Ein Mercedes stirbt in Albanien

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Ein Mercedes stirbt in Albanien

Beitragvon mex » Do 20 Sep, 2018 21:01

Ich hab mich immer gewundert was man daran finden kann im 4x4 Fahrzeug in atemberaubendem Schrittempo über Schlaglochpisten zu holpern.
Am Mopped ist es immer einfach, denn sowas wie eine 'schlechte Piste' gibt es ja nicht. Die Löcher, Gräben, Letten und Steine sind ja immer Teil des Spasses.
Das Gas ist dein Freund und die Bremse dein Feind.
Und schlussendlich ist es meist nur eine Frage der aktuellen Kondition und Leidensfähigkeit wie schnell man das Vorderrad über ein Negativ- oder Positiv Hindernis lupft.
Nicht so im Autowagen. Da gibt es keine Wahlmöglichkeit.
Die Löcher sind da wo sie sind, und der Gratten ist genau 204cm breit, also immer mit einem Bein voll drin.
Aber diesmal hab ich mir das selber ausgesucht, denn Moni, Nora und ich sind mit userem "Einidraherbenz" im Osten Albaniens unterwegs.
Mit den Moppeds waren wir hier vor einigen Jahren ja schon mal, aber mit dem Auto, alles Neuland.
Die Entscheidung welche Schotterpiste man mit dem Sprinter fahren kann ist einfach und das "Die schönsten 4x4 Touren Albaniens" kann man ruhig daheimlassen, denn eins ist sicher: Überall wo wir hinfahren war vor uns schon eine Mercedes mit Spoiler. Einhundertpro. Aber egal, denn sobald der Asphalt aus ist und man auch nur fünf Minuten am Schotter fährt, ist man auf den Spuren Humboldt's , Reisch's, oder zumindest des 190 ers der uns gerade überholt hat. Das ist schon mal sehr gut. So sitzen wir alle drei in der ersten Reihe und kommenetieren die beste Linie durch den Schlaglochslalom.
Mehr links, dann rumpelt es rechts und das Glas mit dem Studentenfutter kracht auf den Boden, mehr rechts und die kleine 'gnaggt' es fast im Kindersitz ab. Ok, dritter Gang und Gasgeben, Rüttelpiste glattbügeln - grosser Fehler, denn nun beutelt es den Letterman, Handy, Brillen, Adapter und Zeugs aus dom Overhead Fach auf meine Birne und es kracht so dermassen, dass mich Nora und Moni mit grossen Augen anschauen. Sie müssen nix sagen, so geht's nicht.
Also wieder in den Slalom Modus und Entscheidungen treffen.
Ich weiche rechts aus und das Auto kippt nach links. Ich fahr nach links und es gibt eine Schlag der uns fast zum stehen bringt. Ich fahr mit beiden Rädern zugleich in Zwei Löcher und die Euroboxen im Heck sind 20cm in der Höhe und das Olivenöl schäumt sich durch die Flaschendeckel. Was in den Kasteln los ist mag ich mir gar nicht vorstellen...
Irgenwann finde ich mich damit ab, dass es einfach nur langsam und schaukelnderweise vorangeht. Der Begriff von "Demut" wird mir schön langsam auch klar.
Nach Stunden lerne ich aber, dass das Fahren im Autowagen auf diesen Strassen eine ganz grosse Lebensschule ist.
Man muss dauernd Entscheidungen treffen und man muss dies schnell und ohne viel zu überlegen tun. Man kann Hindernisse nicht einfach ignorieren und so tun als ob sie nicht da wären, denn sich nicht zu entscheiden, und nicht zu handeln führt zu sofortigem Stop und Disaster.
Daher gibt es auch keine richtigen und falschen Entscheidungen, denn egal welchem Schlagloch man ausweicht es kommt bald das nächste in das man wieder reinkracht. Immer.
Und gleich wo man fährt, es geht immer eine Zeitlang gut, ehe es wieder kracht. Insofern hat auch niemand recht, und jede Diskussion kann nur nach vorne geführt werden und positiv enden.
Und da es egal war ob Moni oder ich gefahren sind und wir immer ähnlich gebeutelt wurden, ist dies der ultimative Beweis, dass es keine Unterschiede zwischen den Menschen gibt und alle gleich sind.
Was für eine Erkenntnis!
Wahrscheinlich muss man aber schon etwas älter sein um diesen Aspekt des 'rollperns' schätzen zu können.
In jedem Fall war das etwas Neues für mich, und ich freu mich auf eine Wiederholung - mit der XT hinten drauf. :weg:
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Re: Ein Mercedes stirbt in Albanien

