Vier Tage frei gemacht - eine Fahrt nach Slowenien wurde mit Freund Sigi vereinbart. Dieser fährt eine quasi neuwertige 1200 GS und hat noch keine Schotter-Erfahrung.
Los ging es über die bekannten Straßen und Pässe Brenner und Pustertal zum Treffpunkt Kötschach-Mauthen. Ziel war für den ersten Tag Pontebba über den Passo Polentin. Also nach Stranig gefahren - wo wir ein Sperrschild gleich unten vorfinden. Hmmpf! Anwohnende Bauern befragt, die meinten, wenn man langsam führe, könne man schon fahren. Die Straße sei grade "gegradert" worden. Wir also gemütlich nach oben zum Straniger Alm gefahren und weiter Richtung Pass. Kurz vor der Höhe dann folgendes Bild:
Um den "Verkehr" aus Italien zu blockieren, haben die Herrschaften einfach eine alteBergfichte gefällt und so auf die Straße bugsiert, dass man nicht darüber hinwegkam. Links wäre eine Möglichkeit gewesen, nur mein Kompagnon wollte seine GS nicht dem Risiko eines Umfallers aussetzen. Der Einsatz der mitgeführten Säge verbot sich, weil der Stamm ganz auf Spannung dort abgelegt wurde.
Also retour und über den Plöckenpass nach Paluzzo, wo wir einen Café einwarfen, um derart gestärkt nach Ligosullo zum "Einstieg" in die Paularo-Straße weiterzufahren. Die Schotterstraße ist vollkommen harmlos und von berauschenden Aussichten geprägt. Mir hat es besonders der See kurz vor dem Straßenende angetan, um den herum sich Murmele in großer Zahl in der Sonne wärmten.
Auch das obligate "Gipfelfoto durfte nicht fehlen:
Wieder runter nach Ligosullo und weiter nach Paularo, wo wir über den Cason di Lanza-Pass weiter wollten. Am Ortsende von Paularo wieder ein Sperrschild: Pass wegen "caduta massi" geschlossen. Hmmpf Nr. 2! Dieses Mal aber wollten wir es einfach versuchen und sind weitergefahren. Ein verwegener Pass mit viel Kies auf der Fahrbahn bei abnehmendem Licht - aber bis zur Passhöhe kein Problem. danach kam dann ein verschämt aufgestelltes Schild, das wir gar nicht sehen wollten und dann sahen wir, wie der Berg die Straße in Bewegung versetzt hat: teilweise Halbmeter tiefe Senkungen mit beeindruckenden Felsen auf der Straße ließen uns zügig durch fahren und wir erreichten nach 370 km schließlich Pontebba, die alte österreichisch-italienische Grenzsiedlung. Der Grenzstein existiert noch:
Am nächsten Tag dann durch das wunderschöne Val d'Aupa und weiter auf die Sella Carnizza. Eine verwegene Landschaft, die zu einer Pause (und zu holprigen Gesprächen mit Waldarbeitern) einlud. Wolf, Luchs und Bär sind dort noch heimisch - davon träumt man in anderen Regionen Europas.
Über Karfreit/Kobarid ging es weiter zum Einstieg in die Slowenische Grenzkammstraße bei Livek. Wer diese friedliche Landschaft sieht, mag sich gar nicht vorstellen, das hier vor 100 Jahren ein erbitterter Krieg tobte - dem wir die heutigen Straßen noch "verdanken".
Wer sich da allerdings noch Schotter erhofft, der wird enttäuscht: alles asphaltiert mittlerweile. Aber Traumstraßen zum Kurvenschwingen, unterbrochen am Kolowrat-Rücken mit Informationen über die Kampfstellungen des Ersten Weltkriegs hier.
In einem wahren "Kurvenrausch" fuhren wir die Straßen der Ebene zu: 30° zeigte das Thermometer, und bei einer Pause habe ich im Stand die TT umgeschmissen. Hmmpf Nr. 3! Die Frontscheibe war sofort weg - und das war gut so. Denn durch die Verwirbelungen war die Karre sacklaut geworden. Nun war wieder wohltuende Ruhe.
Weiter ging es nach Cormons und schließlich nach Redipuglia zum dortigen Kriegerfriedhof, der unter den Faschisten gebaut wurde. Wer sich einen Eindruck über "Beeindruckungs-Architektur" verschaffen will, der sehe sich das an! Der Gedanke an die 100.000 Gefallenen, die dort aus einer der drei italienischen Armeen liegen, sollte einem aber auch dankbar dafür machen, dass das "Projekt EU" uns mittlerweile die längste Friedensperiode in der Geschichte Europas beschert hat.
Dass das auch in der Ebene Friauls nicht immer so war, das zeigt die Festungsstadt Palmanova, die komplett erhalten einen guten Eindruck der Verteidigungsarchitektur des 16. Jh. gibt. Wir sind einen Teil der Fortifikationen abgewandert, bevor wir uns in der quirligen Stadt zum Essen niederließen.
Gut ausgeruht starteten wir durch die fahrerisch unattrative Ebene über Codroipo nach Spilimbergo und weiter nach Maniago. Die Berge hatten uns wieder und die Straße nach Longarone ist eine Genussstrecke sondergleichen! Über den Pso San Osvaldo ging es - vorbei an der Talsperre von Vaiont - nach Longarone, dann in das Zoldo-Tal auf die Forcella Staulanza und schließlich über den Pso. Fedaia. Hier wurde der Verkehr wieder "dichter", so dass wir von der Sella-Runde Abstand nahmen und uns durchs Fassatal zum Karerpass verrollten. Es folgte noch der eher unbekannte Nigerpass und dann hatte uns das Eisacktal wieder. In der Friedburg in Kollmann hatten wir noch zwei Zimmer bekommen und so speisten und tranken wir in den historischen Gemäuern.
Die letzte Etappe stand an: über den Ritten, runter ins Sarntal, rauf nach Jenesien und weiter nach Hafling führte uns der Weg schließlich nach Meran.. Es folgten der Jaufen und der Brenner, wo sich unsere Wege trennten. Fast 1100 km standen numehr mehr auf der Uhr, als mir zwei (!) Kilometer vor der heimischen Garage die TT plötzlich ausging. Im Leerlauf sprang sie zwar wieder an, aber beim Gasgeben war sofort wieder Schluss: also scheint der Vergaser verdreckt zu sein. Ein Freund konnte mich kurz danach mit seinem Transporter aufpicken und die letzten Meter mit dem "Schandkarren" anliefern. Aber besser zuhause passiert so etwas, als irgendwo im nirgendwo ...
Maybach