Eine Woche später kam er wieder und fragte, ob ich seinem Cousin, dem Besitzer des Rollers, helfen könne, den Ömmes über den TÜV zu bekommen, da er ohne TÜV faktisch nicht veräusserbar. Ich sagte zu, mir das Ding mal anzusehen, um eine Einschätzung der Umsetzbarkeit unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit zu geben.
Der Roller, ein 2006er Peugeot Satelis 250, entpuppte sich als hoffnungslos ungepflegtes, mehrfach umgefallenes Alltagsgerät mit Wartungsstau, defekten Bremsen, undichtem Auspuff und toter Batterie. Später stellte sich noch raus, dass das ABS Steuergerät schadhaft war.
Ich veranschlagte etwa 500 Euro Ersatzteil-Kosten, um das Fahrzeug für den TÜV vorzubereiten. Da fragte mich der Cousin, ob ich das Fahrzeug nicht kaufen wolle. Er habe es von seinem verstorbenen Bruder geerbt und könne selbst nicht damit fahren.
Ich lehnte ab.
Was denn so ein Fahrzeug wert sei? Er habe im Internet recherchiert, dass die Dinger für 2700 bis 3400 Euro gehandelt würden...
"Stimmt. Unter der Voraussetzung, daß so ein Roller technisch und optisch gepflegt, mackenfrei und nie umgefallen ist, ist das als Spitzenpreis erzielbar. Wenn mich dagegen jemand fragte, ich würde nicht mehr als vielleicht 500 für sowas ausgeben."
"OK. 500 ist gemacht."

Ich komme also nach Hause, bin stolzer Besitzer eines Rollers, den ich nie wollte und ernte fragende Blicke und Kopfschütteln von der besten aller Frauen.
"Was zum Teufel ist DAS?"
"Das ist die Rache des Dixie-Klos. Keiner wollte das Ding, ich hatte es gleich."
"Was willst Du damit?"
"Ich bring das in Ordnung, dann fahre ich 100 km und anschließend kann ich Dir die Frage beantworten."
Ich hatte dann doch ein wenig mehr Arbeit, als ich dachte, weil ich mich intensiv mit dem ABS auseinander setzen mußte. Dafür weiß ich jetzt, wie sowas funktioniert und wie man es entlüftet. Anschließend kam es, wie es kommen mußte: der Ausbund an Netzhautpeitsche bereitete ausgesprochenes Fahrvergnügen verbunden mit Alltagstauglichkeit und äußerster Sparsamkeit. Ein echtes Spassnutzkrad.
Das hat Tina in kürzester Zeit auch entdeckt. Man findet überall einen Parkplatz, hat seinen Kofferraum stets dabei, ist gesellschaftlich voll akzeptiert, wenn man am Stau vorbei fährt, und hat erhebliches Fahrvergnügen, nicht nur, weil es an der Ampel keine Gegner gibt. Seitdem die Dinger auf 14 Zoll Rädern daher kommen, bereiten sie auch echte Landstraßen Kurvenfreude.
Tina hat über den Sommer den Roller für sich entdeckt und enteignet. Als Kurzstreckenfahrzeug einfach unschlagbar. Jetzt habe ich einen neuen Job begonnen, bei dem ich alltäglich in dichtem Berufsverkehr an- und abreise, der sich beim geringsten Anlass blitzschnell zum Stau auswächst. Im Sommer ein klassischer Motorrad-Einsatz. Im Schmuddelwetter wie derzeit ein ideales Roller-Aufgabengebiet:
Du bleibst sauber und trocken wie im Auto, saust am Stau vorbei und hast frische Luft wie am Motorradel und ebenfalls echte Fahrfreude. Und wenn's Dich wirklich mal runter ledern sollte, ist nicht das schöne Mopped verdellt, sondern eine ohnehin schiache Verkleidung ist verkratzt...
Ich hab mir jetzt einen 500er Roller zugelegt. 39 PS und Variomatik. Der Stau ist jetzt neben mir, oder hinter mir. Weit hinter mir

Fazit: Roller sind die besten Autos, die ich kenne.