Maybachs Ausfahrten 2022

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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon Maybach » Sa 09 Jul, 2022 19:11

Freunde aus der XS-Szene (und aus Hamburg und Berlin anreisend) haben mich gebeten, sie zu besuchen in Südtirol und eine kleine Tour mit Ihnen zu fahren. Habe ich gerne gemacht und bin deshalb heute kurz vor 0800 Uhr in Innsbruck los, um über Brenner und Eisacktal bis 1000 Uhr Kollmann zu erreichen. Das lief alles keimfrei.
Nach kaum einer Stunde Warten sind wir dann auch schon losgekommen. Ich wollte in Blumau abbiegen nach Breien und weiter nach Tiers. Die Straße ist eng, kurvig, aber geteert. Meist.
Beim Blick auf die Mitfahrenden habe ich dann kurzfristig umdisponiert und bin in Blumau auf der Landesstraße Richtung Tiers abgebogen. Und bisweilen habe ich auch die 50 km/h-Grenze bergauf überschritten. Aber man soll nicht mäkeln: Wo soll ein Berliner (wenn er nicht zum Sölk einzylindert, Huhu Straßenschrauber!) denn auch Kurvenfahren üben. Gibts ja dort nicht. Und die dritte Dimension fehlt auch. Nur die Staatsverschuldung des Bundeslands geht in die Höhe ...

Die Fahrt ging dann über den Nigerpaß mit den bereits bekannten traumhaften Ausblicken auf die Vajolet-Türme bis zur Passhöhe, wo eine Mittagspause angesagt war.

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Der Rosengarten von der Nigerpassstraße aus. Links davon die Vajolet-Türme.


20220709_115842_resized.jpg
Blick vom Nigerpass auf den Rosengarten. Der leuchtende Punkt ist die Reflexion der Sonne auf den Solarpanels der Kölner Hütte...


Wir hatten jetzt schon fast 45 km "geschafft". Die Hütte an der Passhöhe auf 1690 müNN ist zu empfehlen, einfach mal so für die, die da auch mal hin wollen. Auf die mögliche Frage, warum nicht in der Alten Post: Die hat gerade renovierungsbedingt zu ... 8)
Weiter gings dann Richtung Karersee und die Straße runter in den Hitzepol Bozen. Daher: Gleich wieder hinauf, dieses Mal auf den Ritten. Und bei der schönen Auffahrt dort hat meine XS eigenmächtig Gas gegeben - ich war völlig unschuldig! In Unterinn dann eine Pause bis alle wieder eingetrudelt waren. Diese konnte genutzt werden für den Genuß des wirklich atemberaubenden Panoramas dort. Und endlich habe ich auch das Bild schießen können, das ich dem Zwillingspeter bislang schuldig geblieben bin ...

20220709_141158_resized.jpg
Blick von Unterinn am Ritten auf die andere Talseite. Vlnr: Santnerspitzen, Schlern, in der Scharte die Vajolet-Türme, dann Rosengarten und Rotwandgruppe


20220709_141207_resized.jpg
Und weil das vielleicht nur schwer erkennbar war auf dem vorigen Bild, hier noch die (schlechte) Vergrößerung der Vajolet-Türme in der Scharte


Dann tuckerten wir die alte Kaiserstraße oben am Ritten von Klobenstein über Lengmoos bis Saubach weiter. Dort dann rechts sacksteil und - baustellenbedingt - mehrheitlich eine Sand- und Schotterstrecke hinunter ins Eisacktal (was ich vorab allerdings nicht wußte). Sagen wir so: Ich bin mit einer Berliner XSserin, die aber mit einer Benelli Leoncino unterwegs war, dann sehr behutsam nach unten getuckert. Und ich hoffe, das die Lernkurve für die Dame steil war. Und um auch das klarzustellen: Ich fand es schon bewundernswert, dass sie diese Tortur (und das war es scheints für sie) eisern durchgekämpft hat.
Fünf Stunden nach meiner Ankunft morgens in Kollmann waren wir wieder zurück - und 85 km standen mehr auf der Uhr.
Nach einem stärkenden Espresso bin ich dann wieder nach Hause auf bekannter Strecke. Und jetzt sind die Zündkerzen auch wieder entrußt ... Und 315 km mehr am Tacho.

