Maybachs Ausfahrten 2022

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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon Maybach » Do 19 Mai, 2022 19:17

die glänzende Xs


Tut sie fast nicht, glänzen.
Denn da picken so viele Südtiroler Mucken dran :)

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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon Maybach » Fr 20 Mai, 2022 16:20

So, heute hatte in Sterzing das Multscher-Museum in der Deutschordens-Kommende offen. Wer sich für spätmittelalterliche Kunst interessiert, dem sei das angeraten, nachdrücklich! Aber vorher die Öffnungszeiten prüfen ...

Den Altar haben sich die stinkreichen Sterzinger gegönnt und Hans Multscher war einer der führenden schwäbischen Künstler seiner Zeit. Im 19. Jh. wurde der Altar auf Abbruch verlauft, um einer neogotischen (!) und zeittypischen Version Platz zu geben. Gab es aber anderswo auch: In Schwaz wurde ein Veit-Stoß-Altar im 18. Jh. abgebrochen. Wem das nichts sagen sollte: einer der Großen aus Nürnberg, sein Hauptwerk war Schwaz und ist immer noch der Hochaltar in Krakau.
Der Sterzinger Altar hatte wohl eine Höhe von knapp 15 m und acht dieser großen Tafeln, die jeweils eine Feiertags- und eine Wochentagsseite hatten.
Ich hänge nun eine Tafel (Kreuztragung Christi) an und zwei Details, die so schön zeigen, wie man in einer Zeit, in der ja nur wenige lesen und schreiben konnten, das Verständnis der von der Kirche vorgegebenen Erzählung sichergestellt hat.

20220520_120911.jpg
Die Kreuztragung Christi. Eine der acht Haupttafeln des Sterzinger Multscher-Altars


Einer der Wächter, bekleidet mit einem gotischen Kettenhemd und darüber einem Lederrock, hat einen merkwürdigen Hut, auf dem eine Art Drachenrücken zu erkennen ist. Dies machte den Zeitgenossen klar, dass der böse sein musste, denn Drachen waren nun mal böse. Dann die unfreundliche Farbgebung und schließlich die Grimasse hin zu Johannes und Maria Magdalena machte es auch dem Einfältigsten Klar.

20220520_120915.jpg
Grimasse schneidender Wächter (Detail Sterzinger Multscher-Altar)


Johannes und Maria Magdalena hingegen in den quasi königlichen Farben rot und blau. Also gut.

20220520_120921.jpg
Maria Magdalena und Johannes (Detail Sterzinger Multscher-Altar)


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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon Christoph » Sa 21 Mai, 2022 06:16

Maybach hat geschrieben: Im 19. Jh. wurde der Altar auf Abbruch verlauft, um einer neogotischen (!) und zeittypischen Version Platz zu geben.



High,
das liest sich fast wie die Geschichte des ehemaligen Halderner Altars:
https://www.bildindex.de/document/obj00022672
Eventuel stammt dieser ursprünglich aus dem ehemals am Fusse des Halderner Mühlenberges (irgendwas um die 20m über Meeresspiegel) gelegenen Kloster Schledenhorst, das einer Sage nach in einer stürmichen Gewitternacht dereinst im Moor versank ...
https://web.archive.org/web/20170922100 ... ledenhorst

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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon Maybach » Mo 23 Mai, 2022 16:10

Gestern wars schön sommerlich und man hatte mich auf ein Oldtimertreffen in Volders aufmerksam gemacht. Das habe ich dann weit ausholend auch erreicht - und ich hätte es ahnen können: Bierseligkeit, überrestaurierte Autos im Stile von Mustang, kaum Motorräder (gesehen habe ich eine Kawasaki Z650 und eine BMT R100RT (vor 1981)). In Summe: sehr verzichtbar.
Und so kam es dass der Stopp bei der Karlskirche bei Volders kulturell spannender war. Die Kirche ist sehr kurios. Wen es interessiert, der findet was dazu bei Wikipedia.

