Donnerstag:
Gletscherlicht, steirische Schmankerln und verschwendeter SchneeMorgens frühstücken wir und brechen zeitig auf. Peter und ich sind für ca. eins in Rottenmann verabredet. Gerti, die Witwe von Herbert hat uns zum Mittagessen zu sich nach Haus eingeladen. Der Herr Präsident, Uwe, Harald Fritz und wir beide sind angemeldet.
Urbans MZ möchte durch Anrollen zum Leben erweckt werden. Von den gestern während der Fahrt kurz aufgetretenen Irritationen wegen Luftmangel im Hinterrad ist heute nichts mehr zu spüren. Wenn ich Urban auf der Fahrt über kleine Strassen so zusehe, dann bekomme ich einen gewaltigen Respekt vor dem schmalbrüstigen 16 Zoll Hinterrad, angesichts des straff bepackten Lastenseitenwagens und der bewegten Gesamtmasse. In Kurven biegt sich das Speichenrad wie ein Flitzebogen und das Beste an dem gewählten Reifen scheint der Name zu sein: "IRC Urban Snow".
Wir fahren bei strahlendem Sonnenwetter am Attersee lang und über Bad Goisern und den Pötschenpass direkt nach Rottenmann. Liezen lassen wir links liegen. Einmal, kurz vor Seewalchen und später bei Tauplitz sehen wir ein unbeschreibliches blaues Leuchten über den Bergen, so als würde es Indigoblau schneien dort oben. Dieses Licht kenne ich nur aus der Umgebung von Gletschern und es soll wohl Schnee ankündigen. Das ist auch dringend notwendig. Nur am Pötschenpass ganz oben war überhaupt ein wenig Schnee zu sehen. Blöderweise nicht da, wo er hingehört, sondern sinnlos rechts und links der Fahrbahn im Wald verstreut....
In Rottenmann haben wir ausreichend Zeit für Peter und Urban eine Palette Blechsemmeln zu kaufen und Urban, der ein Navidefekt hat, mit meinem Navi ausgestattet zur Oberst-Klinke-Hütte vorzuschicken. Peter und ich gehen noch beim Stadtmetzger einen Kaffe zu trinken, bis uns Andreas, Harald und Uwe dort aufsammeln und wir gemeinsam in ein Randgebiet von Rottenmann fahren zum Haus von Gerti.
Dort erwartet uns ein Menu, wie ich es nicht hätte besser machen können. Eine Frittatensuppe mit frischem Schnittlauch, für deren Sud mindestens eine Kuh ihr Leben lassen musste, danach ein Salat mit handgepresstem steirischem Kernöl, dann Serviettenknödel und ein Gedicht, was sag ich, eine Ode ans Gulasch aus einem handgestreichelten Styria-Beef mit Fachabitur, mehrfach erwärmt und liebevoll gewürzt, wie es nur eine östereichische Mutter je zu kochen vermag. Dann erstmal mangels Körpergrösse nach dem dritten Teller Gulasch ein Verdauungsschnapserl, eine Runde Hüpfen im Hof, und danach noch ein selbstgebackener Blaubeerkuchen. Selbst ein "Pap" wäre danach als Wort gefährlich geworden. Die Verdauungssäfte schwappten bei allen Beteiligten deutlich durch die Augen hindurch sichtbar bis ins Gehirn.
Gerti schenkt uns dann noch fünf Sack Kaminholz und wir fahren bei immer noch strahlender Sonne zur Oberst-Klinke-Hütte. Den ersten Schnee, der nicht sinnlos verschwendet rechts und links der Fahrbahn im Wald rumliegt, sondern da, wo er hingehört, erleben wir auf dem grossen Skiliftparkplatz an der Kaiserau. Ich frage Uwe, ob er mir eine Chance gibt, es ohne Schneeketten hoch zu schaffen. Er bejaht. Also los! Umdrehen und wieder runter fahren kann ich jederzeit.....
Die Strasse ist breiter, als die Mautstrasse zur Edelraute. Aber auch ganz schön eisig. Man kann mit oder ohne beliebig viel Schwung von dem Omnibusgeeigneten Parkplatz am Skilift starten, nach etwa 150 Metern kommt eine etwa 80° Rechtskurve, dann eine etwa 500 Meter lange gerade, ziemlich vereist an deren Ende eine spitze Linkskehre folgt, hinter der sich unmittelbar ein kurzes Steigungsstück anschliesst. Das ist sie auch schon, die Kriteriumsstelle. Beim ersten Mal gebe ich ein wenig zu viel Gas und stehe plötzlich wieder in Fahrtrichtung bergab. Da kommt Verkehr von unten, also niemandem deppert im Weg rumstehen, einfach weiter runter fahren und auf halbem Weg der langen Graden, als niemand vor oder hinter mir ist, eine Schleuderwende und wieder nach oben. Diesmal etwas verhaltener, aber im Drift durch die Kehre. Lukas schiebt sich bei niedriger Geschwindigkeit und hohem Drehmoment im zweiten Gang durch das Steilstück. Damit habe ich die Kriteriumskehre gepackt, weiss das aber noch nicht. Ist schliesslich mein erstes Mal hier.
Der Rest der Mautstrasse ist deshalb ein wenig tückisch, weil es keinerlei Schneewächten rechts oder links der Fahrbahn gibt, weil die Strasse teilweise zum Gefälle hin geneigt ist, auch in Kurven, und weil es seitlich davon ganz schön runtergeht. Bloss nicht die Beherrschung über die Fuhre verlieren... Echte Schwierigkeitsgrade gibt es aber nicht mehr. Es liegt durchgehend wenig festgefahrener Schnee auf einer massiven Eisplatte. Wenig später komme ich an der Oberst-Klinke-Hütte an.
Schön hier. Traumhaft schön.
Sonne, klare Sicht. Links der Kalbling, den ich nach dem Donnerstag nicht mehr sehen werde, daneben eine Felsbrockenformation, alles viel dichter dran, als an der Edelrautehütte. Die Hütte ist vergleichsweise riesig, der zur Verfügung stehende Parkplatz aber eher klein.
Ich begrüße viele bekannte und liebgewonnene Gesichter und muss ein wenig schmunzeln, als der Meyer mir nach wyrdevoller Begrüßung voller Stolz berichtet, dass er es ohne Schneeketten zur Hütte geschafft hat. Scheint also auch zu gehen....
Ich beziehe mein Zimmer, das verglichen mit der Ederaute zwar weniger Flair hat, aber etwa doppelt so gross ist und den Luxus einer eigenen Dusche und absoluter Ruhe bietet. Einmal umziehen - raus aus dem viel zu warmen A4 - und einen Kaffee später stehe ich draussen und muss die ein oder andere Kontrollfahrt absolvieren. Wenn man die Strecke erst einmal kennt, dann sind heute auf den langen Geraden bergauf Spitzengeschwindigkeiten über 80 km/h und im vierten Gang machbar. Nachts setzen die ersten Schneeflocken ein, die Staudacherkette liegt immer noch jungfräulich im Seitenwagen der Knepta. Die letzte Kontrollfahrt findet gegen halb drei statt.
Danach geht es zufrieden und von einem Rotwein beschwingt ins Bett
Fortsetzung folgt