Heute habe ich den Abschnitt "Cembra-Tal" noch mal verifiziert. Das ist schon ein wildes Tal! Im Grunde ging es um die Frage, welche Uferseite wir uns gönnen wollen.
Aber der Reihe nach. Innsbruck erst ab 0815 Uhr, weil bei der technischen Durchsicht vor der Fahrt irgendwie ein Blinker nicht wollte. War dann auch schnell klar, dass eine "Birne" nicht leuchten kann, wenn sie nur im Blinkergehäuse herumliegt, anstatt sich in der Fassung zu befinden. Ein klassischer Fall von "Rüttler" ...
Über sattsam geschilderte Wege nach Süden, fast allein. Zumindest in meiner Richtung. Denn nach Norden wollten viele, auch Motorradgruppen von 30 und mehr Motorrädern. Mir macht sowas eher Angst als Lust, daran teilzunehmen. Aber: Muss ich ja auch nicht. Und weil so wenig los war, war ich auch schon um 1015 Uhr in der Alten Post, um dort genüßlich einen guten Espresso und einen halben Liter Wasser zu genießen. Denn es wurde warm ...
- Eine schon recht vertraute Kulisse ... die Alte Post in Atzwang.
- Um diese Zeit: Nur Wasser und einen Caffè ...
Nach dem Stopover ging es weiter per Autobahn von Bozen Nord bis Auer, weil es weder schön noch schön zu fahren ist, diese Strecke auf normaler Straße zu fahren. Und es sind auch nur knapp 25 km.
Dann wieder auf die SS12 und über Laag und Salurn ins Trentino. Dort wurde es jetzt richtig warm und ich war froh, als ich in Lavis dann die Abzweigung auf die SP 76 Richtung Segonzano nehmen konnte. Nun ging es in wilder Kurvenfahrt und tatsächlich fast allein rund 40 km das Cembratal hinauf. Begeisternde Ausblicke (die ich nicht fotografiert habe, weil ich so im Fahrmodus war
). In Segonzano versuchte ich das Schloß zu finden. Das gelang aber nicht. Interessiert hatte es mich, weil Dürer zwei lavierte Federzeichnungen davon auf seiner Italienreise gemacht hatte. Das Schloß selbst wurde in den napoleonischen Kriegen 1796 von den Franzosen zusammengeschossen und verfiel in der Folge.
- Albrecht Dürers Zeichnung von Burg Segonzano. Betitelt hat er die Zeichnung mit "Ain Welsch Schlos"
Das Avisio-Tal selbst ist extrem tief eingeschnitten und fast die komplette Besiedlung findet auf einer "Mittel-Terrasse" statt. Wahrscheinlich waren auch die Hochwässer des Avisio in früheren Zeiten gewaltig. Heute sind sie durch einen Stausee (der komischerweise recht leer war) eingefangen.
- Der Blick das Cembratal auswärts. Der dominante Berg im Dunst ist der Monte Bondone. Der liegt westlich direkt über Trient ...
Das Foto ist aber bereits nach dem "Seitenwechsel" im Tal entstanden. Talabwärts habe ich die SS 612 genommen. Vorab: Sie ist bestens ausgebaut, bietet schöne Ausblicke und auch Verpflegungsmöglichkeiten. Die erste: eine Pizzeria, die gut zu sein scheint, weil Fantastilliarden Motorräder davor standen. Ich mag diese Massenauftriebe nicht so. Also weiter.
Und schon einige Kilometer weiter war da ein Kiosk, der nicht nur schön lag, sondern auch noch gute lokale Produkte anbot. NiXS wie hin und ein Pannino mit bestem Almkäse, ein weiteres Wasser und eine Salami aus den Bergen geordert. Ach, ja, Wein gab es auch, aber die bildschöne Herrscherin des Anwesens meinte mit Blick auf meine Motorradklamotten "basta con vino e alcool" ... Wohl wahr!
- Ruhiger Ort zum Vespern guter Sachen.