20220522_125214_resized.jpg
Die Karlskirche bei Volders, ein Juwel des Barock.


Weiter bin ich Richtung Schwaz, als ich in Pill erstmalig das Kreuzkircherl offen fand. Ich war erstaunt über die hochwertige Malerei, vor allem ab über eine Inschrift:, die ich hier in Auszügen zitieren will: "Im Jahr 1764 [...] ist dises gebäu ohne fundo wögen höchster Nothwendigkeit allein auf die Vorsichtigkeit [gemeint ist Weitsicht] Gottes vertrauend ohne gemeine oder besondere Jemands Ansuchung oder samblung angefangen[...]" Will sagen, man hat dieses Kirchlein, dessen Vorgängerbau bereits baufällig geworden war, ohne dafür ausgewiesene Mittel und auch ohne Genehmigung einfach gebaut. Heute würde das wahrscheinlich sofort wieder abgerissen ...

20220522_131928_resized.jpg
Inschrift im Kreuzkircherl bei Pill


Noch in Pill erreichte mich der Anruf eines Freundes, passenderweise in Schwaz wohnhaft, der mich noch zu Museumsfragen "löchern" wollte. Also ging es noch dorthin und dann schließlich heim am linken Innufer, auf kleinen Wegen. 150 km sind es geworden.

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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon Maybach » Di 24 Mai, 2022 15:10

Und gestern hatte es 33°C in Innsbruck - da half nur die Flucht nach oben. Also die XS aus dem Stall gezerrt und Richtung Brenner.
Kurz oberhalb Gries am Brenner ist die "Lueg", der ehemalige Platz der wohl ertragreichsten Zollstation des alten Tirol. Sie wurde als Machtsymbol 1809 von Marschall Lefevre zerstört. Heute stehen dort noch die die Reste der Wohnung des Zöllners, ein Widum, und die bildhübsche Kirche am Lueg zu den Hll. Christoph und Sigmund.
Und der Zugang zu beiden ist nachhaltig verboten, weil eben von der Felswand darüber putzige Steine herunterfallen. Das Dach des Widum ist daher auch vollkommen im Eimer. Die Kirche scheint ein wenig aus der Schußweite zu sein ... Ach ja, und auf halber Hanghöhe verläuft die große Lueg-Talbrücke der Brenner-Autobahn. Und die kann/darf/soll man ja wohl nicht sperren. Lustig ist in dem Zusammenhang die Tatsache, dass der ausgehängte Bescheid einen Zugang zu den gesperrten Flächen ausdrücklich erlaubt, wenn er denn der nachhaltigen Sanierung des Widum-Daches dient. :rofl:

20220523_121127_resized.jpg
Am Oberlauf der Sill. Verdeckt durch Bäume die Kirche im Lueg.


20220523_121210_resized.jpg
Die gesperrte Sillbrücke. Man erkennt neben den Verbotsschildern das Widum rechts im Hintergrund.


Egal, nach einer kleinen Vesper bei erträglichen Temperaturen (die Lueg liegt auf 1300 müNN), bin ich dann den letzten Anstieg zum Brenner hoch und auch gleich wieder Richtung Sterzing weiter. Denn: Noch fehlte mir der Besuch der großen Stadtkirche im Moos südlich der Altstadt von Sterzing, wo ja ursprünglich der Multscher-Altar stand. Und gestern hatte es keinen Gottesdienst und offen wars auch. Und angenehm kühl, zumindest innen.

20220523_125835_resized.jpg
Das barockisierte Kirchenschiff mit Blick auf den Altarraum: Das ist schon groß ...


20220523_125506_resized.jpg
Der Altarraum mit dem neugotischen Altar. Die Figuren im Mittelfeld sind jedoch noch vom Multscher-Altar!