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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon hiha » Sa 09 Jul, 2022 19:20

:smt005 :smt023 :smt023
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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon Dreckbratze » Sa 09 Jul, 2022 19:59

Erinnert mich an Besuch aus Lübeck vor einigen Jahren. Wir haben ein Ausfährtchen gemacht, mal kurz um die 4 Ecken über kleinste Sträßchen. Tempo kaum mal über 60, Simon hatte sogar den damals noch 15jährigen Joni im Lastenboot der MZ sitzen. Beim abschließenden Eisessen klebte das Haar schweißnass am Schädel unseres erschöpften Besuchers. :lol:
Naja, für gewöhnlich haben die nur die Erdkrümmung.
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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon Maybach » Sa 09 Jul, 2022 20:41

für gewöhnlich haben die nur die Erdkrümmung.


Der ist gut ...

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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon Straßenschrauber » Sa 09 Jul, 2022 21:15

Maybach hat geschrieben:Wo soll ein Berliner (wenn er nicht zum Sölk einzylindert, Huhu Straßenschrauber!) denn auch Kurvenfahren üben.
Doch, hier gibt es einige Kreisverkehre :omg: Aber auch etwas kurvigere Strecken:
Beliebt ist die Runde um den Werbellinsee, und die teilweise sogar hügelige Strecke von Eberswalde nach Oderberg, gern mit Abstecher über Hohenfinow.
Märkische Schweiz (haha). Und im Landkreis Teltow-Fläming hat es auch Kurven, stellenweise auch an der Havel.

Aber stimmt schon, wir sind hier nicht mit kurvigen kleinen Sträßchen gesegnet, geschweige denn im Hügeligen oder gar Bergigen.
Wir müssen schon mindestens in den Harz, ins Erzgebirge, Thüringer Wald oder bis Nordhessen fahren, um mal Kurven zu haben.

Zum Üben ist die kleine feine Rundstrecke in Groß-Dölln sehr schön, kostet halt :cry:
Spreewaldring ist auch ganz nett.
Früher bin ich öfter zum Harzring, da geht Sonntags schon mal was.

Apropos Sölk:
Ich bin vor langer Zeit, direkt nachdem neue Reifen aufgezogen waren, mit der SR500 Samstag morgens zum Gerngross gekommen.
Kaum war ich abgestiegen, hat einer geringschätzig die Nippel kommentiert, die nur in der Mitte weg waren.
Ja, kein Wunder, ich bin mit brandneuen Reifen die gesamte Strecke nachts durchgefahren, gegen meine Gewohnheit auf eher schnelleren Landstraßen, meistens geradeaus, damit ich wenigstens noch den Samstag vom Sölktreffen hatte.

So.
Bitte weiter mit den lesenswerten Berichten über Ausfahrten!
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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon schnupfhuhn » Sa 09 Jul, 2022 22:28

Die Fahrlernenden aus den Nordländern kann man in Tiers im Gasthof Edelweiss unterbringen, der Mann kann Kochen. Dann startet man morgens wohlgenährt direkt am Fuße des Nigerpasses...
:-) Putzt die Rahmen und stellt sie bereit! :-)
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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon Organ » So 10 Jul, 2022 00:41

Oder mit der tollen open air Seilbahn die mit öffentlichen geldern von einer privaten Firma betrieben wird :omg:
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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon maulwurf » So 10 Jul, 2022 19:30

Maybach hat geschrieben:Fünf Stunden nach meiner Ankunft morgens in Kollmann waren wir wieder zurück - und 85 km standen mehr auf der Uhr.

Maybach


Fehlt da eine Zahl bei den 85 km ... oder ???? :smt015

Mit mir hätt es Dir wahrscheinlich mehr gefallen, ich war am Samstag auf der "Rifugio 5 Torri" und hab mir das " Museo Guerra Grande" reingezogen. Das ist sehr imposant was damals so war.
Bin da 1 1/2 Stunden rummarschiert.

Gruß
Peter
P7090257.JPG
Weg durch den Fels zur Stellung
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Blick zum Lagazuoi
P7090256.JPG
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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon Maybach » Mo 25 Jul, 2022 20:22

@Maulwurf
Nein da fehlte genau niXS. Und genau das war das Problem!

