Spät kommt sie, doch sie kommt...
Zuerst hat der Schlamperei-Teufel beim ADAC meine grüne Versicherungskarte verschlampt. Abfahrt sollte Freitag-Mittag sein. Diverse Telefonate, auch unfreundliche, 2 Mal wieder in die Stadt zur Geschäftsstelle, Zuerst nur ungültige Faxkopie bekommen, wieder in Bonn angerufen, endlich eine handschriftlich ausgestellte gültige grüne Ver.-Karte bekommen. Völlig entnervt um 19.00 Uhr wieder zu Hause. Es schüttet. Hat so keinen Zweck mehr. Seit ich mit Brille fahren muß, sehe ich im Dunkel bei Regen nicht mehr genug. Also ab ins Bett und Wecker gestellt. Gegen 3.00 Uhr dann zwar trockenes Wetter aber Absage der XT. Der Kickstarter lässt sich nicht treten. Immer wieder versucht, vorsichtig hin und her geschoben, wieder getreten. Für mich ist es schon ein artistischer Akt, auf die vollgepackte XT zu klettern, hab`sie aber nicht umgeschmissen. Endlich bewegt er sich gaaaanz schwer. Also ist im Motor nichts fest. Deko-Hebel verdächtigt und mit Kriechöl behandelt. Wieder getreten bis zur völligen Erschöpfung. Bewegt sich nicht. Aufgegeben und Kaffe gekocht. Dann der wirklich allerletzte Versuch... und sie springt auf den ersten Tritt an, als ob Nichts gewesen wäre. Zicke! Die klatschnass geschwitzten Klamotten von mir geworfen und ein heißes Anti-Muskelkater-Bad genommen. Gegen 8.00 endlich Abfahrt. Keine 100 km weit bin ich gekommen. Die XT hatte keine Leistung mehr und ruckelte erbärmlich. Also wieder in die Werkstatt eines Bekannten. Er hatte einige Tage zuvor eine größere Düse in den Vergaser gebaut. Natürlich war er nicht zu Hause, kam aber gegen Mittag. Die Düse gegen die alte getauscht, die ich glücklicherweise noch im Portemonnaie hatte.
Endlich lief sie, und wie!!! Der Schwimmer klemmte und der Vergaser lief über. Mehrmals den Vergaser wieder ausgebaut, ist mit dem großen Acerbis-Tank eine üble Fummelei. Endlich alles dicht. Gepäck aufgerödelt und Abfahrt. Die Sonne scheint, das Leben ist wunderbar. Hinter Köln fiel dann der Tacho aus.
Egal, ich habe ja noch den Digi-Tacho. Geht zwar nur bis 98 km/h, aber als Km-Zähler fürs Tanken und für die Geschwindigkeitsbegrenzungen reicht er. 20 km später ist auch der Digi-Tacho hinüber. Runter von der Autobahn. Aha, ein Baumarkt. Kauf ich halt einen Neuen. Leider nichts Passendes vorrätig. Hilfe naht in Form eines jungen Roller-Fahrers. Natürlich hat er so ein Handy, das Alles weiß. In Null-Komma-Nix vermeldet er, daß es weit und breit keinen Motorradzubehörladen gibt, der noch geöffnet hat. In Köln gibt es mehrere, er könne mir die Daten mal eben auf mein Navi bringen. Danke, Navi habe ich keins. Jetzt reicht es mir endgültig und ich rufe den ADAC an. Die sollen mir so ein Ding besorgen und vorbeibringen. Der gelbe Engel erscheint, checkt, was ich schon weiß und leitet mich per Navi zum Geschäft. 4 Radar-Fallen auf einer einzigen Rheinbrücke sind eindeutig zu viel. Ohne Tacho hätte man von den Radar-Fotos von mir einen Film machen können. Bis zum Geschäft habe ich ca 20 davon gesehen.
Ich gehe einen Tacho kaufen während der gelbe Engel das stille Örtchen aufsucht. Als wir zur XT kommen, steht sie in einem See aus Benzin. Unnötig zu erwähnen, daß ich wegen fehlendem TKM auf der Autobahn schon auf Reserve geschaltet hatte und sie gerade wieder voll getankt war. Dem gelben Engel reichte es jetzt und mir auch. Alle Raucher wurden aus der Gefahrenzone verbannt und der Schandwagen gerufen.
Zurück zu G. in die Werkstatt. Er versprach, am Sonntag die XT gründlichst zu untersuchen und zu kurieren.
Sonntag-Mittag rief er an und vermeldete Erfolg. Zur Sicherheit hatte er eine ausgiebige Probefahrt gemacht und offensichtlich viel Spaß mit der alten Zicke gehabt. Das sei ihm auch gegönnt, wenn sie ihm schon das ganze Wochenende versaut hat.