20220523_125620_resized.jpg
Und stolz verewigt man sich nach der der Mode geschuldeten Verschlimmbesserung Mitte des 19. Jh.. Eine "Tafel der Schande" quasi


20220523_125854_resized.jpg
Aber auch solche Schätze gibt es noch: Das Türschloß der großen Kirchentür. Immer wieder faszinierend, wie solide, zweckmäßig UND auch noch schön man damals gearbeitet hat.


Ja, was soll man sagen? Eine beeindruckende Kirche, die deutlich macht, wieviel Geld im 13. bis 16. Jh. hier verdient wurde. Und die Größe des Multscher-Altars war schon abgestimmt auf den Altarraum, immerhin gut 12 m hoch. Und das kann man auch ann dem heute dort verbauten neugotischen Altar gut erkennen, denn der ist gleich hoch. Und er hat auch einige Figuren des originalen Multscher-Altars eingebaut. Leider konnte man da nicht nah genug hin, um aussagefähige Bilder zu machen. Aber: Man merkt dem Altar eben an, dass er nicht stimmig ist in der Zeit. Dennoch: Wer nach Sterzing kommt, sollte da mal reinschauen. Übersehen kann man das große Bauwerk direkt neben der Deutschordens-Kommende eh nicht. Alle, die zum Penser Joch oder zum Jaufen fahren (oder daher kommen), fahren etwa 200 m südlich daran vorbei.


Heim dann wieder wie gewohnt. 115 km mehr.
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Zuletzt geändert von Maybach am Mi 25 Mai, 2022 11:18, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon tomcat » Mi 25 Mai, 2022 09:59

:shock: 33 Grad ! A Traum!
Das könnte ich hier brauchen. Mir ist's eher zu kühl derzeit.

Wenn ich mir deine Berichte so anschaue, denke ich immer an die spanische Redensart: "Saber vivir"
= du verstehst es zu leben :smt023

(und die Franzosen haben das natürlich auch ... )
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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon Zimmi » Mi 25 Mai, 2022 10:23

Maybach hat geschrieben:
20220523_125854_resized.jpg


Das zeitgenössische Haargummi unten links am Türschloss ist ein wirklich faszinierendes Detail... :weg:

Danke für Deine Berichte, immer wieder schön zu lesen! :smt023
Do not take life too seriously. You will never get out of it alive.
- Elbert Hubbard -
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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon Maybach » Mi 25 Mai, 2022 11:16

Oh ja, da hat aber einer genau hingeschaut. Ich gestehe: Ich war vor dem Fotographieren fast versucht, das Haargummi zu entfernen, habe es aber dann drangelassen. Aber doch schön: Der Mesner hat wohl auch so eine Art von Technikverständnis. Oder die Putzfrau ...
Ich habe sowas ja auch an der XS: Der Zündschlüssel ist mit ganz wenig Vorspannung im Zündschloss - und das verhindert ein Kaputtschütteln der Zuhaltungen im Schloß. Oder es verzögert das zumindest ...

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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon Maybach » Do 26 Mai, 2022 16:37

Heute bin ich gescheitert.
Ich wollte das schöne Wetter für eine erneute Fahrt nach Südtirol nutzen, aber der Ferienverkehr war der schiere Irrsinn. An der Lueg, von wo ich erst vor kurzem berichtet hatte, Stau auf der Bundesstraße. Das ganze garniert mit Horden von Rennradlern und - tata, eine Neuigkeit: Wanderern auf der Brenner-Bundesstraße! So eine Massierung offensichtlich suizidal veranlagter Menschen habe ich noch selten erlebt.
Aber alles hat ja auch sein Gutes, denn so konnte ich die Fotodefizite aufarbeiten, auch unter Überschreitung behördlicher Vorgaben. 8) Voilà!

Und am Ende waren es dann doch auch noch 75 km...

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20220526_121126_resized.jpg
Das Widum mit dem offenbar leicht defekten Dach...


