Samstag
Was fyr ein Morgen ... wir haben (Zufall oder Instinkt) den schattigsten Platz am Gelände gefunden und daher wird mal ausgeschlafen.
Zeit für Frühaufsteher um Kaffee zu kochen, den Wellnessbereich zu nützen, oder wie der Hr. Inschenör eine Runde laufen zu gehen.
Daher sind wir auch erst am Frühmittag auf den Mopetten unterwegs, so 11:30 wenn es mir korrekt dämmert.
Passo di Fedaia - grandioser Bergsee auf der Passhöhe als Belohnung der Kurvenbefahrung.
Getanke in Canazei ... Einsvierzich der Liter
Durchs Avisiotal nach Süden abbiegen und bis Moana, dann östlich über den lieblichen Pellegrinopass bis Cencenighe Agordino, wo wir uns in einem Gastgarten niederlassen.
War die Bedienung zunächst höflich-bedauernd uns maximal Panini anbieten zu können mit Verweis auf die fortgeschrittene Uhrzeit (drei), so kommt während wir noch diskutieren ob wir weiterziehen sollten der Chef herbei und meint, er hätte da schon eine Spezialität - hausgemachte grüne Nudeln aus Brennnesseln und einer Fleischsauce vom Fasan, dazu ein paar Krüge Bier ... "plumps" macht's als wir uns wieder setzen und 7 Stück bestellen.
Nicht mehr ganz so schwach nehmen wir die weitere Strecke in Angriff. Das Kollektiv kann sich irgendwie nicht entscheiden, ob's die Strada Panoramico del Vette sein soll oder der Stol (Slowenien) oder beides, und ob wir in Slowenien zelten sollen oder überhaupt auf einem Campingplatz oder wie, also fahren wir erstmal nach Comeglians um die Rundfahrt in Angriff zu nehmen. Über Agordo nach Nordosten packen wir den Passo Duran, nicht ohne Verkehr weil es ist Wochenende. Trotzdem klein und nett. Ein Gelato in Forno die Zoldo (im Tal der Eismacher, man google das), anschließend der Passo Cibiana wo meine XT die 120.000 km Marke knackt ohne zu stottern.
Entlang des Lago die Centro Cadore bis Vigo di Cadore, abbiegend östlich über die Casera Razzo zur Forcella Lavardet. Ab hier kennen wir uns wieder aus und steuern den schiefen Turm von Prato Carnico von der anderen Seite an. Ein kleiner Durchhänger ereilt die Truppe, man ist unschlüssig wo genachtet werden soll, und wir kaufen mal im Ort Vorräte ein um Wurst und Käse zum Brot zu haben im Fallesfall. Dann, nachdem vor Ort nix überwältigend liebliches zu finden war (die zwei in der Karte eingezeichneten Campings sind zu) geht's weiter nach Comeglians mit dem plöckenpassigen Notplatz im Hinterkopf wo wir schon auf der Anreise waren, und doch nahe der Panoramastraße.
Doch so weit kommen wir nicht, denn einige km vor Comeglians fallen Uwe und Alex zurück und zurücker bis zum technischen Stillstand mangels Kompression. Das Gemisch entweicht zischend seitlich, wo noch die Fetzen der enfieldianischen 350er Zylinderkopfdichtung herausschauen.
Währenddessen suchen wir in Comeglians nach einem Camping (geschlossen) oder anderer Zeltmöglichkeit (in einem Wintersportort ...). Jan bringt kurierfahrend die Kunde vom Kopfweh der Enfield.
Steve entdeckt ein paar km weiter einen Platz am Fluss, scheints ein unbenutzer kleiner Festplatz, wo wir uns (illegal) niederlassen könnten um die malade Inderin zu reparieren.
Justus versucht parallel unser Glück, indem er die örtliche Bevölkerung in Gespräche verwickelt. Er bekommt von einem schwer alkoholosierten Barbetreiber die Erlaubnis, dass wir auf seinem Grundstück übernachten, reparieren, Lagerfeuerchen anzünden etc - welches sich als das von Steve unabhängig ausgespähte herausstellt.
Klasse - und außerdem nur ein kurzes Stück bergauf zu schleppen (Junak zieht) und danach ein paar Kilometer zur Werkstatt rollen kwasi.