Beitragvon Dreckbratze » Do 20 Sep, 2018 21:08

:) :smt023
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Re: Ein Mercedes stirbt in Albanien

Beitragvon altf4 » Do 20 Sep, 2018 21:28

wow - ganz grosses kino :smt023

g max ~:)
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Re: Ein Mercedes stirbt in Albanien

Beitragvon lallemang » Do 20 Sep, 2018 21:30

Im Sprinter bis zur Demut. Danke für den Text :pray:

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Re: Ein Mercedes stirbt in Albanien

Beitragvon Uwe Steinbrecher » Fr 21 Sep, 2018 00:27

:smt023 Großes Kino!
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Re: Ein Mercedes stirbt in Albanien

Beitragvon Richy » Fr 21 Sep, 2018 06:26

Sehr schön!
Diese Demut musste ich auch jüngst erlernen, denn mit einem Federbein ohne Dämpfung kommt man bei den albanischen Schlaglochpisten irgendwann in den resonanzbereich der Eigenfrequenz des Fahrzeugs, woraufhin das Fahrzeug zum Springbock wird und das Heck im oberen und unteren Endanschlag knallt, während man ziemlich lange in der Luft verweilt. Also langsam. Es hilft nichts.
Um so mehr der Respekt vor den Einwohnern, die das tagtäglich und hunderte von Kilometern lang in stoischer Ruhe ertragen.
Verständlich dann auch, dass sie bei neuem Asphalt das Pedal zum Bodenblech durch treten. Leider auch ziemlich dumm, wie die zahllosen Kreuze am Straßenrand beweisen...
Das beste Werkzeug ist ein Tand in des tumben Toren Hand.
(eigene Erfahrung)
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Re: Ein Mercedes stirbt in Albanien

Beitragvon Mister B » Fr 21 Sep, 2018 07:16

:smt023 :popcorn:

Grüße
MB
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Re: Ein Mercedes stirbt in Albanien

Beitragvon Aynchel » Fr 21 Sep, 2018 08:46

die alten Düsseldorfer Koffer stecken das Geläuf im albanischen Outback jedenfalls recht gut weg, sonst würde man die da unten nicht so oft antreffen
Aynchel aus Meddersheim


ich könnte die BIG auch mit 5,5l daher fahren, aber das wäre Spritverschwendung ;-)
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Re: Ein Mercedes stirbt in Albanien

Beitragvon SR oldman » Fr 21 Sep, 2018 08:50

...man sieht förmlich jedes Schlagloch :smt023
Gruss
Peter

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Re: Ein Mercedes stirbt in Albanien

Beitragvon Arne » Fr 21 Sep, 2018 09:52

erinnert mich an mit dem Bedford in Griechenland jede Bodenwelle ausfahren, im ersten.
:smt023
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Re: Ein Mercedes stirbt in Albanien

Beitragvon Rei97 » Fr 21 Sep, 2018 13:06

Also:
Genau das führte uns mit dem 508D mit 80cm Ladebodenhöhe zu einer Quertraverse hinten für eine SR500 (XT wäre besser gewesen).
Immer genau dahin mit dem LKW, wo es für 4 Räder ging und dann die Huddel runter und mit Packtaschen voll mit Wasser an einen Strand, wo selbst ein SUV gestrandet wäre. Wozu das Wasser? Zum entsalzen...
Regards
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Re: Ein Mercedes stirbt in Albanien

Beitragvon kahlgryndiger » Fr 21 Sep, 2018 14:28

Sehr schön. Mit dem Gespann ist es ähnlich wie mit dem Autowagen. Diesjährig mehr als deutlich erfahren ...
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Re: Ein Mercedes stirbt in Albanien

Beitragvon altf4 » Fr 21 Sep, 2018 17:21

... mein bussle (207 - der opa vom sprinter quasi) kriegt jetzt nach ueber zehn jahren funktionslosigkeit schon hier liegende neue stossdaempfer vorn - dann kann ich die die naechstes jahr auch runterrocken. :smt005

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Re: Ein Mercedes stirbt in Albanien

Beitragvon Rei97 » So 23 Sep, 2018 12:19

Also:
Unser Ex LKW läuft immer noch. Bj82 Verkauf 2108, heuer ist 2018. das sind 36 Jahre LKW Power.
https://www.team-ferdinand.de/
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Re: Ein Mercedes stirbt in Albanien

Beitragvon mex » Mo 24 Sep, 2018 10:50

https://www.team-ferdinand.de/

grad die westafrika geschichte gelesen. da möcht ich auch hin...
danke für den link
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