Bridgestone Hurricane Scrambler - ein fleissiges, unterschätztes Bienchen.
Der Markenname Bridgestone ist eine Anglisierung des Familiennamens von Firmengründer Shojiro Ishibashi. Ishibashi heißt „Brücke-Stein“
Herr Ishibashi war Japans erster Hersteller von Schuhen mit Gummisohlen, mit deren Massenproduktion er 1925 begann. Nach dem Zweiten Weltkrieg weitete er zunächst seine Angebotspalette auf andere Gummiprodukte aus, nahm aber auch Fahrräder ins Programm.
Die ersten Bridgestone Motorräder waren ultraleichte, motorisierte 26cm³-Fahrräder, die als Pendlerfahrzeuge die Massen mobil machten. Seit 1964 änderte sich die Situation, als Bridgestone eine Reihe von hochwertigen Leichtbau-Motorrädern vorstellte. Durch die Insolvenz der Konkurrenten Marusho und Tohatsu konnte Bridgestone clevere, erfahrene Designer einstellen.
Vor allem die Tohatsu-Ingenieure hatten großen Einfluss auf die Entwicklung der Bridgestone-Motorräder. Obwohl heute fast unbekannt, hielt Tohatsu (Tokyo Hatsudoki) im Jahr 1961 noch 3% des japanischen Motorradmarktes und galt als innovativer Hersteller, der die weltweit einzigen 50 cm³ Zweizylinder Straßen-Rennmaschinen sowie eine konkurrenzfähige Zweizylinder-Zweitakt-Drehschieber-Rennmaschine mit 125 cm³ baute. Als die Fabrik im Februar 1964 aufgelöst wurde, stand sie kurz vor dem Start eines Grand-Prix-Einsatzes mit dem britischen Rennfahrer Dave Simmonds, der 1969 die erste Weltmeisterschaft für Kawasaki gewann. Tohatsus Aus war Bridgestones Gewinn.
Die Herstellung von Rennmotoren war sehr kostspielig im Vergleich zu herkömmlichen. Bridgestone hatte die Idee, statt den Weg anderer japanischer Hersteller zu beschreiten und im Wesentlichen britische oder amerikanische Motorräder zu kopieren, die kleine Marktnische für ein hochwertiges, leichtes Motorrad zu besetzen. Bei der Konstruktion und Qualität der Teile sollten keine Kosten gescheut werden. Basierend auf Tohatsus Rennerfahrung, stellte das Werk eine Reihe von hochentwickelten Drehschiebermotoren her. Diese Motoren waren weitaus leistungsfähiger als die schlitzgesteuerten Motoren von Suzuki und Yamaha.
Die Hartchrombeschichtungen der Zylinderwände sorgten für eine bessere Wärmeableitung und Gewichtsersparnis. Nachteil der Drehschiebersteuerung ist die größere Breite, da die Vergaser direkt an den Seiten der Kurbelgehäuse sitzen. Das einigermaßen annehmbar in den Griff zu bekommen bedarf einiger Cleverness, die man bei Bridgestone hatte. Die Wellen saßen in zuverlässigen Großserien-Rollen-, Nadel- und Kugellagern. Im Gegensatz zu vielen damals in Europa weit verbreiteten gemischgeschmierten Zweitaktern verfügten die Bridgestone-Motoren über eine Oil-Injection genannte automatische Schmierung.
Die Motoren waren einfach und kostengünstig zu reparieren, aber sie waren wesentlich teurer in der Herstellung als schlitzgesteuerte Zweitakter. Schalthebel und Bremspedal waren von links nach rechts tauschbar. Gegen Ende der Produktion, wurde ein Scrambler-Modell mit hochgelegtem Auspuff, die „GTO“ in einer auffälligen Goldlackierung angeboten.
Aus dem Rennsport entlehnte Duplextrommelbremsen waren ein weiteres ungewöhnliches Feature. Die Komponenten der Bridgestones waren hochwertiger als alles andere, was es Ende der Sechziger auf dem Markt gab. Viele heute erhaltene Maschinen sind nie restauriert worden.