So wird es gemacht, und wir lassen uns um die Enfield nieder. Raus aus den Stiefeln, Feuerholz gesucht, Jause ausgepackt etc.
Wer darf ins Holzrondell? Die Enfield und ihre Mechaniker!
Wir werfen alle möglichen Werkzeuge und Bastelmittel zusammen und diskutieren Lösungsansätze. Fachlicher Rat wird telefonisch eingeholt (Albert) und vesuchsweise die Erlangung eines Ersatzteiles probiert. Schließlich wird entschieden dass die nachhaltige Lösung (die den Uwe auch nach Hause bringen können muss) die folgende sei:
Man scheiße auf die Kopfdichtung (also jetzt nur übertragen gemeint) und stelle die Dichtung Metall auf Metall in der notwendigen Präzision her. Die anschließenden Stößelstangenbohrungen sind separat abzudichten.
Da lässt dann meine Erinnerung stark nach, alldieweil ich nebendran einschlafe.
Irgendwann (halbeins?) wach ich auf weil ich von Schleifpapier träume.
"Hm? Brauchts ihr Schleifpapier?". "Ah, der Präsident is woch - host leicht ans?".
Ja, hat er. Und schläft kurz drauf wieder um gegen halb vier von Gedonner zu erwachen. Kein Gewitter, aber ein laufender 350er Einzylinder und wie ich annehme ohne Krümmer testweise gestartet
Aber kein Jubelgeschrei. Später wird mir erzählt man sei dazu zu myde gewesen.
Anscheinend war die Story so:
Die tapferen Reparateure stellten zunächst die Planizität der Teile (Kopf/Zylinderbuchse) NACH Entfernung der Stehbolzen und so fest - mit einer leeren Weinflasche als Lineal. Durch Auftragen einer Farbschicht (Steves weißer Eding-Marker) wurde festgestellt dass der Inder gepfuscht hatte und der Kopf nur an drei (3) kleinen Stellen auf der Laufbuchse auflag, den Rest musste die hinterhalb der Buchse liegende Kupferpapierdichtung aufnehmen was sie nicht dauerhaft konnte, zumindest nicht wenn man schwere gefrorene Würscht und dergleichen mit Vollgas über Passstraßen jagt.
Die groben Erhebungen wurden mittels Multifunktionszangerl hinfort geschabt und mit Schleifleinen nachgebessert. Sodann geht die Legende dass das Kollektiv aus diversen Ingredienzien wie Kaffeepulver, Sand, frischem Steinmehl, Salz und Zahnpaste eine Schleifpaste hergestellt hat und über etwa zwei Stunden mit mehrmaliger Kontrolle den Alukopf auf die Zylinderbuchse eingeschliffen hat.
Zur Abdichtung der nebenliegenden Hüllrohre wurde Tetrapak-Multischichtmaterial auserkoren, doch im einzigen Packerl lagerte noch die Frühstücksmilch. Kein Problem, kann man ja in eine leere Rotweinflasche umfüllen. Die Dichtungen wurden - vom Justus liebevoll ausgeschnitten - probeweise eingebaut. Zuerst zweilagig aber das war zu hoch und der Kopf verzog sich. Dann einlagig - immer noch zu viel. Schließlich schien das erfolgversprechende zu sein, ausschließlich mit HT-Silikon abzudichten. Meiner alten Loctite Ultra Copper Tube war solchiges zu entlocken und so gegen halbfünf wurde das Werkl seiner Ausheilung überlassen und die Kameraden klappten seitlich um und schliefen ums Mopped liegend ein.
Sonntagfrüh
Nach vorsichtig-leisem Kaffeegekoche beschließen wir gegen halbzehn dass die Kollegen wohl traurig wären wenn sie diesen wunderschönen Tag verschliefen, alldieweil sich dann die Befahrung der Panoramastraße nicht mehr ausginge (welche beiläufig vom Treiber des Kopfdichtungsschadens nie in Fage gestellt wurde). Und so wird nochmal Kaffee in rußigen Töpfen auf knatternden Benzinkochern zubereitet um etwas Leben in die Jungs zu bringen, die Falten zu glätten und die Händ nachzuschwärzen (das kommt ja von innen, wie wir wissen).