20220526_121101_resized.jpg
Die Autobahn-Hangbrücke mit den deutlich sichtbaren Sicherungsnetzen


20220526_121150_resized.jpg
Das Kirchlein St. Christoph und Sigmund


20220526_121422_resized.jpg
Stau auf der Brenner-Bundesstraße. Von hier sind es noch ca. 5km zum Brenner ...
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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon Maybach » Fr 27 Mai, 2022 19:59

Baden-Württemberg und Bayern hat offenbar gestern die vorab gebuchten Hotels erreicht, heute wars wieder normaler.
Also den gestern gescheiterten Ansatz wiederholt und wieder nach Süden gefahren. Und auf dem Weg eigentlich auch mal die Burg Reifenstein südlich von Sterzing besichtigen. Sie gehört seit 1806 den Grafen Thurn und Taxis. Nicht nur, dass man keinen Einlass gewährte, nein, auch die Beschilderung war "Motorradfahrer-unfreundlich". Aber der Blick auf das Sterzinger Moos und die gegenüberliegende, gleichfalls im Privatbesitz (Trautson-Auersberg) befindliche Burg Sprechenstein war schön.

20220527_114234_resized.jpg
"Verbot der Zufahrt für Radfahrer und Motorradfahrer" - Burg Reifenstein empfängt mich nicht gerade freundlich. Wobei: eigentlich ist das auch die Aufgabe von Burgen ...


20220527_114309_resized.jpg
Blick ins Sterzinger Moos nach Süden


20220527_114302_resized.jpg
Auf der anderen Talseite: Burg Sprechenstein


Ich wollte nach Latzfons und von dort über das Tinnebachtal nach Klausen. Eine etwas verzwickte Wegführung, die ich vor Jahren mal per Zufall gefahren bin. Alles gut bis zur Abzweigung südlich Brixen nach Latzfons. Auf einer Traumstraße schwingt man nach oben (was bei den obwaltenden Temperaturen >30° C sinnvoll war), durchquert Velthurns (den Ort mit dem Schloß des Brixener Bischofs Graf Spaur) und windet sich dann immer weiter nach Südwesten bergan.
Irgendwann nach 9 km kommt man dann nach Latzfons, fährt ganz durch und dann muss man die spärliche Wegweisung nach "Tinnebachtal" durchsuchen. Und dann geht es auf einer bestenfalls einspurigen Straßen mit lustigen Kehren genausowiet wieder runter (oder immerhin fast genauso weit). Und dann steht da irgendwo ein Schild "Gerstein". Da muss man dann das verträumte Köpflein ziehmlich weit nach recht oben verdrehen, damit man die gleichnamige Burg sieht.

20220527_125232_resized.jpg
Schloß Gerstein über dem Tinnebach


Dass der Historismus merkwürdige Blüten schlägt, verrät auch die Geschichte des Schlosses, die hier in Umrissen zu lesen ist: https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Gernstein

Das Tinnebachtal hatte ich also erreicht und nach einer kurzen Pause bin ich frohgemut talwärts gebrummt. Allerdigs ließ der Straßenbelag schnell nach und näher, bis ich dann vor einem großen Verbotsschild auf reinem Schotter zu stehen kam. Knapp vor einem großen Bagger. Der nur italienischsprachige Baggerfahrer betrachtet die Xs mit Wohlgefallen, und meinte auf die Frage, ob man da durchkäme nur, dass er es mit so einer schönen Maschine nicht probieren würde.
Also, die ganze Tour wieder zurück, denn weitere Weg-Möglichkeiten gibt es hier eher nicht. Aber das hatte auch sein Gutes, denn kurz vor Latzfons eröffnete sich ein Panaramtischer Blick indie Dolomiten, den ich einfach grandios fand.

20220527_131124_resized.jpg
Blick von Latzfons auf die Langkofelgruppe in den Dolomiten


Ich bin dann weiter richtung Bozen gefahren, aber es war mir zu heiß, so dass ich nach einem vortrefflichen Salat und einem Espresso wieder heimwärtsgefahren bin. Und nicht langsam, denn es wurden 260 km. Damit hat die XS dieses Jahr bereis 3400 km voll gemacht.