Im übrigen bin ich grad seit einer guten Woche in Polen und hab die erste 2500 km bereits absolviert, mit de CB 500.
Bericht folgt dann nach Rückkehr.
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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon maulwurf » Di 26 Jul, 2022 09:35

Da bin ich ja beruhigt und erwarte mit Freuden Deine Reiseberichte... :smt023
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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon Maybach » Mi 03 Aug, 2022 21:12

So, wieder da. Und eigentlich hätte ich das noch locker um vier Wochen ausweiten können.

Ich wollte mal nach Polen, wo ich mit Ausnahme von Krakau noch nie war. Und das Land, seine Kultur und seine nicht immer fröhliche Geschichte haben mich schon lange fasziniert. Problem: Ich kann die Landessprache nicht, also wirklich gar nicht. Und eigentlich stört es mich, wenn ich nicht kommunizieren kann. Aber das kann ich grad nicht ändern, also losfahren. Ziel war Lodz, die Mitte von Polen, den westlichen Rand, die Kaschubei und Masuren sowie einen Blick nach Schlesien. Und da ist noch viel davon unbesehen geblieben...
Und wie so häufig habe ich nur die erste Übernachtung in einem Hotel gebucht. Das lag in Saalfeld (wo ich auch noch nicht war).
Und so bin ich also am 17. Juli in Tirol losgebraust und über Garmisch und Oberammergau Richtung Augsburg gefahren.

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Blick in den Wetterstein bei Garmisch mit der Alpspitze


Dem Lech folgend gings dann weiter nach Donauwörth und bis Treuchtlingen weiter auf der B2. Dort habe ich mir die Fossa Carolina angesehen, den Vorgängerbau des heutigen Rhein-Main-Donau-Kanals aus dem Ende des 8. Jahrhundert. Für mich immer wieder erstaunlich, wie man mit damaligen Möglichkeiten genau den Punkt finden konnte, an dem die beiden Flusssystem Rhein und Donau nur zwei Kilometer voneinander getrennt sind.

20220717_101931.jpg
Die Fossa Carolina. Dass sie nicht realisiert werden konnte, lag an den geologischen Problemen, die man damals noch nicht meistern konnte.


Ich bin dann um Nürnberg herum der Autobahn gefolgt und erst ab Bayreuth wieder auf die Landstraße gewechselt. Und dann der wudnerschönenn B 85 folgend bis nach Saalfeld gekommen.
Saalfeld war auch mal für knapp 70 Jahre Residenzstadt eines der vielen kleinen Duodez-Fürstentümer (Sachsen-Coburg-Saalfeld). Eine schöne Stadt, die aber leider recht tot ist. Auch dieser in Deutschland so verbreitete "Geiz ist geil"-Ansatz hat sich hier ungut manifestiert. Nur die AfD scheint nicht beliebt zu sein, zumindest wenn man sich das lokale Parteibüro ansieht.

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Im 19. Jahrhundert ein wegweisender Ansatz im Gefängnisbau: Die "Hutschachtel" in Saalfeld


20220717_151501.jpg
Schöne gotische Kirche, in der auch Luther gepredigt haben soll...


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... mit einer sehr ungewöhnlichen Außenkanzel, von der aus angeblich die Franziskaner in Deutsch gepredigt haben sollen.


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Ungute Tendenz: Wo soll die Qualität bleiben, wenn nur noch der "letzte Preis" zählt?


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AfD-Büro in Saalfeld.


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Das Residenzschloss in Saalfeld. Heute stilsicher ein Landratsamt ...


Nachdem ich im Hotel Anker zuerst darauf hingeweisen wurde, dass das Restaurant geschlossen sei, man habe schließlich Ferien (ein Ansatz, den ich aus Tirol so nicht kenne!), hat man mir dann geholfen, doch noch zu Verpflegung zu kommen. Erst schickte man mich zu einem Döner, der sich als "Broiler-Stand" herausstellte, dann zu einem "bayerischen Bierlokal", das dann sich als Dönerbude herausstellte. Schließlich dann ermöglichte die Wirtin es, dass ich mich im Ratskeller in eine geschlossene Gesellschaft hineinmogeln und am Ende gestärkt ins Bett fallen konnte.
Am nächsten Morgen bin ich über Gera weiter Richtung Leipzig, wo ich am Horizont bei Taucha ein gewaltiges Elektrizitätswerk sehen konnte. Oder vielmehr dessen Dampfwolken.

