Donnerstag
Drei-Länder-Tag.
Da war ja noch die Sache mit dem Blinkerrelais. Also morgens erst mal ins elektrische Herz unter dem rechten Seitendeckel geschaut und ein reichlich von der ursprünglichen Bauform abgewandeltes, ehemaliges Blinkerrelais rausgerupft. Dieses Mistding ist bzw. war -jetzt vollverschweißt
- nicht dicht. Da ist wohl winters Salznebel über die Öffnung des Bremslichtschalters eingedrungen und das Salz wurde durch den Regenfahrtag reaktiviert und hat gewirkt, Der Klumpen wandert ins Archiv und ich finde in meiner Ersatzteiltasche ein neues. Schwups, funktionieren die Blinker wieder.
Jetzt muss ich mir mal wieder Gedanken über den weitern Weg machen. "Kiruna", dieses Wort hat kombiniert mit einigen Bildern aus dem Erdkundebuch etwas in meinem Hirn eingebrannt. Aber "vor Ort" sieht die Welt anders aus. Ich haben keinen Bock 150km in die "falsche" Richtung zu fahren, in eine Großstadt einzufahren und den halbe Tag mit der obligatorischen Besichtigung eine Mine zu verbringen. Also Blinker rechts und ab Richtung Finnland.
BTW: Ich habe mein altes Erdkundebuch gefunden und bin jetzt froh, diese Vorstellung aus meiner Jugend nicht durch die Realität ersetzt zu haben.
STOP! Da fehlt ja noch was. Im gestrigen Wechselwetter bin ich kurz vor dem Übernachtungsort an einer Auffahrt zu einem etwas höheren Buckel vorbei gefahren. Da könnte ich bei dem heute herrlichen Wetter mal etwas Fernsicht genießen. Gesagt, getan...
Ganz am Horizont sieht man die schneebedeckten norwegischen Berge und -dies vorweg- genau so weit werde ich heute inkl. einer größeren Schleife fahren.
Nach einigen vielen Kilometern schwindet die Lust an der Fahrerei und ich komme kurz vor der finnischen Grenze nach Vittangi. Eigentlich muss man in Vittangi nicht gewesen sein, aber anderseigentlich doch;-) Da steht nämlich ein Schild von wegen "Elchpark". Jetzt hab ich unterwegs einmal am Abend ziemlich weit weg einen Elch gesehen. Als Jugendlicher auf einer Kanutour stand mal in Mittelschweden so ein Vieh in der hellen Nacht recht nah am Zelt und im Zoo war ich auch schon mal...
Aber es wäre jetzt eine Pause mit Abwechslung recht. Also mal da hin. Ich komme den Schildern folgend zu zwei älteren bzw. auf alt gebauten Hütten. Ein Schild neben einer Thermoskanne "Kaffe nehmen, 20 Kronen einwerfen, warten!" Gelesen, getan.
Nach wenigen Minuten kommt ein netter Typ, fragt mich erst mal über mein Motorrad aus und stellt sich dann als Besitzer der Anlage vor. Er kassiert (12 €, die sich lohnen) von mir und den mittlerweile weiteren so 10 Leuten, die Kaffee aus der Thermoskanne entlockten. Dann geht's los. Wir folgen dem "Elchmann". Sein Spruch ist gut: " Ich habe gar keine Elche, aber ihr habt bezahlt, gute Geschäftsidee, oder?"
Nach einem kurzen Marsch sind wir am Gehege. Sogar ein drei Monate altes Minielchtier ist da.
Bilder sagen mehr als Worte, aber einige verliere ich noch.
Entgegen meiner Erwartung ist das kein Disney-Land, sondern der Mensch erzählt viele interessante Sachen über Elche. Z. B. gibt es in Schweden durchschnittlich 10 Verkehrsunfälle mit Elchen täglich (!). Elche haben sich besonders in Mittelschweden zum Problem entwickelt. Es gibt wohl über 300.000 Elche in Schweden und die Population steigt. Das liegt an der Waldrodung, da die Tiere auf dem der Rodung folgenden Gestrüpp ideales Nahrungsangebot finden.
Seine Elche sind Unfallopfer, die er wieder hochgepäppelt hat. Das Jungtier ist von einer geschossenen Mutter. Da die Elche sehr schnell zutraulich werden (und das sind seine Elche wirklich), ist eine Auswilderung nicht mehr möglich.
Jetzt die Bilder:
Nach Fütterung der Elche noch seine Frage, ob wir mal einen lachenden Elch gesehen hätten. Er hält dem Elch seine Wange hin, der leckt dran und wirklich, so 30 Sekunden später "lacht" das Vieh volle Kanne los.
Dann gibt es noch einen tollen Film über die Natur in der Gegend. Gedreht im Umkreis von 5k um Vittangi; inkl. Bär.