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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon tomcat » Mo 30 Mai, 2022 08:43

Das mit dem "Saber vivir" muss ich eingrenzen: Zu viel Salat! :smt005

Ansonsten: weiter so!
:smt023
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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon bastardo » Mo 30 Mai, 2022 09:15

Scheeeeeeeee! :grin:
Christian

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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon Maybach » Sa 11 Jun, 2022 17:04

Am vergangenen Freitag bin ich noch schnell nach Südtirol gebrummt. Ich musste ja Ersatzteile aus Mödling Richtung Organ bringen - und da der praktischerweise so nahe an der Alten Post wohnt, bin ich halt hingefahren. Ich leide sichtlich ... 8) Vor allem wenn ich trotz meines bislang erfolgreichen Versuchs, ein wenig abzunehmen, den dortigen Apfelstrudel genießen konnte.

20220610_130626.jpg
Der beste Apfelstrudel der Welt...


Auf dem Rückweg bin ich dann in die Wallfahrtskirche Maria Trens im gleichnaigen Ort gefahren.Dort haben sich im Laufe der Jahrhunderte Unmengen an Votivtaferl angesammelt. Das ist schon faszinierend, wenn man da sieht und wenn man dann auch daraus ableiten kann, wie hlflos man bestimmten Entwicklungen infrüheren Jahrhunderten doch gegenüberstand.
Eine Tafel hat mich aber doch sehr erstaunt: Es ist die Erinnerung an 32 Gefallene in Rom von 23. März 1944.

20220610_142542.jpg
Votivtafel für 32 Gefallene


20220610_142552.jpg
Eine ganze Wand von Votivtaferl, die obige in der Mitte


Nicht, dass diese Gefallenen kein christliches Gedenken verdienten, überhaupt nicht. Nur, mir fehlt nur der Kontext, den ich hier kurz nachliefern will, weil er doch auch bedenkenswert erscheint.
Es handelt sich um Angehörige eines Polizeibataillons aus Südtirol. Dorthin wurden Südtiroler eingezogen, nachdem der Waffenstillstand 1943 Italien aus der Achse herausgenommen hatte.
Ein Attentat des italienischen Widerstands zum o. g. Datum (https://de.wikipedia.org/wiki/Attentat_ ... ia_Rasella) führte dann aber nicht nur zu den toten Soldaten (von denen einer, der hier nicht aufgeführt ist, auch noch seinen Verwundungen erlag), sondern neben sog. "Kollateralschäden" dann zu einer massiven Vergeltungsaktion, nämlich der Erschießung von 335 Geiseln in den Ardeatinischen Höhlen in Rom (https://de.wikipedia.org/wiki/Massaker_ ... inischen_Höhlen).
Und einer juristischen Würdigung des Vorgangs in der Nachkriegszeit, den man in Summe eigentlich nur als beschämend bezeichnen kann. Ich kann mich noch erinnern, wie nach der Flucht Kapplers 1977 in den deutschen Zeitungen diskutiert wrude, dass es ja gerechtfertigt sei nach den Regeln der Genfer Konvention Geiseln im Verhältnis von eins zu zehn zu erschießen (ist es NICHT!). Dass also dieser Kappler ja "nur" wegen fünf überzähliger zu lebenslanger Haft verurteilt worden sei. Das ist so schlimm wie die Tatsache, dass die meisten der handelnden Personen ja eh quasi ungeschoren davonkamen.

Sorry, seht es mir nach, wenn ich so emotional reagiere. Vielleicht kann ich ja mal mit dem Pfarrer sprechen.