20220718_090320.jpg
E-Werk in der Ferne


to be continued ...
Zuletzt geändert von Maybach am Do 04 Aug, 2022 13:29, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon Dreckbratze » Mi 03 Aug, 2022 21:28

Spannend! :-)
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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon Richy » Do 04 Aug, 2022 07:27

Das beste Werkzeug ist ein Tand in des tumben Toren Hand.
(eigene Erfahrung)
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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon Maybach » Do 04 Aug, 2022 09:09

Fortsetzung

Weiter ging die Reise nach Torgau, der Stadt, wo sich Russen und Amerikaner 1945 erstmals die Hände reichen konnten. Und weiter bis kurz hinter Herzberg, wo ich mich dann Richtung Norden auf keinen und kleinsten Straßen "vorgearbeitet" habe. Dabei kam ich auch durch Gebersdorf, wo eine wirklich bildschöne spätmittelalterliche Kirche stand. Ich habe abgehalten, mit das Kirchlein von außen angesehen und wurde von einer Anwohnerin zunächst recht schroff gefragt, was ich da machen würde.

20220718_115859.jpg
Kirche in Gebersdorf


Ich habe dann die Schönheit der Kirche gelobt, was sie milder gestimmt werden ließ. Sie entpuppte sich als die Küsterin, hatte aber gerade keine Zeit, mich in das versperrte Gotteshaus einzulassen. Im übrigen wäre das auch gar nicht nötig, weil wir "in Österrreich ja auch so schöne Kirchen hätten". Ein interessanter Ansatz ...
Nickname-bedingt bin ich dann weiter nach Wünsdorf. Dort waren bis 1994 die Russen mit Ihrem Hauptquartier vertreten. Davor war es Führungszentrale der Wehrmacht. Davor Schießplatz der preußischen Armee. Aus der Zeit bis 1945 sind die beiden Führungs- und Kommunikationsbunker-Anlagen "Zeppelin" und "Maybach" erhalten. Das musste ich doch wenigstens mal gesehen haben, zumindest von außen. Eine bizarre Anlage, aus der Raketen-gleich die Spitzbunker herausragen.

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Spitzbunker aus dem 2. Weltkrieg in der "Verbotenen Stadt" Wünsdorf


Langsdam neigte sich der heiße Tag Richtung Abend und ich hatte zwischenzeitlich ein Zimmer gefunden. Im Benediktinerinnen-Kloster St. Gertrud in Alexanderdorf.

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Das Kloster St. Gertrud. Motorräder sind dort eher selten ...


Eine Mischung aus gelebtem Zölibat (ein wenig spooky!), hoher Gelehrsamkeit, großartigem Baumbestand und den wenigen Menschen von außerhalb, mit denen sich sehr gute Gespräche ergaben. Darunter auch ein Abt aus Oberösterreich, der meinte, er sei der einzige Österreicher, der dieses Kloster kennen würde, weil er dort schon seit 18 Jahren Urlaub machen würde. Ich konnte ihn beruhigen, weil an mir ja nur das Kennzeichen österreichisch ist. 8)

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Ein großartiger Baumbestand im Kloster! Er ist zurückzuführen auf den ehemaligen Eigner Graf Schwerin, der zugleich auch Vorsitzender der dendrologischen Gesellschaft war.


Am nächsten Morgen ging es nach einem wohl nur nach benediktinischen Maßstäben reichhaltigen Frühstück weiter. Schön früh wurde es "sakrisch" heiß, so dass alle Belüftungsöffnungen an der Goretex-Jacke geöffnet wurden - und mir prompt eine Wespe vom Halsausschnitt nach unten zu krabbeln begann. Die wilden Verrenkungen und das auf sich einschlagen können wohl nur Motorradfahrer nachvollziehen, die sowas schon erlebt haben. Irgendwann glaubt ich, die Übeltäterin erschlagen zu haben - da stach sich auch zu und arbeitete sich weiter nach unten vor. Ein zweiter Stick, aber nun war deutlich zu spüren, wo sie sich herumtrieb. Und der nächste Schlag löschte dieses hoffnungsfrohe Insektenleben aus. Das alles trug sich zu auf den wenigen Kilometern kurz vor dem Schwielochsee, woich am alten Bahnhof der Pferdebahn (!) eigentlich einen Kaffee trinken wollte. Und eigentlich hätte ich Fenistil gebraucht - hatte ich aber nicht dabei. Und Kaffee gabs auch nicht, weil es seien Ferien ...

