Da sich das hier so langsam aber sicher von der Fotostrecke zur Tenere 700 Fan-Boy Seite entwickelt, mach ich doch einfach mal weiter.
Fahrbericht eines T700 Novizen
Heute war es also soweit. Zum ersten mal überhaupt eine T 700 anfassen, bewegen, probesitzen und Fahren können.
Nun meine persönlichen und absolut subjektiven erste Eindrücke:
Optik:
Ob einem Enduros nun gut oder schlecht gefallen muss jeder für sich selber entscheiden. (Mir gefällt es)
Aufgefallen ist mir als erstes wie schmal das Motorrad ist. Auf den Bildern und im Netz kommt das gar nicht so rüber, aber die Tenere ist kaum breiter als meine 690. Das hat mich sehr überrascht.
Alle Oberflächen sind schön bearbeitet, es gibt keine Lunker, Einschlüsse, scharfe Kanten oder Abschabungen. insgesamt wirkt alles sehr wertig verarbeitet und solide. Japanisch halt, so wie ich es von Yamaha erwartet habe.
Haptik:
Der gute Eindruck setzt sich beim anfassen weitestgehend fort. Einzig der Kennzeichenträger hinten und die Kunststoffböcke in denen das gesamte Cockpit inkl. Scheibe gelagert ist, finde ich etwas knatschig. Da wird sich zeigen ob das so hält
Beim aufsitzen und rangieren wirkt das Motorrad sehr leicht und sehr gut ausbalanciert. Meine Vorannahme war, dass dieser extrem hoch aufragende Tank einen unangenehm seltsamen Schwerpunkt schafft. Dem ist nicht so! (Motorrad war voll getankt.)
Sitzbank: Ich konnte 3 verschiedene Sitzbänke ausprobieren.
1. Der Standardsitz. Sehr hart gepolstert. Recht schmal aber breit genug für geschätzte 200 Km im Wohlfühlbereich. danach glaube ich nicht mehr an etwas ähnliches wie Komfort
Was mich am meisten störte waren die harten Kanten am Übergang zum Tank /Seitenverkleidung. Da hat es mir unangenehm auf die Innenschenkel gedrückt
2. Die Sitzbank der Rallye version. Ca. 2 Cm höher als der Standardsitz. Das mehr an Polsterung ist deutlich zu spüren. Die Sitzbank wirkte auf mich deutlich bequemer als die normale. Allerdings ist die Kontur erheblich runder, (Keine harte Kante am innenschenkel mehr spürbar) damit der Schrittbogen klein bleibt. Dadurch wird die Sitzfläche nochmal schmäler, Wie sich das auf längeren Strecken auswirkt, kann ich nicht sagen.
3. Die Ralleybank aus dem OEM Teilekatalog. Nochmal 2 Cm höher als die vorige Wirkt beim aufsitzen noch bequemer. Schaumstoff sehr dick und fast schon knautschig. Ansonsten das gleiche wie bei der Ralley-Versionsbank.
Unterm strich traue ich keiner der drei Versionen die Bequemlichkeit meiner Seat Concepts Bank auf der KTM zu. Wenn ich mir also eine Yamaha kaufe werde ich wieder in den USA bestellen.
Jetzt zum Fahren:
Der Motor startet sofort und fällt in leicht erhöhten leerlauf. Wohngebietstauglich! Kein Rasseln kein Klappern, kein Getöse, angenehmes Blubbern aber sehr leise und zurückhaltend. Klasse!
Ich bin die Version mit Akra Auspuff gefahren. Der Ton ist etwas brummiger aber nicht lauter als beim Serienauspuff.
Getriebe: schaltet sich etwas knochig/knorpelig mit spürbarer Rastung. Hoch und runter schalten geräuschlos aber im Stiefel deutlich spürbar.
Ganz anders als an der KTM da fallen die Gänge schon rein wenn du den Hebel nur anschaust.
Bei der Yamaha ist das Getriebe weniger geschmeidig, aber von der Funktion absolut Ok.
Anfahren: Die Kupplung ist eine klassische Seilzugkupplung. Sehr geringe Bedienkräfte. Ich konnte sie wunderbar mit einem Finger bedienen. Meine hydraulische 690er Kupplung geht nochmal leichter, aber wenn unterwegs mal was sein sollte ist ein Seilzug auf jeden Fall einfacher zu ersetzen. Punkt Yamaha!
Beim Anfahren gleich 2 große Überaschungen.
1. Trotz meiner Größe und Statur passt das Fußrasten und Lenkerarrangement der Yamaha zum stehend fahren für mich im serienzustand schon besser als an meiner KTM mit den ganzen Veränderungen
Chapeau!
2. Das Motorrad ist genial ausbalanciert! Unter-Schritt Geschwindigkeit fahren, mal stehen bleiben (Füße auf den Rasten), wenden am Lenkanschlag, mit der Tenere eine Leichtigkeit. Wenden auf engstem Raum wird zum Kinderspiel. Da wo meine KTM kippelig wird steht die Tenere noch ganz ruhig da. Ein bisschen wie wenn jemand hinten ein wenig festhält. Ein sehr sicheres sehr ruhiges Gefühl! Besonders in Kombination mit dem Motor mit ausreichend Schwungmasse. Wo ich bei der KTM immer den Schweiß auf der Stirn habe dass sie gleich auspoppt hat die Yamaha noch wunderbare Souveränität. Sehr sehr schön!
