
Samstag früh, die dicke Guzzi (California Jackal Bj. '99) gepackt und dann los. Ein sehr komisches Gefühl, so ganz allein in Urlaub zu fahren. Mein Schatzi kann / will nicht mit und so ziehe ich erst mal Richtung Weinheim, den Ural-Kumpels noch Tschüß sagen. Gegen Mittag auf die A5 und in Richtung Basel - so wie eigentlich jeder Urlaub beginnt. Erst mal Strecke machen. Über Lörrach in die Schweiz und der der späten Nachmittagssonne über hübsche kleine Stäßchen Richtung Süden. Aber nirgendwo ein Campingplatz. Im Laufe dieses Urlaubs sollte sich diese Weisheit noch oft bewahrheiten: Such' das Wasser und Du findest einen Campingplatz! Am Sempach-See in Sursee dann fündig geworden. Die Sonne scheint, es gibt ein kaltes Bier und die Welt ist in Ordnung.
Abends taucht noch ein Radfahrer auf und stellt sein Zelt nebenan auf: Ken. Ein Amerikaner der seit zwei Jahren auf Tour ist. Mit einer Petition für Frieden im mittleren Osten. Zu Fuß durch Ägypten, die Türkei, Marokko etc und jetzt mit dem Fahrad aud Italien kommend, auf dem Weg nach Syrien. Ich teile meine Nudeln und meine Flasche Rotwein mit ihm und lausche interessiert seinen Abenteuern. Am nächsten Morgen frühstücken wir noch zusammen und dann fährt Ken nach Basel und ich weiter Richtung Süden. Kleine Pässe und Sonne, was will man mehr! Ich fahre nur bis zum Sarner See, eventuell will mein Schatz ja noch nachkommen. Am Campingplatz passiert es dann, das was ich immer schon gefürchtet habe: Die Guzzi kippt um! Ich denke noch, die steht nicht gut, krabbel gerade wieder drauf und die rechte Seite vom Hauptständer sinkt in dem weichen Rasen ein. Muß ziemlich komisch ausgesehen haben, als ich gleichzeitig versucht habe, sie sanft abzulegen und wie ein Frosch wegzuhüpfen, um die Knochen drunter raus zu bekommen. Meine Vermutung bestätigt sich: 300 kg Guzzi plus Gepäck bekomme ich allein nicht hoch... Zum Glück kommen gleich zwei helfende Zeltnachbarn und zu dritt bekommen wir ächzend das Trumm wieder aufgerichtet. Puh... Nichtdestotrotz habe ich aber ein sehr nettes Plätzchen unterm Apfelbaum mit Blick auf den See:
Am nächsten Tag gibt es eine nette kleine Runde über die Berge und am Thuner See entlang:
Abends lecker Pfifferlinge gekocht und morgen geht es weiter - mein Schatz bekommt doch keinen Urlaub und nun ist klar, das es alleine weiter geht. Das Wetter zieht zu und mir wird schmerzlich bewußt, warum die Hose so luftig ist: das Innenfutter liegt daheim im Schrank... Nu ja, immerhin ist die dünne lange Unterhose dabei. Früh gepackt und weiter geht es uber den Grimsel und den Simplon Richtung Italien. Auf dem Grimselpass immer wieder merkwürdige Dreiklang-Fanfaren - was ist denn das? Auf der Passhöhe dann des Rätsels Lösung: Hier fährt der Linienbus auf über 2000 m hoch! Dicke Wolken fegen über die Felsen, aber es bleibt trocken.
Schon am Simplon wird es immer sonniger und in Richtung Domodossola wird es mit jedem Meter wärmer. Super Idee, mit der langen Unterhose! Da es August ist, meide ich den Lago Maggiore und fahre am Lago di Orta entlang. Boah, was ein Trubel! Jede Stelle mit Blick auf den See ist mit einer Kette abgesperrt mit einem Verbotsschild, alle Campingplätze proppenvoll und ein Mordsverkehr. Ach nö, da fahre ich doch lieber weiter. Durch die Berge Richtung Biella, leider nirgendwo ein Camping. Dann endlich ein Schild! Aber nach etlichen Kilometern und suchen: Lange Nase, das Teil ist geschlossen. Hmm, kein Sprit mehr, pinkeln muß ich auch und dann beginnt noch eine fiese Schnellstraße. Alle Tankstellen nur Tankomat und partout kein Plätzchen zum halten. Irgenwann neheme ich einfach die nächste Ausfahrt und schlage mich in die Büsche... In Biella finde ich dann auch endlich eine offene Tankstelle und der freundliche Tankwart (jawohl, mit Service!) bestätigt mir, das am Lago die Viverone vor Turin ein Camping sei. Prima! Also weiter und wieder hübsche Strecke. Kurz vor dem Camping ein schwerer Motorrad-Unfall. Die Maschine sieht übel aus und die Sanis halten einen Sichtschutz hoch. Ich fahre doppelt vorsichtig weiter. Da schon so spät ist, gehe ich abends in der Campingplatz Pizzeria eine Pizza essen mit Blick auf den See.