von Lederclaus » Do 01 Apr, 2021 23:11
Der Kunde ist ein über 70 jähriger Uhrmacher, der zwischen Hamburg und Nordengland pendelt, wo er jeweils einen Kundenstamm hat. Er kam auf das Moped nur noch mit schwer rauf und Kicken war eine Mühe. Außerdem war der Motor total fertig. Der Wunsch war ein reparierter Motor und eine Tieferlegung. Als ich halb fertig war, fragte er, ob man das nicht auch etwas hübsch machen könne, es wäre wohl eh sein letztes Motorrad. Mit meiner Preisvorstellung war er einverstanden und auch mit der bekannt langen Bearbeitungsdauer. Also hab ich es so gemacht, daß es eine (meiner Meinung nach) klassische Linie erhält und leicht im Stil der alten englischen Scrambler daher kommt. Max hat es ungefähr so ausgedrückt, wie ich es geplant habe.
Dabei habe ich darauf Wert gelegt, daß Leuchtmittel und Verschleißteile einfach erhältlich und leicht zu wechseln sind. Daher die Lampen und Blinker.
Ansonsten wurde versucht, so wenig gekauftes zeug wie möglich zu verwenden (ich mag keine Einheits- katalogware). Was heißt Blinker ohne Kontext?
Es gibt nicht viel, was einigermaßen klassisch aussieht und bezahlbar/auswechselbar ist. Eine Eigenanfertigung fiel aus Budgetgründen aus. LED wollte ich an dem Motorrad auf keinen Fall.Reicht schon, daß ich die Halter vorn und hinten selber gedreht habe, weil es nichts Passendes gab.
Die Seitendeckel sind ein Kompromiss. Links ist halt die Batterie und ein Großteil der Elektrik. Rechts ist nichts und der Auspuff, der den Rahmen trägt. Also hab ich den Luftfilterkasten zerlegt und die Seitenteile in Tankfarbe lackieren lassen. Und die Deckel an den vorhandenen Platz angepasst.
Arbeit war genug an dem Motorrad. Die Elektrik unter der Verkleidung musste eingekürzt, repariert und versteckt werden. Der Tank ist ein ein kleiner Honda-Tank, der 8 Liter fasste. Der wurde um 3 cm verbreitert und der Tunnel so geändert, daß die Ölleitungen Platz haben und der Benzinhahn einen sinnvollen Platz bekommt. Er fasst jetzt ca 11 Liter.
Das Heck ist so, daß man auch eine zweisitzige Sitzbank aufbauen kann. Der kleine Gepäckträger ist für das Uhrmacherwerkzeug, das in einem von Martina genähten Ledertäschchen mitfährt. Freilich ist es brav. Es soll vor Schmutz schützen, stabil sein und alle gesetzlichen Regeln einhalten. Das kann es auf jeden Fall. Und der alte Triumph- Seitenkoffer sollte unbedingt mitfahren können. Darum hab ich links einen neuen Träger dafür geschweißt, an dem er mit Bajonett- knebeln angebracht werden kann.
Ich mag das Motorrad auch. Es fährt sehr gutmütig und ist ein One-Kick-Wonder. Der Kunde hat eine kleine 50 km Probefahrt gemacht und ist zufrieden mit seinem Krad. Er kommt mit beiden Füßen bequem auf den Boden und Kicken macht keine Probleme.
Jetzt wartet er auf einen Termin zur Eintragung der Umbauten bei der Zulassungsstelle.
Klar ist immer Luft nach oben. Ich hätte auch gern vorne ein 19 oder 18"- Rad eingebaut. Aber wir reden nicht über ein Projekt im gut 5-stelligen Bereich, wo alles möglich ist. Gemessen am Zeitwert des ursprünglichen Fahrzeugs ist das Ganze eh der komplette Wahnsinn.
Look!
Is it a Stock Broker?
Is it a Quantity Surveyor?
Is it a Church Warden?
No! It´s Bicycle Repairman!