Stadtverkehr: Sehr linearer Leistungsverlauf des Motors, kein Ruckeln kein Kettenschlagen. Auch nicht als ich es darauf angelegt habe. Besonders 30er Zonen und Spielstraßen sind absolut geschmeidig zu fahren.
Klingt für euch womöglich seltsam aber dass sind die Bereiche bei denen die KTM 690 total versagt.
Höhere Geschwindigkeiten:
Zum Fahrwerk kann ich gar nichts sagen, außer es funktioniert total unauffällig. Die Yamaha läuft auf den Millimeter dahin wo ich sie hin haben wollte. Aufstellneigung beim Bremsen ist nicht vorhanden. auch bei 170 Km/h absolut stabil. Keinerlei Wackeltendenz kein Pumpen in Kurven, leichtes einlenken, auch Wechselkurven durchaus schön zu fahren. Die Federelement an der 690 sind in einer anderen Liga angesiedelt, Das ist spürbar, aber das Fahrwerk der Yamaha funktioniert einfach gut, Ich denke wenn überhaupt würde ich die Federrate hinten für mich anpassen (nur aus Komfortgründen) aber mehr nicht.
Motor bei Überlandfahrt:
Ich mag ihn sehr
Eine wunderschöne Maschine. Er reißt keine Bäume aus und wenn ich den mörder-Antritt einer 690 bei mittleren Drehzahlen suche, werde ich nicht fündig.
Wenn ich aber einen drehmomentorientierten Motor suche, der sehr schaltfaul bewegt werden kann, und dabei schön nach V2 Klingt, der aber auch jederzeit bereit ist in höheren Drehzahlen mehr als ausreichend Leistung abzugeben, werde ich hier fündig.
Für mich ist der T7 Motor im übrigen einfach ein Transalp Motor mit Leistung.
Er fühlt sich übrigens tatsächlich auch ein bisschen so an. praktisch keine Vibrationen und ein leichtes Auspuffpatschen beim Gas weg nehmen. Da ich schon gerne Transalp gefahren bin, spare ich mir jedes weitere Wort
Off-Road:
Ist jetzt ein bisschen übertrieben, aber ein kleines wenig Schotter war schon auch dabei
Ja. Wheelie kann sie auch.
Die Bremsen der T7 sind klasse. Auf der Straße ausreichend, auf Schotter sehr gut zu dosieren. Wieder ist mir die Balance des Motorrades aufgefallen. mit der Fußbremse einen Drift einleiten oder im Drift beschleunigen geht wie von selbst. Wo die KTM extrem biestig wird und ich immer Gefahr laufe dass mich gleich das Heck überholt. (hat es ja auch schon mehr als einmal gemacht
) Strahlt die Tenere eine Ruhe und Gelassenheit aus, so etwas habe ich noch nicht erlebt. Ich habe keine Ahnung wie die bei Yamaha das gemacht haben, aber es fühlt sich so an als ob die T7 am Hinterrad nahezu unendlich Traktion hat. Sehr geil!
Es kann schon sein dass KTM die besten Off-Road Fahrwerke für Könner baut. Aber das Fahrwerk der T7 ist für gelegenheitsabseitsderstraßefahrerdiletanten wie ich einer bin eindeutig einfacher zu beherrschen.
Bleiben zum Abschluss nur noch 3 Dinge
1. Das Gewicht. 204 Kg sind 204 Kg! die sind bei der Tenere einfach vorhanden. super verpackt kaum spürbar aber da. Da muss ich durch!
2. Ausstattung Die Tenere hat alles was sie braucht! ABS ist abschaltbar und ansonsten bin ich persönlich um alles froh was nicht da ist. Schon alleine deshalb dass sie auf Traktionskontrolle, Bluetooth Anbindung, Fahrmodi, TFT-Bildschirm, Blipper usw. verzichtet haben, gehört ein Dankesbrief geschrieben. Das Zeug kann ja auch alles kaputt gehen und tut es auch wie zahlreiche Fälle bei BMW und KTM aus der jüngeren Vergangenheit belegen.
3. Persönliche Haltung
Alles was ich bis hierher geschrieben habe, war streng subjektiv und eigentlich ist es auch total zu vernachlässigen, dann das wichtigste kommt ganz zum Schluss.
Die hatten im Laden eine T700 Ralley!
Und das ist so ganz einfach gesagt........ MIT ABSTAND DIE SCHÖNSTE UND GEILSTE ENDURO die es derzeit zu kaufen gibt!
Wenn ich irgendwie die Kröten zusammn bekomme, werde ich mir eine bestellen.
Drückt mir die Daumen.
Und by the way.... Macht keine Probefahrt! Das ist gefährlich!