- Gutes Essen ... zu einer Prosciutto-Platte konnte ich mich nicht verstehen. Das hätte ich alleine nicht "geschafft".
Irgendwann hat auch eine Pause ein Ende und ich fuhr weiter. Mittlerweile war meine XS umstellt von modernen Bikes. Mehrere davon hatten die Kennung OD. Ich habe gelernt, dass das "Oldesloe" heißt, nicht "Ortsdurchfahrt", wie ich zunächst vermutet habe. Lustig fand ich, dass die Sozias sich alle um die XS scharten und munter fotografierten, während die Männer (und Inhaber der Zündschlüssel-Gewalt) diese mit Nichtachtung straften.
Als ich aufbrechen wollte, sprang die XS auch (logo!!!) auf den ersten Kick an, die Damen applaudierten und die Männers nicht.
Wieder runter in das heiße Etschtal (eine Anzeige wies 34° C. aus) und mit Erstaunen musste ich feststellen, dass die italienischen Motorradfahrer dort nichts unversucht ließen, um mich von meiner Straßenseite zu vertreiben. Zweimal war es mal wieder "arschknapp" ... mir gefällt das immer weniger.
Dennoch ging es auf gleichem Wege nach Norden, bzw. zunächst mal in die Alte Post, wo man mir schon am Vormittag avisiert hatte, dass die Produktion des Apfelstrudels wieder aufgenommen worden sei. Also dorthin, an der Ausfahrt Bozen Nord von der Autobahn runter (warum ist es eigentlich so schwierig, einen in deutscher Sprache genannten Betrag, der auch noch auf dem Bildschirm steht, in ein Kassensystem einzuwerfen? frage ich den Porschefahrer aus ES) um schon kurz darauf im Schatten der großen Kastanie die XS zu parken.
- Parken im Schatten der großen Kastanie ...
- ... und in Erwartung himmlischer Genüsse ...
Gut war's! Und ich machte mich nach angemessener Pause auf, die letzten rund 115 km auch noch zu überwinden. Das war im Grundsatz auch so, nur hat mich auf Tiroler Seite schließlich die eindeutige Anweisung eines "Herrn Revierinschpecktors", mal rechts ranzufahren, ereilt.
"Allgemeine Verkehrskontrolle, Führerschein und Zulassung bitte!" Papiere habe ich ausgehändigt und dann kam noch der Zusatz "Schwerpunktkontrolle". Man wollte mein Erste-Hilfe-Set sehen und meine Warnweste. Ersteres wußte ich im Harro, von letzterem war mir noch nicht mal klar, dass man das mitführen muss. Was ich auch zum Ausdruck brachte.
Aber der Herr Inspektor - korrigiere: Revierinschpektor! - besah sich die Packung und wies mich freundlich lächelnd darauf hin, dass da auch die Warnweste inkludiert wäre, in einem eigens abgetrennten Fach. "Wissens, Herr Doktor, i moan fast, des hats zu Ihrer Zeit noch goar ned gebn!" Er hatte recht. Ich habe das dann nicht weiter vertieft (also die Frage, was etwa "zu meiner Zeit" hätte heißen und was es da alles noch nicht hätte geben sollen) und bin die letzten Meilen gefahren. Derzeit ist das auf der alten Brennerstraße allerdings etwas mühsam, weil da immer wieder Ampelsperrungen sind. An einer dieser näherst sich rasselnd eine Ducati mit französischem Kennzeichen, deren Fahrer mich fragt, ob ich wüsste wo in Innsbruck die "Auberge de Jeunesse" sei. Ich bedeutete ihm mit meine rudimentären Französisch-Kenntnissen, dass er mir folgen solle. So habe ich ihn dann dort aufgeliefert und um 1830 Uhr meine Garage nach 447 km erreicht. Insgesamt mit allem Reibn (O-Ton: Mex) sind das für dieses Jahr immerhin schon fast 9000 km. Aber dafür gibts die Reibn ja ...
Schön wars, müde bin ich und ich freue mich auf die Fahrt mit den CB-Freunden!
Maybach