Heute gings nochmal mit der XS los. ich wollte mir zwei Kirchen in Laas ansehen und unterwegs auch noch was überprüfen.
Also los, das Inntal aufwärts und im frischen Morgen auf die Piller Höhe vlg. Gacher Blick. Dort eine Horde Niederländer, freundlich, mit der Frage, wo sie den seien. Das hat mich zunächst verwundert, zumal sie alle mit machtvollen, fast schon präsidialen Ortungssystemen im Cockpitbereich ausgestattet waren. Also mein Hinweis, dass sie das doch eigentlich aus dem Gerät ablesen können müssten. Nein, denn da sei nur die Route für die Woche drauf. Sieben Tage, Holland - Dolomiten - Holland. Das sei eine professionelle NL-Reiseagentur, die sich auf solche Reisen spezialisiert habe.
Irgend wie nicht meine Art des Reisens. Ich hoffe, sie wissen dann in Holland wieder, wo sie sind.
- Tiefblick auf das Inntal am Gachen Blick
Zack, wieder runter über das Kaunertal und rauf auf den Reschen und dort ein Päuschen gemacht. Für mich immer noch einer der schönsten Ausblicke: Ortlergruppe über dem Reschensee.
- Blick auf die Ortlergruppe. Alles was weiß ist vlnr: Cevedale, Suldenspitze, Königspitze, Ortler, Thuriweser, Bäckmanngrat, Gefrorene wand, Tuckettspitze
Der dieses Jahr aber NACH der Schmelzwasserzeit 8 m zu wenig Wasser hat und in ganz Südtiirol das Bewässern untersagt ist. Bin gespannt, wie dieses Tourismus- und Plantagenland in 25 Jahren aussieht... Dann, wenn die Gletscher alle weg sind und der Schneefall auch nicht mehr so reichlich ist. Aber wahrscheinlich ist das der Politik eh egal, weil das nicht mehr in ihre Legislaturperiode fällt.
Ich bin dann weiter, die Malser Heide hinunter und bei Burgeis zum Kloster Marienberg hinauf. Wer noch nicht dort war: Anschauen, auch und besonders die Fresken in der alten Krypta. Sehr bewegende Engelsdarstellungen!
- Kloster Marienberg, das wie ein gestrandetes Kreuzfahrtschiff am Hang liegt
In Schluderns habe ich die SS40 dann verlassen, um die sogenannte Panoramastraße über Tanas nach Allitz zu nehmen. Sie verläuft 400 m über dem Talboden am Sonnenhang, eine höchlich aride und wunderschöne Gegend, wo früher die Kinder mit dem Heuaufzug in die Schule fuhren und die Arbeit auf den steilen Wiesen nur mit Steigeisen vonstatten ging.
- Ausblick auf das Tal nach Sulden und die Nordrampe des Stilfser Jochs.
- Die Panoramastraße. Jenseits des Taleinschnitts liegt Tanas.
Nach rund 20 km kommt man in Allitz wieder dem Talboden näher, der dann schließlich mit dem Ort Laas erreicht wird. In Laas wird bis heute der gleichnamige Marmor abgebaut, der zu den weißesten und härtesten weltweit zählt - und der daher sehr begehrt ist. Im 19. Jh. sind nahezu alle Statuen und Friese an den Münchener Bauten König Ludwigs I. aus diesem Werkstoff entstanden. Und auch auf dem Laaser Friedhof findet sich kein einziger Grabstein, der nicht aus diesem teuren Stein gefertigt ist. Seit über 150 Jahren.
Daher (und weil man der notleidenden Bevölkerung Aus- und Weiterbildung bieten wollte) wurde in Laas auch die Lehranstalt für Steinbearbeitung eingerichtet, passend in der aufgelassenen Kirche St. Marx aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts. Wenn man die Mausern sieht, dann weiß man, dass das Leute gebaut hatten, die ihr Fach wirklich verstanden haben.
- Westseite von St. Marx. Leider kommt man in die Kirche nur bei Veranstaltungen hinein - der Innenraum muss bemerkenswert sein!
Gleich daneben steht die Ortskirche St. Johannes. Sie muss schon zu karolingischen Zeiten bestanden haben, wurde aber um 1120-1150 erneuert. Auch hier eine beeindruckende Handwerkskunst, die deutliche Einflüsse aus der nahen Lombardei erkennen lässt und auch Herrschaftssymbole wie den Adler zeigt.
- Adlerdarstellungen als Pilasterbekrönung. Der Adler war sowohl Wappentier des Hl. Römischen Reiches Deutscher Nation als auch der Grafschaft Tirol ...
Der Vinschgau war auch für die Kaiser und Könige von nördlich der Alpen ein wichtiges Transitland, das man sich gerne bewahrte durch Lehensvergaben und Stiftungen an die Kirche. Und auch die Ausschmückung von Kirchen war eine Machtdemonstration, die man auch sehen sollte - und daher war es gut, dass die Kirche direkt an der wichtigen Straße lag.
Die romanische Kirche wurde jedoch im 19. Jahrhundert abgerissen, weil sie nicht mehr zeittypisch erschien. Man erbaute eine neue, die heute noch steht und sagen wir - weniger besuchenswert ist. Gottseidank aber bewahrte man die Steine der alten Apsidenwand auf und so wurde diese dann wieder rekonstruiert. Wer dorthin kommt, der möge sich den Innenraum des 19. Jh. ansehen (man ist nicht beeindruckt!) und dann die kleine Tür rechts des Altars durchschreiten und in den "alten" Altarraum zu treten. Eine andere Welt, wirklich!
- Der romanische Altarraum von St. Johannes
- Romanische Apsidenwand mit prachtvollem Schmuck (von außen)
Dann ging es wieder retour Richtung Reschen. Es gäbe noch so viel zu besichtigen. Ich denke an die Kirchen in Mals oder den Tartscher Bichl, die Churburg (die einzige Burg, die nicht zerstört wurde im sog. Schweizerkrieg 1499). Aber das geht sich nicht aus an einem Tag. Und der war mir zugemessen und so bin ich wieder Richtung Heimat geschruppt. Aber nicht ohne noch einen Zwischenstopp bei lieben Freunden in Mils zu machen, die mich gastlich mit vorzüglichem Espresso versorgten.
Von dort gings dann durch das Gurgltal und über den Mieminger Sattel wieder in Inntal und nach Hause.
Das war eine Motorradtour der Extraklasse: Wetter, Strecke und Besichtigungen - alles hat gepasst. In Summe wurden es 340 km, die mit der XS einmal mehr richtig Spaß gemacht haben.
Maybach