Von der Lackierung über Motoren und Getriebe bis hin zu den modernsten Bremsen: Es gab kaum ein hochwertigeres Serienmotorrad zu seiner Zeit.
1970 war Motocross in den USA als Sport noch in den Kinderschuhen, doch der „Scrambler-Look“ war hip, in der Hoffnung, ein bisschen wie Steve McQueen zu wirken. In diese Lücke zielte die Bridgestone Hurricane. Der kleine 177 cm³-Motor lieferte immerhin 20 PS bei damals ungewöhnlichen 8000 U/min. Das Standgas lag bei etwa 3500 U/min. Für unerschrockene Bridgestone-Fans gab es eine Rennversion, die bei Drag-Rennen in den USA die Leichtgewichtsklasse dominierte und in Daytona gewann.
Bei aller Qualität und Leistungsfähigkeit: Weshalb führt Bridgestone heute die japanische Motorradindustrie nicht an, sondern ist vom Markt verschwunden, während Honda, Kawasaki, Suzuki und Yamaha den Ton angeben? Ein wiederkehrender Mythos besagt, dass das Bridgestone-Management, im Auftrag der Direktoren der großen vier japanischen Hersteller, in einer dunklen, verruchten Tokio-Bar davon überzeugt wurde, dass diese keine Bridgestone-Reifen mehr kaufen würden, wenn Bridgestone weiter Motorräder produzieren würde. Die Yakuza sollen ihre Zigaretten an der Stirn mehrerer eingeschüchterter Bridgestone-Führungskräfte ausgedrückt haben, was zur unmittelbaren Produktionseinstellung und gleichzeitig Reifenbestellungen in großem Umfang geführt habe.
Es ist eine nette Geschichte, aber leider, wie die meisten netten Geschichten eine „urban legend“. Der Absatz der Bridgestone-Motorräder litt unter hohen Preisen und einem schlechten Vertriebsnetz. In Großbritannien zum Beispiel wurden sie über nur einen Händler verkauft, der gleichzeitig Honda-Importeur war. Viele Länder hatten keinen eigenen Vertreter. Eine 350er Bridgestone GTR war nur geringfügig günstiger als eine sexy, hochklassige 650er Triumph Bonneville. Die Raffinesse und Qualität der Bridgestones waren anerkannt aber nur wenige Käufer waren bereit, den Preis dafür zu bezahlen. Aus dem gleichen Grund sind Brough, Vincent, Crocker, Münch und viele andere vom Markt verschwunden. Letzten Endes ausschlaggebend war die begrenzte Fläche des Unternehmens. Die Herstellung von Motorrädern beanspruchte wertvollen Platz, der dringend für die Reifenproduktion benötigt wurde. Keine Gangster, keine geheimen Treffen, keine Drohungen oder braunen Umschlägen; schlichtweg fehlende Quadratmeter eines Fabrikgeländes.
In der Fabrik in Rockford (USA) wurden die Motorräder noch zwei Jahre länger hergestellt.
Bridgestone 100 TMX Scrambler 1969
Bridgestone Hurricane 175 Scrambler 1966
Bridgestone BS-90 1968
Bridgestone 350 GTR 1967o luftgekühlter Zweitakt Twin
o Drehschiebersteuerung
o Getrenntschmierung
o 61 mm Bohrung, 59 mm Hub
o Hubraum 345 cm³
o Kompression 9,3:1
o Vergaser Mikuni VM26SC
o 40 PS
o Mehrscheiben Trockenkupplung
o 12 V Batteriezündung
o Kickstarter
o 6-Ganggetriebe
o Doppelschleifen Stahlrohrrahmen
o 7,4 Zoll Duplextrommel vorne und hinten
o Räder / Reifen: vorne und hinten 3,25 x 19
o Höchstgeschwindigkeit ca. 155 kn/h
o Gewicht: 165 kg vollgetankt