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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon Maybach » So 12 Jun, 2022 20:40

Heute war schönes Wetter angesagt und so bin ich nach den morgendlichen Sportübungen eilfertig zur Garage und habe die TTE herausgezerrt. Erstens fahre ich mit dem Hobel echt gerne und zweitens hat er noch ein bisschen Profil was eh weg muss, wenn ich den Birdgestone AX41 aufziehen lasse.
Also über den Brenner, allein, in morgendlicher Frische. Aber in gemessenem Tempo, denn schon waren fünf Spots besetzt mit Radarpistolisten, wohlgemerkt nur bis Matrei. Dann weiter nach Süden, den Weg kennt ihr alle aus mehrfahcen Schilderungen. Bis kurz vor Klausen, dort scharf rechts hinauf nach Velthurns (richtig, da war doch das Renaiisanceschloss!), aber dieses schmählich beiseite lassend und nach Latzfons weiter. Auch da waren wir schon, als wir nach Schloß Gerstein und weiter durch das Tinnebachtal nach Klausen wollten . Heute ging es am Ortsende von Latzfons rechts aufwärts erstmal Richtung Latzfonser Kreuz. Das erreicht man zwar nicht per Motorrad, aber immerhin kommt man bis zum Ende der für Weltmeisterschaften zugelassenen Naturrodelbahn dort und die Ausblicke in die Dolomiten, die sich immer wieder bieten, sind wahrlich spektakulär.

20220612_112001.jpg
Blick von der Rodelbahn in die Dolomiten. Über dem Tankrucksack: Langkofelgruppe


20220612_112205.jpg
Langkofel vergrößert


Was man auch sah am Gegenhang, war eine Straße. Und die ging weit nach oben, echt weit. Also hin und ausprobiert. Und das ging richtig weit. Man muss am Ortsende Latzfons der Wegweisung (die vorsichtig gesagt spärlich ist) Richtung "Lochalm" folgen. Und irgendwann ist dann halt auch Schluss und man endet an einer Käserei - die aber, weil noch kein Milchvieh aufgetrieben ist, auch noch keinen Käse herstellt. Muss also später nochmals besucht werden. Aber unterwegs die Ausblicke - a Traum!

20220612_114925.jpg
Ausblick in die Dolomiten. Vlnr: Peitlerkofel (oberhalb Würzjoch), Furchetta und Sass Rigais (über dem Villnöss), knapp rechts der Bildmitte die Sellagruppe und dann die Langkofelgruppe. Am Rand steigt noch der Rosengarten hinauf...


Ich war ja jüngst an der Baustelle im Tinnetal gescheitert. Machtvolle Baumaschinen verlegten den eigentlich organischen Weg Richtung Klausen. Arglos wie ich nunmal bin, habe ich mir gedacht, ich wolle mal nachsehen, wie der Fortschritt der Arbeiten ist. Und bin über Schloß Gerstein weitergefahren. Zuerst versuchte ich über Pardell einen Weg zu finden, aber das klappte nicht. Also musste ich auf der Talstraße bleiben, die im Kontext der Bauarbeiten jeder Schotterstrecke in Kärnten und in der Steiermark Ehre gemacht hätte. Und es war auch gleichermaßen traumhaft wie bei den von Tomcat so meisterlich geführten Schotterausfahrten. Ein paar Eindrucke:

20220612_123211.jpg
Die Tinnetalstraße, gezeichnet von Steinschlag und Baumaschinen


20220612_123419.jpg
Einsame TT im Tinnetal


Ich bin also durchgekommen und es war auch gefahrlos. Aber: Im Baubetrieb sollte man da nicht fahren. Und als ich in Klausen ankam, da standen an der Sperre bereits ca. zehn deutsche GS- und Kürbis1290-Fahrer. Einer fiel eh grade um und ich hoffe, die anderen sind die Strecke nicht gefahren.