Weiter geht's und an der Grenze zu Finnland sehe ich zufällig ein Schild, nach dem ich schon länger gesucht habe. Ein Messerhersteller mit Fabrikverkauf. Hier kann man Messer mit einer 0 weniger auf dem Preisschild kaufen im Vergleich zu den Touriläden. Ich schlage bei einem schlichten Messer ohne Verzierungen und Gedöns zu und habe jetzt ein Lappenmesser.
Dann ab nach Finnland.
Hier fällt mir auf, dass die eh schon seltener gewordenen Nadelbäume fast verschwunden sind und es nur noch Birkenbüsche gibt.
Schon wieder die Entscheidung; wie weiter fahren?
Es stehen zur Wahl: Nordkap(p) und/oder Inari-See oder ab auf die Lofoten. Eine kurze Kilometerkalkulation und Inari-See wird gestrichen. Das wir einfach zu weit und der restliche Urlaub würde zu Dauerhetzte. Will ich nicht. Nordkap(p) könnte ich mich später noch zu entscheiden. Also weiter eher nord-westlich.
Ganz interessant -aber leider ohne Foto- sind die Masten der Strom- und Telefonleitungen. Die stehen augenscheinlich teilweise im Permafrostboden. Knapp über dem Boden haben die Holzmasten eine ca. 10m lange Querleiste, die je nach Neigungsrichtung im Sommer mit Gegengewichten wieder aufgerichtet werden.
Finnland ist relativ gerade
Nach einigen Stunden nähere ich mich der Grenze zu Norwegen und mich beschleicht ein etwas schlechtes Gewissen. Ich habe zu viel Zigaretten dabei. WENN ich kontrolliert werde, werde ich das anmelden; so der Beschluss. Die Strafen sind mir zu hoch. Aber es gibt keine erkennbare Grenze und schwups bin ich in Norwegen und fahre einen Pass runter. Unten halte ich mal, um mich zu orientieren und wer kömmt ankradiert? Der Honda PanEurop-Fahrer aus Jokkmokk (hach! wieder die vier "K" geschrieben...)
Wir plaudern und er erzählt mir von einem wöchentlichen Motorradtreff in der Nähe von Tromsö. Alle "Biker" aus der Gegend kämen da am heutigen Tag zusammen. Ich soll mal hinschauen.
Ich erreiche die Küste und die Landschaft ist spektakulär. Jetzt bin ich an den Schneebergen, die ich morgens gaaanz in der Ferne gesehen hatte.
Soderle, "irgendwie" fährt die Karre an der Küste nach rechts, also nach Nordosten. Ich habe nicht überlegt, sondern bin einfach Richtung Alta gefahren. Doch zum Nordkap(p)? Die Idee ist plötzlich entstanden und nun ja, dann fahr ich halt mal.
Aber nicht sehr lange. Es kommt ein Rastplatz mit Kaffeehaus. Ich kauf mir einen Kaffee und schau mich um. Massig Wohnmobile und so 7 oder 8 Reisebusse stehen rum. Ich lausche den Gesprächen und es fallen ununterbrochen die Worte "Nordkap, Nordkap, Nordkap..."
Nee, bitte! Mit den Massen will ich da nicht rumstehen. Der Entschluss ist schnell gefasst und so 50km vor Alta dreh ich um und fahr Richtung Lofoten. Mögen Andere ihren Sinn darin sehen, einen definierten Punkt als Ziel zu haben... (Später treffe ich einen Motorradfahrer, der von einer Massenveranstaltung am Kap erzählt).
Ich hab ein Problem. Meine norwegischen Kronen aus dem Urlaub vor drei Jahren sind nach dem Kaffee alle. Ich brauch einen Geldautomaten... Das dauert. Das dauert sogar 150km. Dann habe ich Geld, getankt und was für den Abend eingekauft.
Ich komme sogar an dem angeratenen Mopettentreffpunkt vorbei. Ziemlich was los. Viele Großeisen, viel Chrom, viele Leute. Es ist wie in D-Land; die Leute sagen mir nichts, ich sage den Leuten nichts. Zwei Welten.... Also weiter.
Ich will einen Campingplatz, weil eine Dusche wäre jetzt recht.
Das dauert wieder... Aber irgendwann kommt einer. Zelt hin, Bierchen auf und schon kommt der "Nachbar". Ein Womolist aus Wien. So von wegen "das Motorrad" und so.
Der Wiener und ich stehen draußen, seine Frau im Womo hinterm ( ohne Chemie unbedingt nötigen) Fliegengitter. Wir plaudern, er öffnet einen Rotwein. Wird ein lustiger Abend. Er berichtet, dass sie auf den Lofoten waren und kurz vor der Mitternachtsonne über dem Meer kam eine Wolkenbank. Gegen 0 Uhr fällt uns auf, dass wir beide ziemlich frieren. Ich schau auf mein Thermometer: 3°Cund wir sind nicht mal 150m über dem Meeresspiegel....
Um 1.00 Uhr gehe ich duschen und ab ins Bett.
OllY