Steve und Koarrl müssen noch 200 km weiter heim und können uns leider nicht begleiten, werden ersatzlich über das schöne Slowenien heimsummen.
Die Restfünfertruppe knattert nach Ravascletto, erklimmt das kleine Asphaltsträßlein durch den dichten Lärchenwald (die Nadeln bedecken manchmal die ganze Fahrbahn) und gewinnt an Höhe.
Justus schaltet nach eigener Auskunft ob der grandiosen Landschaft auf Blümchenpflückermodus und fährt öfter "schon mal vor".
Bald sind wir über der Baumgrenze und die Schneefelder beginnen - fallweise wie 2005 auch auf der Straße. Und wieder stehen wir vor dem großen entscheidenden vielleicht 50 Meter langen Schneefeld in der Hälfte der Rundfahrt ...
Die Präsidenten-XT darf aufgrund des hervorragend geeigneten Restprofiles der Geländereifen von 2008 die erste Spur ziehen, sie wird mit eingelegtem erstem Gang "hinüberspaziert". Dann wird Ducagivi vom Justus hinüberüberredet und er folgt ihr halt, was soll er machen. Dann Jans DR BIG die diesmal keine Koffer verliert wie vorhin an dem einen Randstein, weil er sie vorher abgenommen hat.
Klarerweise rödeln wir die gröbsten Trümmer vor dem schieben ab und holen sie dann zu Fuß nach ... Irgendwann sind wir alle drüben und trinken ein Gipfel-Achterl während auf beiden Seiten vereinzelte Mopettenfahrer ungläubig zusehen, fragen ob sie Fotos machen dürfen, und dann wieder zurückfahren
Dann haben wir unser Mittagessen reichlich verdient. Nur noch wenige Schneefelder mit doppelhandbreiter Matschstreifen-Restfahrbahn und ein paar Dutzend Steilkehren trennen uns von Comeglians, wo wir im anscheinend einzigen offenen Restaurant vorzüglich und mit schöner Aussicht speisen - im Restaurant Bellavista. Zusammen mit zwei netten Enduristen aus dem schönen Amstettner Land.
Der Chef ist interessiert und fragt uns nach dem Bezahlen ein wenig aus - und wir erfahren dass wir heuer die Erstbefahrung der Panoramica absolviert haben, seines Wissens, weil im Juni geht das ja noch gar nicht wegen dem Schnee, eigentlich.
Jetzt noch ein wenig stolzer kurbeln wir Kilometer in Richtung Heimat.
In Kurzform: Sutrio - Paluzza - auf Strecke Benzin nachfüllen beim Jan der eigentlich die ganze Runde mit österreichischem Benzin absolvieren wollte und immer nicht mitgetankt hat ,der Sack - Treppo Carnico - Paularo (Tankstelle) - Passo dei Cason dei Lanze (Lanzenpass) für ein Getränk - Pontebbanatal - Pontebba - Passo di Pramollo - Tröpolach und schon ist es halb sieben.
Tanken, Eis essen, kleine Servicearbeiten. Dann das Gailtal mit Zielgeschwindigkeit 90 ostwärts, dann Rosental (Ferlach etc) bis Völkermarkt wo Jan abbiegt und heim autobahnt (und in den Rückreisetau gerät).
Wir tanken noch ein wenig rum und enden vorläufig in Griffen weils finster ist und hungrig. Eine Pizzeria hilft und lädt nebenbei den Fahrakku der lichtmaschinenlosen Junak, sodass das Werkl dann noch über die halbe Packer Bundesstraße knattert bis wir so um Mitternacht den vollen Akku von der XT reinbauen während ich den Bleigelburschen zur Wiederladung in den Rahmen schnalle.
Anstrengende Nachtfahrt bis Graz, restliche 60 km oder so ... und um halbzwei einen Kaffee auf meiner Terrasse.
Das war dann das Ende der legendären Sydtirolausfahrt 2010, zumindest für mich - Uwe und Justus hatten es dann noch ein Stündhen durchs Murtal ... und ach ja, die Enfield war natürlich dicht und lief besser als je zuvor!
Gryße!
Andreas, der motorang
der sicher viele Sachen vergessen hat und jetzt ans Bilder sichten geht.