Ich bin dann die letzten Meter in die Alte Post gefahren, der Vatertag wollte gebührend gefeiert werden. Dabei teilte mir der Wirt freudig mit, dass der jüngst dort aufgelieferte Tachoantrieb für Jürgen "Organ" Ebenkofler bereits von diesem abgeholt worden sei. AIA-Logistig funktioniert also auch über Vorbande ... :-D
Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, um Mittag wieder den Weg nach Hause zu nehmen, weil doch die Ferien zuende gehen. Aber Bundesstraße und Autobahn waren gesteckt voll. Also habe ich mich nach Süden ("antizyklisches Verhalten") verrollt und bin in Blumau seit ich weiß nicht wie langer Zeit mal wieder die 15 geilen Kehren nach Steinegg hinaufgefahren. Und sagen wir mal so: eher zügig. Später sollte mich ein WhatsApp von Jürgen erreichen,ob ich da gerade durch Steinegg gefahren sei ...
Bin ich, aber nur kurz, denn ich bin Richtung Welschnofen weiter, immer unter dem Eindruck des beeindruckenden Rosengarten-Massivs. Und bevor ich nun kulturgeschichtliche Vorlesungen ausführe, sage ich einfach: Sackschön und sehr beeindruckend!
Ich bin dann über Gummer und das Eggental wieder ins Eisacktal, einfach um zu sehen, wie sich der Verkehr entwickelt. Schlecht. Also gleich wieder weg und über die winzige Straße von Blumau nach Braien. Einmal mehr ein Traum! Und gleich weiter über die Straße nach Tiers, direkt unter dem Rosengarten und den Vajolet-Türmen. Das Eisfeld, was mal Laurins Rosentgarten gewesen sein soll, ist zwar ein immer schneller abschmelzender Schneefleck, aber die majetätisch aufragenden Vajolet-Türme sind einfach für jeden, der mal Klettern war, eine Offenbarung. Die Delago-Kante, 1911 als Dolomiten IVer schon eine Ansage, gilt heute als eine der am meisten begangenen Kletterrouten. Kenner und Könner brauchen rund 20 Minuten ...

20220612_145849.jpg
Rosengarten mit Schneefleck. Links davon die Vajolet-Türme. Die rechte der drei Nadeln ist der Delagoturm mit der prägnanten Kante.


Weiter ging es von Tiers über den Nigerpass. Ein frohes Schwingen immer im Schatten der Rotwand-Südwand und gegenüber im Süden den Latemar - es ist einfach ein Traum. Auch wenn mir Hoarleys ein wenig laut vorkommen, vor allem gemessen an ihrer Geschwindigkeit. Bald schon mündete der Nigerpass in die Karerpass-Straße ein und die unübersehbaren Folgen des Megatourismus sind schwer wegzudrücken. Vor allem vor dem Hintergrund der wirklich beeindruckenden Landschaft.

20220612_151342.jpg
Latemar über dem Karerpass


20220612_151844.jpg
Rosengarten udn Rotwand (zweite von rechts) - zwei Berge im Grenzgebiet zu Ladinien - und im Vordergund die alte TTE


Ein zweites Mal schwinge ich heute das Eggental hinunter, und genüsslich dann das Eisacktal wieder hinauf, über den Brenner nach Hause. Die alte Brennerstraße (die so alt gar nicht ist, sondern erst um 1840 in Betrieb ging) ist natürlich immer noch im Fokus der Exekutive. Meine warnenden Hinweise an drei Motorradfahrer aus Düsseldorf und Neuss bleiben von diesen unerhört. Dafür machen Sie Bekanntschaft mit den Beamten an der Stefansbrücke. Ich nehme an, dass Überholen im Überholverbot bei mindestens doppelter Geschwindigkeit (100 statt 50 km/h) Denkprozesse in Gang gesetzt haben. Oder besser: Ich hoffe es.
Müde, aber glücklich bin ich nach 360 km wieder heimgekehrt. A Traum in jeder Hinsicht.

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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon tomcat » So 12 Jun, 2022 22:00

Recht so :smt023
... und danke für die Blumen :grin:
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