicht für zwei U-Scheiben wieder in England bestellen! So langsam hört´s auf... :ugly: Da findet sich schon was! :gruebel:

Thema geklärt, hochzufrieden, vielen Dank! :smt049

EDIT:
KNEPTA hat geschrieben: Erst die großen 2mm starken Scheiben kombiniert mit Sprengring haben den büffelstarken Motor bändigen können. Die kleinen Beilagscheiben waren zum Schluß allesamt Bogenscheiberl mit Loch.

Genau so...
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Re: Große oder kleine Unterlegscheibe? Wissen vs. Gefühl.

Beitragvon Rei97 » Fr 10 Jan, 2020 16:29

Also:
Im Maschinenbau ist eine Scheibe sinnvoll, wenn sie die nötige Flächenpressung und den Erhalt der Vorspannung sichern soll erreicht, wenn die notwendige Dicke und Materialfestigkeit vorhanden ist. Die Dicke erhöht den 45° Druckkegel, die Werkstoffgüte verhindert Setzung auf der Muttern- und auch auf der Langlochseite.
In dem Fall Dicke nicht unter 4-5mm und Festigkeit St vergütet (über 800N/mm2).
Alles Andere regiert wie ein Pudding und löst sich.
Btw. Nachrechnen ob das Anzugsmoment nicht höher als Serie gewählt werden kann.
Sicherung gegen Verlust der Vorspannkraft ist das Ausnutzen der Hookschen Gerade bis nach oben (Streckgrenze)
Alle Sicherungen gegen Verlust der Mutter können hingegen zum Versagen durch Biegebelastung der Schraube führen (z.B. Zuganker Schwinge SR500)
Regards
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