Der sintflutartige Regen zwingt uns mehrmals, trotz Scheibenwischerstufe Zwei, das Tempo deutlich zurückzunehmen, weil die Sicht erheblich eingeschränkt ist. Bei jeder Überflutung fahre ich sehr langsam weiter, da ich jetzt eines der erheblichen Schlaglöcher nicht mehr sehen oder vorausahnen könnte. Der schwere Wagen schwimmt dennoch zuweilen für Sekundenbruchteile auf. Nach etwa 40 Kilometern, kurz vor Klos, wo wir in das Mat-Tal hineinfahren lässt der Regen nach und wir halten am Restaurant "Fresku", dessen Terrasse über den Fluß gebaut ist und alte Uferbäume als statisches Element nutzt.
Man hält hier für den Touristen eine Speisekarte vor, die auf's Liebenswürdigste übersetzt ist. Wir bestellen "Common Salads", "Breakthrough" und "Chicken with juicy", dazu zwei "Zhveps" und sind sehr gespannt, was da kommen mag. Wir haben Glück:
Man serviert einen großen, gemischten Salat, Lamm und eine Blätterteigtasche mit Gemüse und Hunhn gefüllt, dazu zwei Tonic-Water.
Danach geht es überwiegend trocken weiter durch das landschaftlich abwechslungsreiche Mat-Tal über eine Straße, die voller tiefer Absackungen, Randabbrüche und Auswaschungen ist. Im letzten Drittel erinnert sie mich mit einem geschlagenen Tunnel ohne Innenschale und Felsüberhängen sehr an französische Gorges.
Unser Etappenziel für heute ist der
Camping Mali Kruja, der auf seiner Website damit wirbt, er sei "inmitten der historischen Stadt Kruja". Die Bilder sind die einer sattgrünen Campingwiese. Wir finden dagegen nach einem Aufstieg über eine enge Serpentinenstraße in die Stadt, hinter einer Tankstelle etwa einen Kilometer extrem anspruchsvolle Schotterpiste ohne Ausweichstellen auf der Zugfahrzeug und Wohnwagen mehrfach unschön aufsetzen. Es ist mal wieder die Grenze des Machbaren für dieses Auto. Besonders eine kurze Steilpassage bereitet mir Kopfzerbrechen: der Staub hier ist extrem Feinkörnig und tiefschwarz. Noch ist er nur stellenweise feucht und an diesen Stellen extrem schmierig, aber die gesamten Serpentinen zur Stadt hinauf sind wir genau dem Unwetter entgegen gefahren, dem wir gerade entkommen waren. Wenn ich mir vorstelle, morgen früh diese Zufahrt nach einem sintflutartigen Regen im schwarzen, glitschigen Schlamm mit dem Automatikdaimler befahren zu müssen, dann ist mir bei dem Gedanken nicht wohl.
Der Stellplatz selbst ist eine scharfkantige Grobschotterterrasse mit schwarzen Schlammstellen. Etwa 200 m weiter unten liegt eine feiner geschotterte Fläche und das Waschhaus. Dort stehen ein paar Olivenbäume. Von einer Campingwiese, wie sie auf den Bildern zu sehen war ist nirgendwo etwas zu sehen. Kaum vorstellbar, dass diese Bilder hier entstanden sein sollen. Wenn doch, dann vor langer Zeit, bevor umfangreiche Erdarbeiten zur Vergrößerung der Campingfläche ausgeführt wurden. Mit einem Motorrad hätte ich hier die steile Rampe hinab fahren können und ein erträgliches Plätzchen unter einem Olivenbaum gefunden. Mit dem Wohnwagen rät mir die Platzbetreiberin ab, hinab zu fahren. Mittlerweile gibt es einen Warnhinweis für Wohnwagengespanne auf der Website. Im Sommer gab es den noch nicht und bei der Vorab-Kommunikation wegen des Platzes hatte ich geschrieben, dass ich mit einem handelsüblichen PKW und 5 Meter langem Wohnwagen anreisen möchte. Der schmucklose und schattenfreie Stellplatz im schwarzen Schlamm, 200 m von der Toilette über einen steilen Hang entfernt, motiviert mich nicht zu bleiben. Nachdem ich fertig aufgebaut habe und dann festgestellt, dass auch Strom entgegen der Absprachen ein Problem ist, verliere ich die Lust. Wir rufen im 80 km entfernten Shkodra an und vereinbaren mit dem Camping Legjenda vom Beginn der Albanientour, dass wir noch heute anreisen.
Zum Anbruch der Dämmerung sind wir zurück in Shkodra.
Hier bleiben wir statt dessen zwei Nächte und gönnen uns einen Einkaufsbummel am bevorstehenden Sonntag.