Zum Sölkpasstreffen war es nun zu spät und ich habe recht unlustig die Wetterkarte studiert und über Alternativen nachgedacht. Überall in Europa war Regen angesagt, nur im Osten war es etwas besser. Polen, Masuren, Slowakei? Nein, schließlich habe ich meinen Stolz. Also auf zum Sölkpass. Natürlich bin ich direkt ins Unwetter gefahren. Bei Frankfurt krochen die Autos noch mit 50 km/h auf der Autobahn durch die Fluten. Als es bei Aschaffenburg dunkel wurde und vor mir, trotz geringer Geschwindigkeit, ein Wohnwagen ins Schleudern kam, habe ich aufgegeben und mein Zelt an einer Tankstelle aufgebaut. Um 6.00 Uhr am Pfingstmontag war ich wieder startklar und bin nach fast ununterbrochener Regenfahrt um 18.00 Uhr beim Gerngross angelangt. Alles sauber aufgeräumt, kein Mensch mehr zu sehen. Schade, es war ein wirklich übles Gefühl, das Treffen verpasst zu haben. Wenigstens hatte die XT es ohne weitere Mucken bis hierher geschafft und ich habe ein Beweis-Foto von ihr vorm Gerngross gemacht. Als ich den Helm schon wieder aufgesetzt hatte, um bei Barbara um Asyl zu bitten, hörte ich ein Geräusch. Als ich das grüne Tor aufmachte, stand plötzlich T vor mir. Es tat meiner wunden Seele unendlich gut, daß noch Jemand zum Treffen da war und mich mit dem Geist des Sölkpass-Treffens anhauchte. T war einfach großartig. Freundliche Worte und ein großer Topf Gulasch mit Nudeln haben meine Lebensgeister wieder geweckt.
Ich habe es mir in der oberen FeWo gemütlich gemacht und T und ich haben in den nächsten 3 Tagen die Umgebung erkundet. Das Fahren mit T hat viel Spaß gemacht und wir haben ein paar schöne Strecken entdeckt. Als er nach Hause fuhr, fielen die ersten Schneeflocken. Ich habe dann noch 2 Tage alleine beim Gerngross verbracht, bis das schlimmste Wetter vorbei war. Freundliche Nachbarn haben mir sogar eine Schneeschaufel angeboten. Barbara war so lieb, ihren Laptop mitzubringen, damit ich den Wetterbericht sehen konnte. Die geplante Tour über den Vrsic und Predil fiel leider aus. Der Vrsic war gesperrt und der Predil nur mit Schneeketten befahrbar. Dank Barbaras Wetterbericht habe ich mich am Sonntag Richtung Ungarn aufgemacht und bei trockenem Wetter eine Tour zum Balaton und über Slowenien zurück nach Österreich gemacht. Kurz hinter der ungarischen Grenze kam ich in eine Polizei-Kontrolle. Mindestens 10 Polizisten haben meine Papiere und die XT gründlichst inspiziert.Zum Glück hatte ich natürlich eine gültige grüne Versicherungskarte dabei. Die jungen Herren waren anscheinend noch in der Ausbildung und haben es vorschriftsmäßig sehr genau genommen. Einen Tag habe ich in der Gegend zwischen Leoben und Steyr vertrödelt. Schönes Wetter und kleine Bergstrassen, einfach perfekt. Eigentlich wollte ich noch einen Abstecher nach Tschechien machen, aber als gestern früh mit einem Gewitter der grosse Regen einsetzte, bin ich 13 Stunden im strömenden Regen Non-Stop nach Hause gefahren. Es war zudem noch unangenehm kalt und zwischendurch befürchtete ich, Halluzinationen zu haben. Ich sah ständig heiße Badewannen. 4 Motorradfahrer, die auf dem Rückweg von der Türkei waren, beruhigten mich aber bei einer Tankpause. Sie hatten diesen heißen Badewannen auch gesehen und berichteten zudem noch von finnischen Saunen und heißen Thermalquellen.
Insgesamt war ich seit letzter Woche mit der XT fast 3500 km unterwegs, davon 80 auf dem Schandwagen und 3104 absolut pannenfrei. Heute war Ruhetag. Ausschlafen, Sachen trocknen, Kater kraulen.
Morgen geht es zu einem Motorradtreffen in der Süd-Eifel. Obwohl auch die kleine SR, die Honda und die BMW schon mit den Reifen scharren, werde ich morgen wieder die XT mit den getrockneten Klamotten aufrödeln. Schließlich hat sie eine kleine Belohnung verdient.