Auf dem letzten Bild des letzten Beitrags war es schon zu erkennen: Meine Reifen waren nicht mehr ganz taufrisch. Da traf es sich gut, dass ich noch einen Satz der neuen Brückensteine AX41 ergattert hatte - und gestern montieren ließ. Also das sind aber steife Brummer! Die möchte ich nicht nachts im Regen mit einem Patschen demontieren müssen! Und mit den bei den Scout genutzten Reifendrücken von 1,9 und 2.3 (hi) fahren sich die AX41 wie Beton. Bin jetzt bei 1,7 und 2,1. Und auch das scheint noch am oberen Rand zu sein.
- Bridgestone AX41 f
- Bridgestone AX41 r flammneu
Woher habe ich all meine Weisheit in diesen Fragen? Weil ich 250 Kilometer in Südtirol herumgefahren bin.
Klar über den Brenner, dann runter ins Wipptal und bei Franzensfeste direkt nach der Festung links ab nach Aicha. Dort dann auf die Pustertaler Staatsstraße (die ich nicht liebe) - es gibt halt niXS anderes. Und bei der alten Sonnenburg gehts über flammneue Tunnels nun ins Gadertal. das war früher eine echt geile, enge und mühsame Straße. Viele enge Kurven und mit Ausweichen. Und ich kann verstehen, dass es für die Bevölkerung dort mühsam war und man nun die neue Straße gebaut hat, mehrheitlich im Tunnel. Aber schön ist das nicht. Vor allem nicht, wenn vor einem ca. 30 Hoarleys fahren, deren einziger Lebenszweck die Maximierung der individuellen Schall-Emission zu sein scheint. Ich bin dann aber bald schon nach rechts abgebogen Richtung Würzjoch und dachte, diese Sorte von Gruppenreisen nunmehr für heute "geschafft" zu haben. Ich darf verraten: Es war erst der Anfang!
Vom Gadertal (einem der fünf ladinischen Täler) gings dann schnell hinauf zum Schloß Thurn. Dort ist das Landesmuseum für die ladinische Kultur beheimatet und es war mir - sagen wir mal - nicht ganz unvertraut. Es sei einem jeden und einer jeden als Besuchsziel anempfohlen! Echt!
- Schloß Thurn mit dem Landesmuseuum für ladinische Kultur
Ich habe dort eine Pause eingelegt. Es ist einer der Orte, wo man die sinnbetörende Schönheit dieses rauhen Landes erkennen kann. Einfach nur stehenbleiben und schauen. Und irgendwie bewundernd (aber nicht wirklich verstehend) die Radfahrer zu betrachten, die die steile Passstraße hinauffuhren. Ohne Elektro, oder wie es hier heißt: Ohne Stromradl.
- Hinter dem Schloß ragt die abweisende Mauer der Fanesgruppe empor. Sie senkt sich auf der abgewandten Seite in weißen Kalkwellen nach Osten ab und ist die Bühne für die berühmeten Sagen von Dolasilla und dem Faneskönigreich
Weiter ging es bergan Richtung Würzjoch. Aber die Aussichten waren so schön, schon bald blieb ich wieder stehen.
- Blick auf Fanesgruppe (rechts) und weitere Dolomitenberge
- Irgendwie auch ein wenig idyllisch ...
Und ebenso bald kam eine Clique von gezählten 50 (!) italienischen Hoarleys vorbeigescheppert - es war a Graus! Gottseidank konnten die nicht fahren, so dass ich sie bis zur Passhöhe alle wieder hergebrannt habe. Aber der 600er Einzylinder ist wahrlich ein Flüstergerät gegen diese Schallgeneratoren.
Aber schließlch gibt es dann Anblicke, gegen die selbst die gewaltigen Hoarleys verzwergen: Wenn da so ein 3000er aus Dolomitgestein sich über dem Wald aufbaut, dann bleibt zumindest mir immer noch die Spucke weg. Hier war es der Peitlerkofel.
- Peitlerkofel von Osten
Aber auch die weniger dramatischen Anblicke gefallen mir, so wie die Höfe oberhalb von Antermoia, wo einem im Anblick der gemähten Bergwiesen schon mal klar werden sollte, welche Arbeit für die Erhaltung dieser Kulturregion auch die Landwirtschaft leistet.
- "Höfe gegen den Himmel": Anterm,oia in der Heuernte
Weiter gings Richtung Würzjoch, das eigentlich nur noch als Parkplatz für deutsche Ferienmobile Verwendung findet. Ich bin nicht mehr stehen geblieben, auch, weil ich die Hoarleys nicht mehr vorbeilassen wollte. Und so bin ich dann runtergeschwungen auf dieser wundervollen einspurigen Strecke, bis die Abzweigung nach rechts Richtung Lüsen signalisiert war. "NiXS wie weg!" war meine Devise - und nach wenigen Metern in einer Kolonne deutscher Wohnmobile zu stecken.
Ja, es ist schön dort. Und ja: Ich gönne das jedem. Aber warum um alles in der Welt muss man das mit einem dreiachsigen Wohnmobil mit angehängen Fahrrädern, aufmontierten Surfbrettern und einem Anhänger, auf dem sich ein Smart befindet, machen. Man könnte ja auch einfach nur mit dem Smart dorthin fahren, weil im Lüsenbach die Surfbedingungen eher weniger gut sein dürften...
Aber ich habe die alle hinter mir gelassen und bin dann recht einsam von Lüsen bis nach Brixen gefahren. Eine schöne Strecke - und auch da hat der Bridgestone gute Arbeit geleistet. Allerdings war es im Nordföhn wirklich unirdisch heiß. Eine Anzeige an einer Tankstelle wies 37°C aus,also habe ich schnell wieder Höhe zu gewinnen versucht und bin über den Brenner zurück. In Nordtirol war es angenehm kühl und auch noch kein Rückreiseverkehr, so dass der Reifen auch auf der alten Brennerstraßen nochmals bis zum Rang genutzt werden konnte. Und wer steht Schall emittierend ca. 1000 m vor meiner Garage vor einer Ampel? Richtig: Eine Gruppe von gezählten 37 Hoarleys. Sie kamen aus Neuulm und Berlin. Eine aparte Mischung. Und waren heftig damit beschäftigt, nicht verloren zu gehen. Also stellte die Führung des Konvois vor der Ampel ihre Eisenhäufen einfach ab und frönten ihrem offensichtlichen Bedürnis nach Ordnung im Straßenverkehr, indem sie winkten wie die geborenen Straßenpolizisten. Ich habe aber den Eindruck, dass sie nicht allein reisen können, weil das a) zu leise für ihre offenbar schon geschädigten Ohren ist und b) weil sie Angst haben, das sie dann allein bleiben, wenn ihnen die schweren Brocken mal umfallen sollten.
250 km, ein gutes Gefühl mit dem neuen Reifen und die Sicherheit, nicht zum letzten Mal Richtung Süden gefahren zu sein. Und genug über Hoarleys gelästert. Eigentlich eher über ihre Besitzer ...
Maybach