20220719_111016.jpg
"Hafenidylle" am Schwielochsee


Irgendwie will mir das nicht in den Kopf, dass man die Attraktionen und Gastronomie dann schließt, wenn zumindest theoretisch die Chance besteht, dass auch Leute kommen. Nun ja.

Über Guben ging es dann nach Polen hinein. Und wenn man dann schon zwei Tage Brandenburg hinter sich hat, dann freut man sich über die Straßensituation in Polen: Alles neu, vom Feinsten. Vielleicht ausgenommen die Vizinalsträßchen dritter Ordnung. Da schüttelt es einem noch immer die Zeiger aus der Uhr, weil man die dünne Asphaltschicht einfach über das Kopfsteinpflaster geschmiert hat. So erreichte ich das alte Crossen an der Oder, heute Krosno Odr... Dort etwas zu essen zu finden, war ein wenig tricky und nur durch die tätige Hilfe einer polnischen Motorradfahrerin wurde mir der rechte Weg gewiesen. Danke unbekannterweise nochmals!
Nach der größten Mittagshitze ging es dann weiter nordwärts durch hügeliges Gelände, Wald- und Seenreich. Und keine Autos - a Traum! Und auch die Übernachtung war bereits geregelt: Auch hier war die bereits genannte Motorradfahrerin hilfreich gewesen, indem sie die Buchung in einem wirklich erstaunlichen resort namens "Kormoran" getätigt hatte. Das liegt bei Sulecin und man erreicht diese Idylle mit Badesee durch eines der ehemals wohl wichtigen, aber nun eher zerfallenden Industriegebiete mit ihrem morbiden Charme, die aber dann das Ziel in deutlich heller werdendem Licht erstrahlen lassen.
Ich habe mich auf Anraten (siehe oben!) gleich für zwei Nächte einquartiert und es nicht bereut, zumal ja nun auch schon die ersten 1000 km abgespult waren.

20220720_065244.jpg
Badesee in der Hotelanlage "Kormoran". Das gelbe Schild mahnt, nicht weiter raus zu schwimmen, weil dort a) Fontänen angehen könnten und man b) einen Stromschlag bekommen könne. Letzteres ein besonders spannender Aspekt in einem Gewässer ... Schwimmen morgens und Abends war natürlcih Pflicht.


Am Folgetag wollte ich mir nur wenige Kilometer geben und bin beim umhergondeln durch die weiten Wälder auf eine der wohl für Polen typischen Waldkasernen getroffen (Wedrzyn). Nach meiner Einschätzung mindestens eine halbe Panzer-Brigade, also doch recht groß. Und eine Garnisonskirche und ein (nicht mehr betriebenes) Offizierscasino mit einer riesigen Wandbemalung, die zeigt, wo sich die Traditionslinien der polnischen Armee finden lassen. Letztlich ist es die Kavallerie, die noch im 2. Weltkrieg mit ebenso tapferen wie sinnlosen Attacken gegen mechanisiserte Gegner antrat und deren "Urväter" die Flügelreiter waren, mit denen der polnische König Johann Sobieski die Türken vor Wien vertrieb. Ich bin, weil mich solche Traditionslinien und die Meta-Ebenen auch der Armeen interessieren, noch in die Garnisonskirche. Schon erstaunlich, was die katholische Kirche bis und mit heute für Polen und seine Armee spielt!

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Wandschmuck an der Außenwand des ehem. Offizierscasinos
Zuletzt geändert von Maybach am Di 09 Aug, 2022 15:49, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Maybachs Ausfahrten 2022

Beitragvon Zimmi » Do 04 Aug, 2022 09:21

Ein toller Bericht! :smt023 Wie üblich eben... ;)

Ergänzung meinerseits:
Maybach hat geschrieben:Saalfeld

...ist in der Tat ein recht nettes Städtchen, die beste Ehefrau von allen kommt dorther und wir deswegen öfter mal dorthin zurück.
In Sachen Übernachtung und/oder Futter kann ich da bei Bedarf 2 Empfehlungen aussprechen - den "Werbeblock" lass ich mal, also ggf. gerne per PN.

Grysze, Michael
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